Aber was weiß ich schon?!

Heilpraktiker Weinheim Petra Weiß

Auf unserer Rundreise durch die Welt der Manipulation orientieren wir uns an den Schriften Arthur Schopenhauers, der die Wortgefechte der Antike in seinem Buch “Die Kunst Recht zu behalten” vortrefflich beschrieben hat.

Ein ziemlich perfider Trick ist es, sich selbst mit ironischem Tonfall für inkompetent in der Sache zu erklären. „Sie mögen mit Ihren Ausführungen vollkommen im Recht sein – oder auch nicht – das kann ich nicht beurteilen. Ich verstehe Ihr Argument einfach nicht und kann Ihre Logik nicht nachvollziehen.“

Dabei nutzt man den Effekt, dass eine unwahre Behauptung automatisch Widerspruch erzeugt. Das heißt, die Gegenbewegung „DOCH: Der ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet und weiß, wovon er spricht.“ kommt dem Zuhörer von ganz allein in den Sinn.

Ob der Kunstgriff funktioniert, hängt mit dem Ansehen der beteiligten Personen beim Publikum zusammen. So einen Kniff kann sich nur erlauben, wer sich sehr sicher ist, dass er als wesentlich fachkompetenter eingeschätzt wird wie sein Gegenüber. Wenn selbst der Experte nicht die leiseste Ahnung hat, was der andere meinen könnte, müssen dessen Ausführungen ja wohl voll daneben sein.

Die Unverständlichkeitserklärung aus Spezialisten-Mund bindet den Zuhörern einen Knoten in den Kopf und verhindert, dass sie selbst sich in der Lage sehen, das Gesprochene richtig einsortieren zu können. Und falls es ihnen vorher sinnvoll erschien, werden sie zumindest stark verunsichert in ihrer Bewertung.

Der schlaue Diskussionspartner erkennt das Spiel und kann nun seinerseits einsteigen, indem er den Spieß einfach umdreht: „Bei Ihrer überragenden Expertise in dem Thema kann es nur an meinen unzureichenden Erklärungen liegen, dass Sie mein Argument noch nicht nachvollziehen können.“ Im besten Fall stellt sich heraus, dass der andere ihn tatsächlich nicht verstanden hatte und der Schuss geht komplett nach hinten los.

In der Spinatdebatte könnte das so aussehen:

Die Mutter pocht auf ihre Lebenserfahrung und sagt süffisant: „Seit mehr als 10 Jahren bereite ich Essen für Kinder zu und kann immer noch nicht verstehen, was am Spinat so schlimm sein soll. Sag Du es mir bitte so, dass ich es begreifen kann!“

Der Junge pariert in selber Weise: „Du als erfahrene Mutter und Familienköchin müsstest am besten verstehen, warum Spinat für Kinder nicht taugt. Bestimmt sind meine armseligen Ausdrucksweisen daran schuld, dass Du mich nicht verstehen kannst. Bitte hab Nachsicht. Ich bin ja noch ein Kind.“

Quelle: “Perlentaucher der Redekunst – Manipulative Muster erkennen – bei sich und bei anderen” – ein psychologischer Reisebegleiter auf dem Weg zum authentischen Selbstausdruck von Petra Weiß. Das Buch erscheint voraussichtlich im Herbst 2022 bei BoD.

Text: Petra Weiß
Foto: Volker Hausmann / PIXELIO

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