Verwirren mit Details

Schreibkunst Texter Schriftsteller Essayist

Einzelheiten genau zu betrachten ist mühsam und zeitaufwändig. Unsere Gewohnheit ist es längst geworden, uns auf Experten zu verlassen. Sie haben sich in der Tiefe mit allen Details auseinandergesetzt. Wir nutzen ihr Wissen und ihre Erkenntnisse und gewinnen daraus so eine Art “Instant-Meinung” – ein lauwarmer Aufguss als Auszug aus echter Fachkenntnis. Doch nicht jeder Spezialist hat wohlmeinende Absichten.

In unserer Reihe „Sie baden gerade Ihr Gehirn darin…“ beleuchten wir sprachliche Kunstgriffe, die schon seit der Antike verwendet werden. Der Deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer hat sie in seinem Buch „Die Kunst Recht zu behalten“ verewigt.

Bereits erschienen sind die Beiträge:

Scheinargumente mit Tradition

All-gemeine Argumente.

Ups falsch verstanden…?

Beweise, die keine sind

Kopfsalat statt Spinat

Peinlich, peinlich.

Richtungsweisend

Wenn Absurdes obsiegt

Zur Veranschaulichung dient uns ein alltägliches Beispiel: der Disput am Esstisch. Der Nachwuchs verweigert beharrlich das Gemüse, während seine Eltern versuchen, ihm das Grünzeug schmackhaft zu machen.

Mit einer Fülle von Einzelheiten kann der Gesprächspartner den Eindruck gewinnen, man hätte wirklich Ahnung von der Sache. Detailreichtum kann natürlich auf eine breite Fachkenntnis zurückgehen. Ein winziges Detail allerdings kann auch aus der Schublade gezogen werden, um den anderen Schachmatt zu setzen, wenn einem die echten Argumente ausgehen. Das braucht ein bisschen taktische Raffinesse.

Der Trick ist nicht so einfach zu durchschauen. Meist hinterlässt er ein unbestimmtes Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein, oder einfach nur Verwirrung – und das ist durchaus beabsichtigt.

Wie geht man dabei vor? Sie brauchen nur eine einzige Information, von der Sie ganz bestimmt wissen, dass sie zutrifft, die man aber grundsätzlich auch infrage stellen kann. Und sie benötigen einen Beweis für diese Tatsache als Ass im Ärmel. Mit diesem winzigen Ausschnitt an Kompetenz können Sie besserwisserisch als Experte glänzen. Und wenn man Ihr Wissen anzweifelt? Um so besser: Dann liefern Sie den Beweis und lassen den anderen dumm dastehen. Den Rest erledigen unzulässige Verallgemeinerungen für Sie. Das klingt jetzt sehr theoretisch, schauen wir uns den Kunstgriff am lebendigen Beispiel an:

Unser Gemüseverächter postuliert „Spinat ist oft mit Schadstoffen belastet.“ Die Mutter kann an dieser Stelle nur verlieren. Gibt sie dem Sohnemann Recht, geht der Punkt klar an ihn und das Grünzeug landet auf der Sondermülldeponie.

Widerspricht sie, zieht er einen Fachartikel hervor, der die Belastung von Tiefkühlspinat mit Cadmium und Nitrat belegt – und gleichzeitig die Expertise des Sprößlings. Dass der Zankapfel, der in Form von gedünstetem Blattspinat auf dem Teller liegt, aus der Frischgemüseabteilung stammt und gar keine Minustemperaturen erlebt hat, kann man frostig ignorieren.

Wieder ist der Tipp: Lassen Sie sich den Wind nicht aus den Segeln nehmen. Und hören Sie GENAU hin, was jemand sagt. Der anmaßende Spezialist kann ganz rasch jeden Glanz verlieren, wenn Sie direkt ansprechen, dass er gerade etwas anderes bewiesen hat, als das, worum es tatsächlich geht. Sprechen Sie offen aus, dass er eine logisch unzulässige Verallgemeinerung in den Raum gestellt hat. Bleiben Sie gelassen. Das kann er ja gerne versuchen, es geht aber leider nicht durch. Nice try, Darling!

Text: Petra Weiß
Foto: Harald Wanetschka / pixelio

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin und psychologische Beraterin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Sie hat zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht. Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus.

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