Und was, wenn doch?

spirituelle Begleitung Weinheim

In den vergangenen Wochen habe ich eine gesundheitliche Krise erlebt. Ich war bereit, alles Mögliche zu unternehmen, um wieder gesund zu werden. Mit großer Disziplin habe ich sämtliche Maßnahmen umgesetzt, die ich mir vorgenommen hatte. Ich habe mir wirklich Zeit gelassen für die Genesung. Meinen Wiedereinstieg in den Beruf habe ich sorgfältig geplant. Dann war es endlich soweit. Voller Vorfreude bin ich losgelaufen auf mein „normales“ Leben zu.

Und dann kam völlig unerwartet ein neuer Schub.

Natürlich stellt man sich die Frage, wie es nun trotzdem dazu kommen konnte. Die Frage ist verständlich. Aber ist sie auch hilfreich? Wozu führt es, wenn wir uns damit beschäftigen, was wir falsch gemacht haben könnten? Aus medizinischer Sicht gibt es eine große Anzahl von denkbaren Auslösern, auch aus naturheilkundlicher und letztlich sogar aus der psychologischen Warte.

Schnell waren Erklärungen gefunden. Ich hatte nach 12 Jahren endlich einen neuen Allergietest gemacht und herausgefunden, dass meine Schoko-Allergie in Wahrheit eine Milchallergie ist. Mit Genuss habe ich mir neuerdings eine Tasse Haferdrink mit Kakao-Pulver und etwas Süße gegönnt. Nun stand der Zucker in Verdacht, den Schub ausgelöst zu haben. Man weiß ja, dass er entzündungsfördernde Eigenschaften hat. Mag sein.

Andererseits hatte ich direkt davor einen grippalen Infekt. Er könnte mein Immunsystem irritiert und aus dem fragilen Gleichgewicht gebracht haben. Klingt auch plausibel.

Eine Freundin meinte, meine Umsetzungsgeschwindigkeit beim Wiedereinstieg sei eventuell zu rasch gewesen. Lange über etwas zu brüten, um dann für das Umfeld überraschend schnell in die Umsetzung zu gehen, entspricht meinem Naturell. Trotzdem kann sie damit Recht haben.

Eine andere Freundin meinte, die Vergiftung der Atmosphäre durch Chemtrails sei in letzter Zeit besonders stark. Was uns insgesamt an Umweltgiften zugemutet wird, kann niemand wirklich einschätzten. Gesund ist das alles sicher nicht.

Und dann kam noch die berechtigte Frage auf, ob systemisch noch etwas bei mir zu lösen sein könnte. Nun ja: Ich wäre wohl der einzige Mensch auf der Welt, bei dem NICHTS Systemisches mehr zu lösen ist.

Was mache ich mit all den Anregungen und Gedanken?

Als Naturheilkundlerin war es 16 Jahre lang meine Aufgabe, mögliche Ursachen für gesundheitliche Merkwürdigkeiten zu finden und systematisch auszuschalten. Das hat den Vorteil, dass man etwas (vermeintlich) Sinnvolles tut, dass das Ohnmachtsgefühl aufhört und frischer Mut gefunden werden kann.

Und – vielleicht – liegt man mit der Ursachenforschung richtig, so dass das Problem tatsächlich durch die entsprechenden Maßnahmen verschwindet. So die Theorie.

Wissen kann man das freilich nicht.

Wir leben ja nicht im Labor. Nie ist nur eine Stellschraube verändert, so dass man genau sagen könnte: „DARAN hat es nun definitiv gelegen.“ Aber das hätten wir gerne. Dann hätten wir nämlich Kontrolle über die Situation und würden uns wieder sicher fühlen.

Realistisch betrachtet, hat niemand die Kontrolle über ein hochkomplexes System wie den menschlichen Körper. Weder ein Arzt, noch ein Heilpraktiker und leider auch nicht der Patient. Wie haben durchaus Einfluss. Aber wir können unsere Gesundheit nicht steuern.

Wollen wir das hören? Wohl kaum.

Viel lieber geben wir uns irgendwelchen Erlösungsphantasien hin. Wir bauen auf ein bestimmtes Mittel, eine aussichtsreiche Methode, einen vertraueneinflößenden Therapeuten. Die Therapeuten selbst stützen ihre Erlösungsphantasie meiner Erfahrung nach häufig auf „die Klinik“. Wenn der Arzt nicht weiter weiß oder seine Behandlung nicht anschlägt, dann erhält man eine Einweisung. Als ob in einem Großbetrieb im Pflegenotstand die Versorgung besser sein müsste als in der Haus- oder Facharztpraxis.

Die Technik soll’s richten? Meinetwegen gibt es diagnostische und therapeutische Schätze in Krankenhäusern. Statistiken aus dem Krebsumfeld belegen, dass eine frühe Diagnose leider keinen Vorteil für das Überleben der Betroffenen bringt. Wer hätte das gedacht? Wo doch Früherkennung so aggressiv beworben wird. So als könne man dem Teufel von der Schippe springen, wenn man nur früh genug Anlauf nimmt. Oder als seien die Therapien so segensreich für die Patienten, dass man nur zeitig genug damit beginnen muss und alles wird gut.

Für meine spezielle Erkrankung wäre mir im Krankenhaus dasselbe Vorgehen zugekommen wie zu Hause. Warum um alles in der Welt hätte ich dorthin gehen sollen? Meine Ärzte wären dann beruhigt gewesen. Sie hätten die Verantwortung abgegeben. Und ihren Glauben an die unfehlbare Medizin behalten. Damit wären sie selbst gewissermaßen erlöst gewesen. Mir hätte das keinen Vorteil gebracht.

Erlösungsphantasien sind sehr menschlich. Und phasenweise vielleicht sogar dienlich. Doch irgendwann kommen wir an einen Punkt, der uns mit der nackten Tatsache konfrontiert, dass wir nicht Gott sind. Und dass man Gesundheit nicht MACHEN kann. Weder mit schulmedizinischen Arzneien noch mit einer schlau ersonnenen alternativen Therapie.

Man kann Reize setzen, man kann Substanzen auffüllen, man kann Organe unterstützen. Aber eine Garantie für Heilung gibt einem all das nicht. Heilung ist immer eine Gnade. Sie widerfährt einem nicht als Lohn für besondere Mühen oder als Auszeichnung dafür, alles richtig gemacht zu haben.

Wenn das der Fall wäre, woran würden diejenigen, die alles richtig machen, dann sterben? Gar nicht? Und ist es überhaupt denkbar, alles richtig gemacht zu haben? Woran erkennen wir das? Am Resultat? Leben wir dann für immer? Nein. Wir sterben. Unweigerlich. Egal, wie richtig unserer Entscheidungen gewesen sind. Oder wie falsch.

Kommen wir zurück zum Ausgang: so viele mögliche Ursachen für meinen Schub. Viele davon klingen plausibel. Jeder könnte man nachgehen und entsprechende Maßnahmen aufsetzen. Ob man damit ursächlich an dem Problem arbeitet, kann niemand mit Gewissheit sagen. Genau genommen, wissen wir gar nicht, was solche Schübe auslöst. Es gibt nur Vermutungen. Wie gehen wir mit den Vermutungen um? Jeder Idee mit Eifer nachzulaufen, ist gar nicht möglich. Dabei würden wir uns völlig verausgaben.

Mir fiel meine Freundin Christine ein, die vergangenen Herbst gestorben ist. Die Frau hat sich hinsichtlich ihrer eigenen Erkrankung vorbildlich verhalten. In jeder Hinsicht. Sie hat klug abgewogen, was sie schulmedizinisch machen lässt und was nicht, hatte beste naturheilkundliche Unterstützung und mit beeindruckenden Erkenntnissen an ihren spirituellen Themen gearbeitet. Und dann ist sie trotzdem gestorben. Sie hatte – soweit man das von außen beurteilen kann – alles richtig gemacht. Woher sollen wir wissen, ob sie OHNE diese Maßnahmen deutlich kürzer gelebt hätte? Immerhin hat sich der ganze Prozess über sechs Jahre erstreckt. Das waren wichtige Jahre für die Familie der Frau, entscheidende Jahre als Mutter und Ehefrau. Wertvolle Zeit für ihre persönliche Entwicklung. Wesentliche Schritte für ihr Seelenheil sind in der Vorbereitung auf den Tod gegangen worden. Ob ihr ein schnelleres Ende etwas erspart hätte oder etwas genommen, wer will das beurteilen?

Meine Rolle war die der Freundin. Gleichzeitig hatte ich einige Expertise in eigenen schweren Krankheitserfahrungen und mein Wissen als Heilpraktikerin, das ich freimütig mit ihr geteilt habe. Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich genug für sie getan habe. Quälende Schuldgefühle haben mich eine Zeitlang begleitet. Ein Gespräch mit dem Witwer brachte Entlastung. Ich hatte genug getan. Es war kein Anspruch an mich offen geblieben. Niemand hat von mir erwartet, dass ich Christine rette. Das war nicht möglich. Die Phantasie loszulassen, man könne selbst für einen geliebten Menschen ein Erlöser sein, ist am schwersten. Und gleichzeitig führt uns diese Demut in die Entspannung. Wir können unsere Bemühungen auf ein vernünftiges Maß reduzieren.

Wenn Menschen aus dem Leben gehen, sind noch ganz andere Kräfte am Werk als unser kleiner Verstand begreifen kann. Das ist meine Überzeugung. Unser Einfluss auf die kosmischen Ereignisse wie Geburten und Sterbevorgänge ist begrenzt.

Ob meine Freundin mit anderen Maßnahmen länger gelebt hätte und vielleicht wieder gesund geworden wäre?

Menschen mit Erlösungsphantasien behaupten so etwas. Eine Chemotherapie, eine Bestrahlung oder eine radikale Operation müssen oft als Erlösungsphantasien herhalten. Ja, hätte man doch nur die Chemo / die Strahlentherapie / den Eingriff gemacht, dann, ja dann wäre alles anders gelaufen… Zumindest, wenn man es früh genug gemacht hätte. Woher will man das wissen? Man weiß es nicht. Selbst wenn die Statistik so eine Aussage stützen würde – was sie nicht tut! – was bedeutet die mathematische Auswertung zu Daten von ganz anderen Menschen für meine Freundin Christine?

Erlösungsphantasien sind erst einmal genau das: Phantasien. Sie können mit der Realität etwas zu tun haben – müssen sie aber nicht.

In meiner Nachbarschaft ist eine christliche Gemeinde, deren frommer Zweck sich auf die Erlösung der Seelen ausrichtet. Sie singen sonntags aus vollen Kehlen und hoffen darauf, am Tag des jüngsten Gerichts ins Himmelreich einzugehen.

Es steht mir nicht zu, diesen oder irgendeinen Glauben zu beurteilen. Ich will nur darauf hinweisen, dass Erlösungsphantasien in das Reich des Glaubens gehören. Bei religiösen Veranstaltungen sind sie richtig untergebracht, nicht in einer medizinischen Sprechstunde. Es sei denn, der Mediziner begreift sich als spiritueller Begleiter und macht das deutlich.

Im Alltag erleben wir häufig in Praxen Heilsversprechen, die eigentlich niemand so von sich geben darf. Es ist per Gesetz verboten, einem Patienten zu erzählen, dass er durch dies oder das gesund werden wird. Stattdessen müsste er über Chancen und Risiken seiner Behandlung sachlich und ausgewogen aufgeklärt werden.

Einerseits kommt den Menschen durch die offenen oder versteckten Heilsversprechen der Placebo-Effekt zugute: Wenn er fest an den positiven Einfluss einer Arznei glaubt, unterstützt das seine Gesundheit im ganzheitlichen Sinne. Andererseits: Was ist mit all denen, die trotzdem nicht gesund werden – haben sie zu wenig geglaubt?

Noch üblicher sind leider Situationen, in denen die Kranken Angst gemacht bekommen: „Wenn Sie nicht diese oder jene Therapie machen, werden Sie sterben / krank bleiben / es wird immer schlimmer werden, usw. Und dann können wir nichts mehr für Sie tun…“

Während ich das schreibe, spüre ich Zorn in mir aufsteigen. Er richtet sich auf die Arroganz, mit der solche Behauptungen in den Raum gestellt werden. So als sei mit der passenden Therapie jede noch so schwerwiegende Erkrankung zu heilen, wenn nur der Patient mitspielt. Auf diese Weise behält ein Mediziner sein Weltbild, das sich auf Machbarkeitswahn und Größenphantasien stützt. Mit Demut und Bescheidenheit hat das leider nichts zu tun. Und auch nicht mit Respekt vor dem Menschen, der sich hilfesuchend an ihn wendet.

Die Patienten bleiben oft mit diffusen Schuldgefühlen zurück. Irgendetwas haben sie wohl falsch gemacht, sonst hätte die Behandlung ja gewirkt und sie wären wieder gesund.

Und was, wenn nicht?

Es gibt so viele Gründe, sich gegenüber der eigenen Gesundheit schuldig zu fühlen. Wer macht schon alles richtig? (Vermeintliche) Ernährungssünden, etwas Übergewicht, zu wenig Bewegung, Genussgifte, Stress. Trifft nicht auf praktisch jeden von uns einer der üblichen „Anklagepunkte“ zu? Mir wäre das gar nicht so aufgefallen, wenn ich nicht gerade 25 Kilo abgenommen hätte und nun niemand mehr behaupten kann, dass ich zu viel auf den Rippen habe. Jetzt erst wird mir bewusst, wie ich unterschwellig immer wieder mit meinem vorherigen Übergewicht als Erklärung für gesundheitliche Probleme konfrontiert war. Die Waage zeigt meinen „Freispruch“. Eindeutig. Nein, daran kann es wirklich nicht liegen. Entspannung macht sich breit. Warum eigentlich?

Permanent werden wir unter latente Schuldgefühle gesetzt, weil irgendetwas nicht mit unserem Verhalten oder mit unserem Sosein stimmt. Wieso lassen wir das mit uns machen?

Weil es einfacher ist, an einen Fehler zu glauben als uns für die Möglichkeit zu öffnen, dass es vielleicht gar keine (Er-)Lösung gibt. Daher sind Erlösungsphantasien besonders lange aufrecht zu erhalten, wenn sie schwer zu erreichen sind. Eine Phantasie wäre ja sofort als solche enttarnt, wenn man etwas einfach nur ausprobieren könnte und dann sieht, ob es nützt oder nicht.

Mehr hat man an der Erlösungsphantasie, wenn sich ihrer Erfüllung in die Länge zieht. Dann muss es ausschließlich dieser Professor sein, bei dem man erst in ein paar Monaten einen Termin bekommt. Dann muss es unbedingt diese experimentelle Behandlung sein, für die man leider noch keinen Therapeuten gefunden hat. Oder die Arznei, auf die man jahrelang sparen muss, weil sie so sündhaft teuer ist. Zumindest muss die Behandlung Nebenwirkungen versprechen, die dann schwer zu ertragen sein werden. Erlösung darf scheinbar nicht zu einfach sein, sonst wird sie unglaubwürdig. Aha.

Wir programmieren unser Unterbewusstsein mit solchen Überzeugungen. Wenn die Programmierung wirkt, werden wir womöglich tatsächlich gesund, sobald wir das Ersehnte endlich erhalten haben. Ob uns dann die Arznei kuriert hat oder unser Glauben an sie, lässt sich nicht beantworten. Wir wissen es nicht.

So eine Programmierung kann durchaus nützlich sein. Oder hinderlich: Denn sie stellt eine Bedingung an die Genesung, die erst erfüllt sein muss. Mit dieser Verinnerlichung können wir mitunter gar nicht gesund werden bevor wir nicht den erlösenden Zaubertrunk erhalten haben.

Ich denke, einige Therapiekonzepte haben mehr mit Magie zu tun als mit Medizin. Das wird Ihnen Ihr Arzt natürlich nicht sagen.

Er wendet die Therapien A, B, C und D an. Und wenn bei der Therapie E die Symptome verschwinden, meint er mit dem Brustton der Überzeugung, dass seine Behandlung endlich angeschlagen hat. Hat sie das? Warum ist A bei anderen Patienten mit derselben Krankheit erfolgreich gewesen und hier nicht? Ja, klar: Jeder Mensch ist individuell, was wirkt kann unterschiedlich sein. Wer kann wissen, wie viel und wie lange man A hätte anwenden müssen, um etwas zu bewirken? Statistik? Vergessen Sie’s. Das sind schwarze Zahlen auf einem weißen Blatt Papier. Für den konkreten Menschen kann das etwas über eine berechnete Wahrscheinlichkeit aussagen – sie kann mit der Wirklichkeit zu tun haben oder auch nicht.

Nun müssen wir natürlich Entscheidungen treffen. Und Erfahrungswerte dienen uns dabei als Anhaltspunkte. Was ich sagen will ist: Sie sind genau das – Anhaltspunkte. Nicht mehr und nicht weniger. Ohne Garantie. Auf die Erfahrungen von anderen zu bauen, erspart uns scheinbar eigene und verkürzt unsere Wege. Wirklich?

Selbst wenn meine eigene Erkrankung mit einer bestimmten Therapie deutlich besser wurde – woher weiß ich, dass die Veränderung ursächlich an ebendieser Behandlung lag?

Für mich war die Homöopathie lange Zeit so eine Erlösungsphantasie. Ich hatte erlebt, dass an einer angeblich hoffnungslos vernarbten Stelle auf der Kopfhaut Haare wuchsen, nachdem ich Natrium chloratum eingenommen hatte. Der verordnende Arzt trug in meiner Vorstellung einen Heiligenschein. Ja, ich übertreibe ein bisschen. Aber nicht sehr. Nach diesem „Erfolg“ habe ich seine Anweisungen brav befolgt und war überzeugt davon, damit alles richtig zu machen. Ein Guru war geboren.

Sehr irritiert war ich, als mir später klar wurde, dass der Mann auch nur mit Wasser kochte und tatsächlich sogar Fehler machte. Ich will nicht sagen, dass er ein Geschäftemacher gewesen ist, aber meine Gläubigkeit hat ihm ein hübsches Sümmchen Umsatz über einige Jahre beschert. Erst sein Umzug in ein anderes Land hat unsere Zusammenarbeit beendet.

Kein Mensch kann sagen, ob ich auch ohne das Mittel Haarwuchs bekommen hätte. Ob er genauso üppig gewesen und zum selben Zeitpunkt aufgetreten wäre. Mein Glaube an die Homöopathie war fortan unerschütterlich. Ich war immer auf der Jagd nach dem einen konstitutionellen Mittel, das all meine Beschwerden auflösen würde: mein ganz persönliches Elexir.

Dass es so schwer zu finden ist, sprach für die Erlösungsphantasie. Ich wollte keine Composita oder Komplexmittel mit verschiedenen Inhaltsstoffen, sondern nur DAS EINE Mittel. Unzählige Stunden habe ich über homöopathischen Auswertungen verbracht, einen erfahrenen Homöopathen zurate gezogen, kinesiologisch und per Elektroakupunktur getestet. Unermüdlich.

Manchmal hatte ich in der Nacht eine Eingebung, welchem ungewöhnlichen Symptom ich nachgehen könnte, stand auf und saß stundenlang am Rechner. Homöopathie ist eine gute Methode. Sicherlich. Aber sie greift nicht in die Schöpfung ein. Wenn ich jetzt krank bin und mein Körper gerade keine regulierenden Impulse annehmen kann, dann hilft das gewissenhaft ausgewählte Kügelchen leider auch nicht.

Das zu erkennen, war ein wesentlicher Schritt in meiner seelischen Genesung. Als ich den Homöopathie-Schrank bewusst geschlossen und die Bücher zur Seite gestellt habe, fiel eine große Last von mir ab. Ich hatte nicht bei der Auswahl versagt und musste mich noch mehr anstrengen. Im Gegenteil: Ich konnte endlich loslassen. Das Problem würde sich auch ohne aufwändiges Repertorisieren lösen lassen. Oder eben nicht.

Ist es denn nicht richtig, Hoffnung zu haben? Doch. Die Frage ist, wie fanatisch wir an einer Idee haften. Das Maß an Verbissenheit ist ein guter Hinweisgeber. Wenn nur diese eine Lösung möglich erscheint und wir bereit sind, dafür geradezu übermenschliche Anstrengungen zu unternehmen, sind wir vermutlich einer Erlösungsphantasie aufgesessen. Das kann passieren. Wir sollten uns darüber nur bewusst werden. Das wird unseren Entscheidungen ihren Absolutheitsanspruch nehmen.

Wenn man das Prinzip anhand der gesundheitlichen Entscheidungen verstanden hat, kann man die Erkenntnis auf das ganze Leben übertragen. Wir treffen jeden Tag Entscheidungen und beobachten danach Veränderungen oder auch nicht. Das eine kann mit dem anderen zusammenhängen. Muss es aber nicht. Jedenfalls nicht in der Wenn-Dann-Sonst Funktion, die beim Computer möglich ist.

In spirituellen Kreisen höre ich immer wieder die Auffassung, wir seien Schöpferwesen, die ihr Leben frei gestalten können. Ahnen Sie, welche Fallstricke in dieser Sichtweise liegen? Wir können etwas beeinflussen, aber bestimmen können wir das Schicksal nicht. Da können Sie meditieren so viel Sie wollen, sich kosmische Symbole tätowieren lassen oder Ihre Chakren von früh bis spät harmonisieren. Sie sind nicht Gott. Beim Versuch, Ihr Los nach Belieben verändern zu können, werden Sie zwangsläufig scheitern und sich dann noch schlechter fühlen. Lassen Sie das.

Menschen sind hoch komplexe lebende Wesen, eingebunden ist noch höher komplexe Systeme. Wir haben nicht die geringste Chance, alle Bedingungen im Blick zu haben, die in unserem Leben Veränderung bewirken. Wir meinen nur, wir hätten die Kontrolle. Das ist ein Trugschluss. Zumindest im größeren Rahmen ist es gut, den Anspruch auf Steuerung ab und zu einmal sinken zu lassen. Hingabe heißt die Eigenschaft. Vielleicht liegt in ihr die wahre Erlösung – ganz unangestrengt.

 

Text: Petra Weiß

Foto: Thomas Max Müller / PIXELIO

2 Gedanken zu „Und was, wenn doch?

  1. Liebe Susanne,

    herzlichen Dank für Ihr differenzierte und erbauliche Rückmeldung.

    Ich fühle mich von Ihnen sehr verstanden und meine Arbeit gewertschätzt. Danke dafür.

    Herzliche Grüße

    Petra Weiß

  2. …. Beeindruckende, ehrliche sowie kritische Gedanken rund ums Thema Heilung-die zum tieferen Auseinandersetzen anregen und so einiges in Frage stellen …. , aber dennoch bei mir einen angenehm beruhigendes Gefühl hinterlassen ….
    und die Feststellung, dass so eine unangestrengte Hingabe richtig schwierig sein kann.
    Danke dafür !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


− zwei = 7