Sie werden sich wundern, was dieser scheinbar harmlose Satz im ursprünglichen Wortsinne bedeutet. Und künftig genau abwägen, wem Sie eine solch delikate Frage stellen. Dieser Beitrag fasst meine Gedanken zur Bedeutung von sinngetreuen Formulierungen zusammen und gibt weitere Beispiele für die unbewusste Sexualisierung unserer Sprache.
Die Sprache „verwörtlicht“ unsere äußeren Eindrücke, inneren Bilder und Empfindungen. Sie gibt ihnen einen Namen und damit unserem Erleben Struktur und Ordnung. Das wirkt auf die Psyche wie eine Landkarte, mit deren Hilfe wir uns im Leben besser zurechtfinden.
Eine spezifische Bezeichnung für einen Gegenstand, ein Gefühl oder eine Sinneswahrnehmung zu haben, ist ein wichtiger Schritt in jeder individuellen Entwicklung. Das trifft nicht nur auf Kleinkinder zu, sondern für die Menschheit als Ganzes.
So wie der Wortschatz eines Kindes sich ausbildet, erwächst die Sprache eines Volkes auf natürlich Weise. Sie kommt aus der Bildsprache und verfeinert sich über die Zeit immer weiter. Worte aus benachbarten Ländern oder von Reisenden fließen in einem organischen Prozess mit ein. Manchmal kommt es zu gewaltsamen Veränderungen der Sprache durch einen Krieg oder die Besetzung eines Landes. Oder durch eine amtlich verordnete „Reform“.
Aufgrund der internationalen Verflechtungen der vergangenen Jahrzehnte haben wir in kurzer Zeit eine große Anzahl von Worten aus weit entfernten Regionen der Erde in unsere Sprache übernommen. Das erleichtert einerseits die weltweite Kommunikation, verwässert andererseits das Sprachgefühl der Menschen. Keine Fremdsprache geht uns so zu Herzen, berührt unsere tiefen Empfindungen und erzeugt lebendige Bilder in uns wie unsere Muttersprache.
Für diese exklusiven Eigenschaften spielt die Prägung der ersten Lebensjahre eine Rolle und möglicherweise das morphogenetische Feld. Der Begriff geht auf den Harvard-Professor Rupert Sheldarke zurück, der in seiner Forschung von „Wissenden Informationsfeldern“ ausgeht, welche bis in die Formgebung von Organismen hineinwirken. Im Russischen nennt man solche geistigen Gebilde Egregoren und versteht sie als Wesenheiten. Diese Sichtweise muss uns gar nicht fremd sein. Wir sprechen im Deutschen vom Bildungswesen, vom Finanzwesen und vom Gesundheitswesen.
Seit unzähligen Generationen sind die Erfahrungen der Menschen in morphogenetischen Feldern gespeichert, unter anderem die Bezüge zwischen Klängen, Schriftzeichen und Erfahrungen. Wir haben oft ein Gefühl für die genaue Bedeutung eines Begriffs. Althergebrachte Worte wurden traditionell in bestimmten Zusammenhängen gebraucht. Sie sind im morphischen Feld dieser Sprache mit ganz speziellen emotionalen oder wertenden Färbungen versehen. Deshalb lösen manchmal Redewendungen etwas in uns aus, obwohl wir sie noch nie bewusst gehört haben. Wir empfangen den Zusammenhang unbewusst und ohne weiteres Zutun aus dem Feld. An dieses Feld sind wir angeschlossen. Das Feld verbindet Menschen, welche dieselbe Sprache sprechen.
Jede Sprache entwickelt sich weiter. Neue Erfindungen verlangen nach Begriffen, die sie genau beschreiben. Wir setzen neue Wörter aus den bestehenden zusammen. Oder wir erschaffen ganz neue Begrifflichkeiten. Belegen wir ein Ding mit einem Wort aus einer fremden Sprache, erscheint es neu und anders. Dadurch ist es exakt definiert – unabhängig davon, was der Begriff in seiner Ursprungssprache eigentlich bedeutet. Oder ob es ihn in der vermeintlichen Sprache überhaupt gibt.
Von Chop Suey bis Tamagochi
Viele Menschen in Deutschland haben eine klare Vorstellung von dem Geschmack einer Speise, die den Beinamen „Chop Suey“ trägt. Tatsächlich bedeuten die beiden Wörter nichts weiter als „klein geschnitten“ und sagen über die Gewürze nicht das geringste aus. Der Begriff findet sich in Asien nicht auf Menükarten. Er wurde für Europäer erfunden und kennzeichnet Gerichte, die eben gar nicht landestypisch gewürzt worden sind.
Wenn Sie meiner Generation entstammen, wissen Sie genau, was ein Tamagotchi ist. Sie brauchen dafür keine Ahnung vom Ursprung des Ausdrucks oder seiner Bedeutung zu haben, oder zu wissen, dass das Japanische Wort für Ei (tamago) und das englische Wort für Uhr (watch) für die Bezeichnung eines elektronischen Spielzeugs in einem Kunstwort verschmolzen worden sind. Wir verwenden viele solcher Worte, ohne uns darüber gewahr zu werden, ob der Begriff den Gegenstand unserer Betrachtung treffend beschreibt oder was er eigentlich/ursprünglich/tatsächlich bedeutet.
Um verdrehte Bedeutungen zu bestaunen, müssen wir nicht nach Asien blicken. Schlagen Sie einfach eine Zeitung auf oder unterhalten Sie sich ganz belanglos mit dem Nachbarn übers Wetter. Wenn er Sie über den Gartenzaun anspricht „Ist Ihnen auch so heiß?“ überschreitet er dabei – sicher ohne Absicht – eine Ihrer intimsten Grenzen. Vermutlich hat er die Temperatur gemeint und wollte wissen, ob die Wärme Ihnen zu schaffen macht. Im ursprünglichen Wortsinne hat er gerade nach Ihrer Paarungsbereitschaft gefragt. Nur weil sich alle einig sind, das Wort mit der Bedeutung von sehr warm zu verwenden, verliert es nicht die sexuelle Färbung im kollektiven Bewusstseinsfeld.
Geiz macht nicht geil
Seit Jahren wundere ich mich, wenn jemand begeistert ausruft „Das ist ja GEIL!“ Falls das Lob sich auf eine anziehende Frau oder einen attraktiven Mann bezieht, mag der Ausdruck angemessen erscheinen. Dann hätte ich mir halt ein anderes Pronomen gewünscht. Da sich der Grad sexueller Erregung nicht so ohne weiteres erkennen lässt, müssten wir uns von der Geilheit der Person erst einmal überzeugen. Dazu möchte ich hier freilich niemanden aufrufen.
Vollkommen daneben ist aus meiner Sicht der inflationären Gebrauch dieses Modewortes, das wir allenthalben finden. Als geil wird heutzutage ein beschwingtes Lied bezeichnet oder eine fruchtige Limonade, ein kunstvoll gearbeitetes Schmuckstück oder eine Tüte Chips.
Was dabei passiert ist, dass die Sprache und mit ihr das Denken und Empfinden in seiner Vielfalt verarmt. Indem wir sagen, etwas sei geil, geben wir dem Objekt nicht den an sich passenden Ausdruck mit. Wir müssen nicht sagen, auf welche Eigenschaft der Chips sich unsere Freude bezieht. Sind sie knusprig? Schmackhaft gewürzt? Hauchdünn geschnitten? Für solche präzise Beschreibungen sind die im Deutschen haarfein zu unterscheidenden Adjektive – früher nannte man sie sprechend Eigenschaftswörter – nämlich da. Mit dem Mangel an Differenzierung verblasst die psychische Landkarte, wird ungenau und lückenhaft.
Ich plädiere nicht dafür, sich jedes Mal mit lüsternem Grinsen wonnig in den Schritt zu greifen, sobald wir das Wort geil aussprechen. Allerdings wären wir dann wieder am ursprünglichen Sinn angelangt und würden uns gewahr, was wir da so von uns geben…
Meine Kritik am Verzerren von Wortbedeutungen schließt nicht aus, dass auch mir hin und wieder ein solcher Faux-pas unterläuft. Zumindest bin ich mir dessen bewusst. Meistens. Schauen wir auf das gerade Geschriebene: Faux pas stammt aus dem Französischen und heißt wörtlich „falscher Schritt“. Ja, genau das hatte ich gemeint.
In dem Zusammenhang bemerke ich eine vollkommen unbeabsichtigte Doppeldeutigkeit. Herrlich! Natürlich wollte ich nicht schlüpfrig sein. Und es ist mir trotzdem passiert. Obwohl es mir ein bisschen peinlich ist, lasse ich die Passage im Text – zur Veranschaulichung.
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Dieser Text ist ausschließlich für Ihren persönlichen Gebraucht gedacht. Sie können daraus Erkenntnisse für Ihre eigene Ausdrucksweise gewinnen. Sie wählen frei, ob Sie mit diesem Wissen bei Ihren bisherigen Sprachgewohnheiten bleiben wollen oder ob Sie bei Bedarf Veränderungen in Ihrer Wortwahl vornehmen. Ich maße mir nicht an, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie reden oder schreiben sollen. Dasselbe darf auch für Sie gelten: Bitte laufen Sie jetzt nicht umher und belehren Ihre Mitmenschen, wie sie sich ausdrücken müssen. Denn das wäre ein Eingriff ins Allerintimste, der weder mir noch Ihnen zusteht.
Text: Petra Weiß
Foto: Volker Kraus / pixelio.de
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Zur Autorin
Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.
An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen. Ihr neues Buch PERLENTAUCHER DER REDEKUNST wird voraussichtlich im Herbst 2022 geboren.
Seit Sommer 2020 gibt sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.