Nach dem Betrug

Viele von uns haben dienstlich oder privat schon einmal einen Betrug miterlebt: Menschen gehen manchmal fremd, 10 % der eingetragenen Vaterschaften entsprechen nicht den Tatsachen, Steuern werden hinterzogen, Versicherungsbetrug ist ein Volkssport, Gebrauchtwagen und Häuser werden unter falschen Vorzeichen verkauft und so weiter.

Häufig bleibt die Tat unentdeckt. Wenn sie aber ans Tageslicht kommt, ist das Vertrauen gebrochen. Es braucht Zeit und anderes, um die Beziehung zu retten. Manchmal ist das auch nicht möglich. Schauen wir uns an, wie es nach dem Betrug weitergehen kann.

Warum Betrug unsichtbar bleibt

Betrug entsteht nur durch ein getarntes Verbrechen. Durch Lügen und Verschleierung der wahren Umstände wird die Tat vor Entdeckung abgeschirmt. Der Betrogene wurde also erfolgreich hinters Licht geführt, sonst kommt es gar nicht erst zum Betrug.

Wenn also ein Betrug enden soll, muss entweder der Täter den Vorgang aufdecken oder das Opfer muss sich der Tat bewusst werden. Selten wird der Täter freiwillig damit herausrücken, was er verbrochen hat. Das leuchtet ein. Warum aber sehen wir als Betroffene einen Betrug einfach nicht, während er unbeteiligten Beobachtern direkt ins Gesicht springt?

In unserem Unterbewusstsein haben wir eine ganze Reihe von Schutzvorrichtungen, die das verhindern. Allen voran das Ego, welches bei allen von uns mit unterschiedlicher Gewichtung auch narzisstische Anteile aufweist. Sie sorgen dafür, dass unser Selbstbild nicht unter der Last einer unliebsamen Erkenntnis über die eigene Unzulänglichkeit zusammenbricht.

Müssen wir uns eingestehen, betrogen worden zu sein, kommen zu dem entstandenen Schaden durch das Verbrechen noch die Verletzung durch die Lüge und die Scham, das Treiben nicht (früher) durchschaut zu haben. Und manchmal schlimmer noch: die eigenen Bedenken oder die Hinweise von wohlmeinenden Dritten in den Wind geschlagen zu haben. Ja, möglicherweise hat man die Hinweisgeber sogar beschimpft oder verhöhnt und sich dadurch genau an denen schuldig gemacht, die es gut gemeint haben. Solches Unrecht lastet schwer auf dem Gewissen.

Aus diesen Gründen ist das Eingeständnis eines Betrugs für das Opfer harter Tobak. Die Profis unter den Tätern wissen das genau und auch Hobby-Betrüger spüren instinktiv, dass sie dadurch geschützt sind. Sie surfen gewissermaßen im Windschatten von unbewussten Psychodynamiken und seelischen Bewältigungsstrategien. Psychologisches Wissen gegen die Menschen zu benutzen, ist zwar verwerflich, aber effektiv.

Gnädig sein und kühlen Kopf bewahren

Kommt der Betrug endlich auf den Tisch, ist es dringend geboten, Gnade walten zu lassen – zunächst mit sich selbst:

Als ehrenwerter Bürger sind Sie einem professionellen Trickbetrüger einfach nicht gewachsen. Genauso wenig durchblicken Sie als aufrechter Mensch die Nebel eines notorischen Lügners. Und hat Sie jemand nur ausnahmsweise angeschwindelt, muss sein Leidensdruck so groß gewesen sein, dass er reichlich Motivation hatte, sein Geheimnis sorgsam zu bewahren. All dem stand nichts entgegen außer Ihre Gutgläubigkeit. Darüber müssen Sie sich nicht grämen. Das spricht für Sie und Ihr bisher scheinbar recht betrugsfrei verlaufenes Leben. Glückwunsch! In Zukunft können Sie vorsichtiger sein.

Aus therapeutischer Sicht ist es wertvoll, sich vor Augen zu führen, an welcher Stelle es Hinweise gegeben hat, auch dann und gerade wenn Sie sie nicht weiter beachtet haben. Hinweise gab es fast immer. Vielleicht erinnern Sie sich an die konkrete Situation. Wie ist es Ihnen damals ergangen? Wie haben Sie sich gefühlt? Welche Gedanken und Vermutungen kamen in Ihnen hoch? Wie haben Sie sich beruhigt? Blieb dennoch ein Störgefühl bestehen? Spüren Sie jetzt eine körperliche Reaktion, während Sie über diese Fragen nachdenken? Nehmen Sie diese als Marker.

Im nächsten Schritt werden Sie sich darüber klar, warum Sie die inneren Einwände oder Warnungen von außen vom Tisch gewischt haben. Hier liegt ein Schatz für Ihre Persönlichkeitsentwicklung verborgen. Statt sich in Selbstmitleid zu wälzen oder in Schuldgefühlen zu vergehen, können Sie an dieser Stelle etwas Sinnvolles für Ihren Bewusstseinsprozess tun. Wenn Sie das Warum verstanden haben, sind Sie für künftige Honigtöpfe dieser Art nicht so empfänglich.

Indem Sie Ihren Anteil am Geschehen sehen, kommen Sie aus der passiven Opferhaltung heraus. „Ja, ich habe mich verführen lassen, weil….“ ist kraftvoller als das Mimimi: „So etwas passiert immer nur mir.“

Belastete Beziehungen kitten – zu sich und zu anderen

Außerdem können Sie sich mit den Früchten Ihrer Selbsterkenntnis den verprellten Helfern erklären, um die Beziehung zu retten, falls das Ihr Wunsch ist. Haben Sie keine Angst: Menschen haben mehr Verständnis und Mitgefühl als man denkt – sogar für diejenigen, die weniger davon haben. Trauen Sie sich, den ersten Schritt zu machen. Was haben Sie schon zu verlieren?!

Ihre Erkenntnisse dürfen Zeit brauchen. Setzen Sie sich bitte nicht unter Druck. Die Situation ist für Sie schon schwer genug. Ihr Selbstbild ist in Gefahr. Machen Sie sich bewusst, dass nur die Illusion, die Sie von sich hatten, zerbricht, nicht aber Ihr wahres Selbst. Dieses ist „unkaputtbar“, Ihr Wesenskern bleibt in seiner Reinheit unberührt von all den Höhen und Tiefen Ihrer Erlebnisse in der 3D-Welt. Sie werden diese Krise überstehen, so wie Sie schon viele andere heikle Situationen überlebt haben. Und bestenfalls werden Sie gestärkt daraus hervorgehen.

Wenn später bei einem neuen Verdacht, Ihr frisch eingerichteter Betrugsalarm anspringt, fragen Sie sich, was die Übereinstimmungen mit der vorherigen Situation sind und was die Unterschiede. Prüfen Sie vor allem, ob jemand mit einem altbekannten Lockmittel winkt. Je besser Sie Ihre üblichen Verführungen erkennen, desto leichter können Sie ihnen widerstehen. Und auch dann wird es noch anstrengend, sich abzugrenzen.

Verlockungen erkennen und widerstehen

Meist lockt man uns mit einem emotionalen Versprechen, das von dem angebotenen Umstand oder Ding ohnehin nicht erfüllt werden kann. Finden Sie heraus, welche Ihre unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte sind. Fangen Sie damit an, sich Ihre berechtigten Bedürfnisse selbst zu erfüllen oder gezielt nach der Erfüllung echter Bedürfnisse zu suchen, nicht nach einem billigen Ersatz.

Kompensation mündet immer in Gier, weil das eigentliche Begehren ja nicht gestillt wird. Wenn man nicht einsieht, dass der Weg falsch ist, will man immer mehr und mehr und mehr – und wird nicht satt. Machen Sie sich das bewusst. Es kann schmerzhaft sein, den Verlust anzuerkennen, wenn wir etwas Wichtiges entbehren müssen, das uns als Menschen eigentlich zusteht, z.B. Freundschaft oder Fülle.

Das kann eine gute Gelegenheit sein, unsere Vorstellungen über die Quellen unserer Bedürfniserfüllung richtig zu rücken. Ein beliebtes Beispiel ist unser Bedürfnis nach Sicherheit. Wir versuchen es uns mit allerlei Materiellem zu stillen. Gelingt das? Wenn wir kein Dach über dem Kopf haben, kann ein bisschen Wohlstand tatsächlich ein Mehr an Sicherheit mit sich bringen. Ab einem bestimmten Grad der Finanzkraft dient uns noch mehr allerdings gar nicht, um unser Sicherheitsgefühl weiter zu stärken.

Die Lösung liegt wie so oft nicht im Außen, sondern in uns. Sicherheit und Stabilität erleben wir, wenn wir uns auf uns selbst verlassen können, wenn wir nach unseren eigenen Werten leben, nach unseren Worten handeln und die Versprechen, die wir uns selbst gegeben haben, nicht bei aufkommendem Sturm gleich über Bord werfen. Gelebte Integrität erhöht zudem unsere Selbstachtung und diese wiederum unterstützt uns dabei, uns weiterhin treu zu bleiben. Das ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf.

Und wenn Sie in der Rolle des Helfers waren..

Die abgelehnten Helfer können übrigens im Rahmen der Betrugserkenntnis ihrer Freunde eine wichtige Einsicht gewinnen: Niemandem dient es, dass sie Recht gehabt haben. Bemerkungen wie „Das habe ich Dir doch gleich gesagt!“ oder „Warum hast Du nicht früher auf mich gehört?“ sind jetzt vollkommen entbehrlich. Verzichten Sie auf den Triumph. Er ist hier nicht angebracht. Werten Sie sich nicht auf, indem Sie den anderen abwerten. Er hat genug Kummer zu verkraften. Wenn Sie ihn ohne Vorwurf oder Schadenfreude fragen, was er jetzt von Ihnen braucht, beweisen Sie wahre Größe.

Später einmal können Sie ihm sagen, wie es Ihnen damit gegangen ist, nicht ernst genommen zu werden oder hilflos mit ansehen zu müssen, wie er in sein Unglück rennt. Das gehört zur Aufarbeitung der Verletzungen. Darauf haben Sie einen berechtigten Anspruch, wenn die Zeit gekommen ist und der andere wieder Energie frei hat.

Falls Ihnen das schwerfällt, betrachten Sie zunächst Ihre eigenen Schwächen bitte mit etwas mehr Verständnis und Mitgefühl. Auch die (vermeintlichen und tatsächlichen) Fehler, die Sie als jüngerer Mensch einmal hatten, brauchen vielleicht ein wenig Gnade bevor Sie gnädiger mit anderen umgehen können. Selbstvergebung ist oft ein guter Weg. Das ist ein ganz eigenes Kapitel, zu dem wir in einem späteren Beitrag noch kommen.

Wir alle werden, nachdem die Wahrheit ans Licht gefunden hat, viel zu verzeihen haben: uns selbst und den anderen. Um der Dynamik von Schuld und Sühne zu entkommen, müssen wir uns der Verantwortung stellen. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als eine Antwort zu haben auf die Frage, warum wir uns so und nicht anders verhalten haben. Wir tun gut daran, unseren eigenen Werten zu folgen. Dann fällt es leichter, sich für sein Tun und Lassen zu rechtfertigen. Nicht vor der Welt, sondern vor uns selbst.

Text: Petra Weiß
Foto: S. Hofschlaeger / PIXELIO

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

Die 180-Grad-Lüge

Beim Lügen gibt es wie bei allen anderen Kunstformen Hobby-Akrobaten und Voll-Profis. Eine Schwindelei in die Welt zu setzen, ist gar nicht so schwer. Man muss einfach nur die Unwahrheit sagen. Weitaus kniffliger ist es, eine Lüge dauerhaft am Leben zu erhalten. Sich immer wieder an den falschen Inhalt zu erinnern, vielleicht noch nach vielen Jahren, ist anstrengend und riskant.

Während wir tatsächlich Erlebtes unter Hypnose noch nach Jahrzehnten aus dem Unterbewusstsein detailgenau hervorholen können, verschwimmen die Einzelheiten einer erdachten Geschichte mit der Zeit. Dann sind es die klitzekleinen Ungereimtheiten, die den aufmerksamen Beobachter aufhorchen lassen. Wenn wir nicht wollen, dass der ganze Schwindel früher oder später auffliegt, gibt es zwei grundverschiedene Vorgehensweisen, die ich in diesem Beitrag für Sie beleuchten will:

Befassen wir uns zuerst mit dem Münchhausen-Trick für Einsteiger: Immer so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben. Warum diese Taktik gut funktioniert, liegt auf der Hand. Wenn wir eine Lüge in eine ansonsten wahre Geschichte verpacken, sind zahlreiche Tatsachen in der Erzählung konkret und nachprüfbar. Das ist für den Lügner entspannt und für den Belogenen vertrauenerweckend.

Nehmen wir an, Sie wollten Ihren Lebenspartner betrügen. (Das machen Sie natürlich nicht, es ist ja nur ein Beispiel zu Veranschaulichung!) Sie wollten sich mit Ihrer Liebschaft treffen, ohne dass Ihr Ausflug bemerkt wird. Reisen Sie bei Nacht und Nebel an einen unbekannten Ort und behaupten, dass Sie die ganze Zeit über zu Hause gewesen sind? Nein, das wäre viel zu gefährlich.

Jemand könnte bemerkt haben, dass Ihre Reisetasche fehlt, ein Bahnticket finden, einen Blick auf Ihre Kreditkartenabrechnung erhaschen, unterwegs oder vor Ort könnten Sie Menschen treffen, die sich später an Sie erinnern. Man glaubt nicht, welch schrägen Humor der Zufall manchmal hat. Mir ist am Flughafen in Ägypten schon einmal eine frühere Arbeitskollegin unverhofft begegnet. Solche Ereignisse sind unwahrscheinlich – aber nicht unmöglich. Schlimmstenfalls könnten Sie unterwegs mit dem Auto liegenbleiben und müssten den Abschleppdienst rufen – dabei wollten Sie selbst gerade jemanden abschleppen. Ironie des Schicksals.

Aus all diesen Gründen bleibt der ungeübte Märchenerzähler nah am Tatsächlichen. Er wird offen zugeben, wohin er fährt. Die komplette Reise kann ihm damit nicht mehr zum Fallstrick werden. Am besten, er hat für seine Abwesenheit einen unverfänglichen Anlass: ein sportliches Ereignis, eine dienstliche Besprechung, das Treffen mit alten Freunden oder irgendeine Erledigung, die dort vor Ort passieren muss. Und danach schleicht er sich auf leisen Sohlen in die Liebeslaube.

Bei seiner Rückkehr hat er allerhand zu berichten. Er kann abendfüllend über seine Erlebnisse reden und muss nur einen Teil davon auslassen. Heikel sind lediglich die zeitlichen Übergänge. An diesen Punkten bleibt er unkonkret, man könnte sagen, er verwendet einen Weichzeichner an der Schnittstelle zwischen Wahrheit und Lüge. Genau dort kommen Merkwürdigkeiten ins Spiel.

Ich bin den wenigen Männern dankbar, die mir Gelegenheit gaben, ihre Mogeleien aus der Nähe zu studieren. Diese kurzen Beziehungen waren sehr lehrreich für mich. Wenn ich jetzt aus dem Nähkästchen plaudere, treffe ich meine Aussagen naturgemäß aus meinem weiblichen Blickwinkel. Das soll aber niemanden diskriminieren. Mit Gewissheit kann ich sagen, dass Frauen ebenso liebestoll werden können wie die Herren der Schöpfung.

Eine beeindruckende Schnittstellen-Lüge erlebte ich einmal mit einem notorischen Fremdgänger, der mich vom Hotelflur aus anrief – angeblich auf dem Weg in sein eigenes Quartier. Heute kann ich darüber lachen, welch unverfrorene Offenkundigkeit sein Betrug hatte. Fast so als hätte er es geradezu darauf angelegt, entdeckt zu werden. Darüber könnte man jetzt beliebig psychologisieren. Ich widerstehe der Versuchung, dem Seitenstrang der Erzählung zu folgen.

Solche Seitenstränge finden wir zuhauf in den Berichten von Lügenbaronen. Sie sollen die Aufmerksamkeit auf weniger glitschige Wegstrecken der Story leiten. Der Anteil der Lüge an der Gesamtgeschichte soll möglichst klein gehalten werden, deshalb wird der Rest größtmöglich aufgeblasen. Die Falschaussage wird dabei gewissermaßen verwässert. In 97 % Wahrheit gehen 3 % Lüge mit etwas Glück einfach unter.

An dieser Stelle will ich einen Einwurf machen: Bitte unterstellen Sie Ihrem Liebsten nicht, dass er sich anderweitig vergnügt, nur weil er gerne ausschweifend erzählt. Mir geht es nicht darum, dass Sie zum paranoiden Lügen-Sucher werden. Ein gesundes Vertrauen ist eine wichtige Grundlage für das Miteinander in einer Liebesbeziehung. Aber lassen Sie sich auch nicht schwindelig schwätzen, wenn Ihr Bullshit-Detektor auf Rot steht und alle Warnssirenen in Ihrem Kopf heulen, während sich Ihr Magen zusammenkrampft.

Von Natur aus haben Menschen ein Gespür dafür, ob sie belogen werden. Es ist Teil unserer angeborenen Freund-Feind-Erkennung. Feine Nuancen in der Mimik, Gestik, Stimmlage etc. nehmen wir unbewusst wahr. Wenn das Gesprochene von der Wirklichkeit des Sprechers absichtlich abweicht, steht er unter Stress (es sei denn, er ist ein Psychopath). Diesen Zustand verrät er auf mannigfaltige Weise. Der Stress kann aber auch von ganz anderen Zusammenhängen herrühren. Das wissen wir nicht. Wir können nur beobachten und interpretieren.

Der schlaue Lügner verpackt seine Halbwahrheit in einen emotionalen Inhalt. Er weiß, dass er beim Aussprechen der Lüge, sehr aufgeregt sein wird. Also fügt er diesen Teil der Erzählung in einen Handlungsstrang, der mit einer nachvollziehbaren Erregung verbunden ist.

Mein frisch verliebter Don Juan plauderte einst beim Abendessen mit leuchtenden Augen von seiner neuen Flamme. Damit seine offensichtliche Begeisterung meinen Argwohn nicht erregt, strahlte er vor Freude über die geschäftlichen Vorteile, die sein Kontakt mit der Frau noch mit sich bringen würden. Vorteilhaft war vor allem die vom Ehemann getrennt geführte Dienstwohnung, wo man sich treffen konnte.

Ob ich die Flöhe husten hörte? Das kann man sich zu Recht fragen. Und leider bleibt die Frage oft unbeantwortet im Raum stehen. Selten ergibt sich eine Aufklärung wie in diesem Fall: Mit dem Begehr, mein Einverständnis für sein Techtelmechtel zu erhalten, endete kurz darauf unsere Liaison.

Bei der Analyse des Gesprächsverlaufs fiel mir später auf, dass er von vier neuen Geschäftspartnern sprach und ausgerechnet bei der Frau den Vornamen weggelassen hatte. Als ich ihn danach fragte, wurde er ärgerlich und fing an, völlig unnötig über etwas Nebensächliches herumzustreiten.

Wenn wohl überlegte Fragen den Lügner in Bedrängnis bringen, ist es sehr praktisch, den Ärger über die Unzulänglichkeit der Story auf den Belogenen abzuwälzen. Gerade Frauen – zumindest in meiner Generation – neigen allzu schnell dazu, der Wut ihres Partners aus dem Weg gehen zu wollen und sind dann lieber still.

Sie sehen: Schwindeln für Einsteiger hat Risiken und Nebenwirkungen. Schauen wir doch mal, wie die Spitzenkräfte in dieser Disziplin das machen. Sie lügen nicht nur ab und zu, sondern ständig. Daher brauchen sie eine ganz andere Taktik. Das Aussprechen der Unwahrheit entwickelt einen reflexhaften Zug.

Mit großer Verblüffung habe ich so etwas einmal bei einer Kollegin in Echtzeit miterlebt. Sie hat völlig ohne Not einen Kunden angelogen. Der Sachverhalt war eindeutig, und ich selbst war Zeuge der wahren Begebenheit gewesen. Also sprach ich sie darauf an, als wir wieder alleine waren. Sie gab unumwunden zu, dass sie gelogen hatten, konnte aber gar nicht sagen, warum. Später habe ich von ihr erfahren, dass sie sich in einem privaten Zusammenhang seit Jahren gezwungen sah, die Wahrheit in ihrem engsten Umfeld zu verbiegen. Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass sie es einfach gewohnt war, den Menschen direkt ins Gesicht zu lügen. Sie tat es nicht mit einer bestimmten Absicht, sondern aus Reflex.

Mit der Zeit kann man sich mitunter sogar selbst einreden, die „alternative Wirklichkeit“ sei objektive Wahrheit. Nach einigen Jahrzehnten mit einer Lebenslüge übertüncht dieses Märchen sozusagen die Realität. Und doch bleibt untergründig immer ein leises Störgefühl, wie ein Instrument, das nur ganz leicht verstimmt ist. Knapp daneben eingestimmt, stört es die Harmonie des Klangs.

Ganz anders wirkt die hohe Kunst der Unaufrichtigkeit: Ich nenne es „die 180-Grad-Lüge“. In einem Comic über den professionellen Umgang mit der Unwahrheit heißt es sinngemäß, man solle nicht ein bisschen schwindeln, das fällt eher auf. Nein, man solle dem anderen so richtig „die Hucke voll lügen“.

Klingt das widersinnig für Sie und deshalb riskant? Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass es exakt widersinnig ist, geht die Lüge durch wie ein warmes Messer durch weiche Butter. Wie kann das sein?

Unser Gehirn erkennt Sachverhalte eher als richtig, wenn sie um 180 Grad verdreht sind, als wenn man nur knapp an der Wahrheit vorbei gezielt hat. Ich vermute, das hängt mit unseren Sehgewohnheiten zusammen. Vielleicht haben Sie aus dem Biologie-Unterricht in Erinnerung, dass der Sehvorgang im Auge die Außenwelt auf dem Kopf stehend abbildet. Erst im Gehirn wird das Bild automatisch korrigiert.

Ähnlich ist es mit dem Blick in den Spiegel. Wir sehen uns alltäglich seitenverkehrt. Daran sind wir so gewöhnt, dass wir mit der Webcam üben müssen, um die Haarsträhne nicht versehentlich aus der falschen Seite der Stirn streichen zu wollen.

Die genaue Umkehr macht eine Lüge praktisch unsichtbar und setzt unseren angeborenen Instinkt außer Kraft. Deshalb kann unser Unterbewusstsein das pure Gegenteil durchwinken als sei es die ganze Wahrheit.

Dazu habe ich noch ein Beispiel aus dem echten Leben:

Ein Westentaschen-Casanova gab mir einen ungewöhnlichen Kosenamen – eine Abkürzung, die dafür stand, dass es außer mir keine Frau in seinem Leben gab. Im Nachhinein betrachtet war die geschmackloseste 180-Grad-Lüge, die mir je begegnet ist. Niemand zu vor oder später hat mir so demonstrativ die (nicht vorhandene) Exklusivität unserer Paarbeziehung aufs Auge gedrückt. Ich bekam sogar eine Kaffeetasse mit dem Es-kann-nur-eine-geben-Aufdruck geschenkt.

Was mir bei allen Fremdgängern aufgefallen ist, war ihre übertriebene Eifersucht. Der eine konnte nicht ertragen, dass ich regelmäßig in meine Heimatstadt fuhr, der andere wollte mir Kleidungsstücke verbieten, die meine Figur betonten (ich bin ein klassischer Stiltyp und neige ohnehin nicht zum Catsuit), der dritte war nach mehr als 10 Jahren noch tödlich beleidigt, dass seine Frau ihn betrogen hatte – mit meinem Wissen von heute würde ich sagen, sie hat sich möglicherweise revanchiert.

Woher kam der unangebrachte Argwohn mir gegenüber? Nun ja, die Herren wussten aus eigenem Erleben, dass Betrug alltäglich sein kann. Kein Wunder, fürchteten sie sich davor, eines Tages selbst hintergangen zu werden. Je nach Weltbild könnte man das als ausgleichende Gerechtigkeit empfinden oder als Entlastung für ihre Taten werten.

Gleichzeitig kann es sich um Projektion, man könnte auch sagen, um eine 180-Grad-Unterstellung handeln: Ich gehe fremd und unterstelle stattdessen dir das Fremdgehen. In der Psychologensprache nennt man das eine Opfer-Täter-Umkehr. Dieser Trick ist sehr beliebt, vor allem bei Menschen, die sich ihren eigenen Schattenanteilen nicht stellen wollen.

Kommen wir noch mal auf die Vorzüge der 180-Grad-Lügen zu sprechen: Während man sich bei kleinen Vergehen an die Schnittstellen zwischen Wahrheit und Lüge präzise erinnern muss, ist beim Hucke-voll-Lügen alles erlaubt, je absurder desto besser.

Ohne diese Person als Vorbild nehmen zu wollen, geschweige denn mit seinen politischen Zielen in irgendeiner Weise übereinzustimmen, zitiere ich hier den Propagandisten Joseph Goebbels: „Je größer die Lüge desto mehr laufen hinterher.“

Nehmen wir an, Sie wollten jemanden vergiften. Würden Sie sagen: „Liebling, das ist Arsen, aber ich habe Dir eine unbedenkliche Menge zusammengerührt.“ Oder: „Mit diesem Gewürz wird Dein Mittagsessen verfeinert?“ Nein, das würden Sie nicht.

Stattdessen würden Sie eine 180-Grad-Wende hinlegen mit der Behauptung: „Das ist ein sicheres und gut verträgliches Magenmittel, davon gehen Deine Verdauungsbeschwerden weg.“ Und falls mit den ersten Dosen Übelkeit, Brechreiz und Durchfall auftreten? Dann sprechen Sie einfach von einer Heilkrise oder von einer Erstverschlimmerung. Oder Sie behaupten rotzfrech „Daran merkt man, dass es wirkt. Du brauchst noch mehr davon.“

Haben Sie den Trick verstanden?

Die Geschichte ist voll von 180-Grad-Lügen. „Niemand hat die Absicht…“ ist ein Paradebeispiel aus der deutschen Historie. „Unsere Renten sind sicher“, „Es wird keine Kürzungen der Sozialleistungen geben“, und so weiter und so fort.

Sie müssen nicht lange suchen, um jederzeit und überall solche Kehrtwenden aufzuspüren. Spricht man sie an, wird sich ohrenbetäubendes Getöse erheben, ob der Unverfrorenheit, jemanden an sein Versprechen zu erinnern. Wie können Sie es wagen?!

Meine Beobachtung der letzten Monate führt mich zu der Annahme, dass es in vielen Fällen wahrscheinlicher ist, von einer 180-Grad-Lüge auszugehen als von einer ehrlichen Aussage.

Prüfen Sie im Zweifel den Wahrheitsgehalt von gesprochenen Worten anhand ihrer praktischen Umsetzung. Einige Behauptungen haben eine erstaunlich kurze Halbwertszeit.

Wir fallen zuweilen unsanft aus dem Spiegeluniversum zurück in die Realität, nachdem jemand bekommen hat, was er von uns wollte. Das kann eine Einwilligung sein, ein Vertragsabschluss, ein Ehering oder das Kreuz auf einem Wahlzettel.

Seien Sie sich dessen bewusst, dass Ihr brillanter Verstand an den dreistesten Lügen vorbei schielt und sie im 180-Grad-Winkel automatisch korrigiert. Finden Sie die leisen Misstöne zwischen all den Geschichten, die man Ihnen auftischt, und hören Sie auf Ihren Bauch, wenn Ihr hauseigener Alarm Warnsignale gibt.

Text: Petra Weiß
Foto: knipseline / PIXELIO

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr erstes eigenes Buch SO BIN ICH ECHT erscheint im ersten Quartal 2022 im Hardcover.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

Wenn die Fackeln der Freiheit verglühen

Social Engeneering ist eine präzise Wissenschaft. Wer das Denken und Handeln einer Gesellschaft lenken will, braucht psychologisches Fachwissen, Intelligenz und Langmut. Ziele werden über Jahrzehnte hinweg in mehrstufigen Maßnahmen verfolgt. In Stufe 1 kann man als Außenstehender nicht ahnen, worauf das Ganze hinauslaufen wird. Und in Stufe 2 fällt einem vielleicht gar nicht auf, dass es irgendeinen Zusammenhang mit den Ereignissen der Stufe 1 geben könnte. Erst rückblickend entlarvt sich ein Muster, wenn das eigentliche Ziel sichtbar wird.

In diesem Beitrag verknüpfe ich ein paar lose Fäden ohne Anspruch auf „DIE Wahrheit“ und lasse Sie an meinen Gedanken teilhaben.

Öffentliche Meinung am Beispiel des Rauchens

Es geht exemplarisch um das Rauchen. Meine persönliche Erfahrung ist, dass es abhängig macht. Und dass man als Raucher ständig in der Angst lebt, sich selbstverschuldet die Gesundheit zur ruinieren. Vor mehr als 20 Jahren habe ich die Gewohnheit nach vielen Anläufen endlich an den Nagel gehängt. Anlass war meine nächtliche Einlieferung ins Krankenhaus mit heftigen Schmerzen in der Brust. Ich dachte, ich hätte einen Herzinfarkt. Dieses Schockerlebnis brachte mich von meiner Nikotinsucht ab. Wie sich später herausstellte, war eine Rippenfellentzündung die Ursache des Übels. Trotzdem blieb ich dauerhaft von meinem Verlangen nach dem Glimmstängel kuriert.

Um sich aus einer Sucht zu lösen, brauchen Menschen eine große Portion Willenskraft. Ihre innere Überzeugung muss stark genug sein, um die körperliche Begierde und die psychische Abhängigkeit von dem Mittel so lange zu unterdrücken, bis beides überwunden ist. So ging es auch mir. Mein vorrangiges Ziel war es, mich aus der Abhängigkeit zu lösen. Die Sucht an sich, also die Tatsache, dass ich das Rauchen nicht ohne weiteres willentlich seinlassen konnte, war mein Hauptproblem. Um den Entzug durchzuhalten, musste ich mir bewusst machen, dass die tägliche Rauchvergiftung meinem Körper schadet. Als zusätzlichen Anreiz gönnte ich mir für das gesparte Geld eine besonders edle Uhr, die ich mir sonst nicht gekauft hätte. Die öffentliche Kampagne zur Gesundheitsgefährdung durch Zigaretten erleichterte es mir, meine Haltung gegenüber den „Sargnägeln“ zu festigen.

Das Unterbewusstsein ausrichten

Das Bewusstsein über die Schädlichkeit des Rauchens führte dazu, dass ich Rauch in meiner Umgebung gar nicht mehr ertragen konnte, obwohl ich mich sehr bemühte, tolerant zu sein. Immerhin waren einige meiner Freunde Raucher und ich wollte die mir liebgewonnen Menschen nicht verprellen. Zu Recht sagt man „Ehemalige Raucher sind die schlimmsten Nichtraucher“. Dahinter steckt eine nachvollziehbare Logik: Mein Unterbewusstsein musste darauf ausgerichtet werden, Rauchen als große Gefährdung einzustufen, damit ich selbst davon lassen konnte. Berichte in den Medien über die Bedrohung durch Passivrauchen unterstützten die Abneigung und gaben ihr einen vernünftigen Grund.

Aus meiner bequemen Position als Nichtraucherin konnte ich beobachten, wie Raucher immer weiter ins Abseits gedrängt wurden. Plötzlich waren sie „Gefährder“ der Gesundheit anderer. Man durfte nicht zulassen, dass sie sich frei entscheiden, was sie für oder gegen sich selbst tun. Ihr Tun wurde in einen gesellschaftlichen Zusammenhang gebracht. Sie waren eine Zumutung für die Gemeinschaft und eine unnötige Belastung für das Gesundheitssystem.

Natürlich war ich froh, dass der Rauch aus den Diskos und Kneipen verschwand. Sogar im Biergarten störte es mich, wenn am Nebentisch geraucht wurde. Anderen die Luft zu verpesten gehörte sich einfach nicht. Der Schritt war nicht mehr weit, den Nikotinkonsum als dumm und/oder asozial einzustufen. Mit Unverständnis oder Verachtung schauten Nichtraucher auf Raucher. Eine Spaltung ist die Folge.

Erinnert Sie das an etwas?

Die Datenlage zum Rauchen ist gar nicht so eindeutig wie uns die landläufige Meinung glauben macht. In einer großangelegten Studie an rund 20.000 Britischen Krankenschwestern stellte sich heraus, dass bei maximal 5 Zigaretten am Tag keinerlei Gesundheitsrisiko gegenüber einem Nichtraucher erhöht ist – weder für Krebs noch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere Beschwerden. Wundern Sie sich, dass Sie von diesen Forschungsergebnissen noch nichts gehört haben? Die Analyse ist schon viele Jahre alt und nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen.

Auch hat sich gezeigt, dass nur ein winziger Teil der Raucher an Lungenkrebs erkrankt. Sie dürfen selbst recherchieren, wenn Sie die genauen Zahlen wissen wollen. Ziehen Sie keine vorschnellen Schlüsse aus eindimensionalen Auswertungen. Vergleichen Sie den Anteil der Todesursache Lungenkrebs bei Rauchern mit denen von Nichtrauchern in Hinblick auf alle Todesursachen. Sie werden erstaunt sein.

Sozialpsychologie

Meine Absicht ist nicht, Ihnen medizinisches Fachwissen zu vermitteln, sondern psychologische Zusammenhänge zu beleuchten. Das Nervengift Nikotin hat eine aus meiner Warte bemerkenswerte Wirkung: Es vermindert Ängste. Davon haben Sie vermutlich auch noch nichts gehört. Wenn jemand unter den Folgen von Trauma leidet oder sich in einer beängstigenden Lebenslage befindet, dient das Rauchen seiner emotionalen Regulation. Natürlich gibt es gesündere Möglichkeiten, mit Ängsten umzugehen, aber unsere Medienlandschaft, die das Rauchen so verurteilt, schürt gleichzeitig jede erdenkliche Angst durch Dauerbeschallung. Das erscheint mir widersprüchlich.

Ebenso wundere ich mich, warum so vieles ungesund ist und ausgerechnet beim Rauchen werden wir in aggressiver Art mit verstörenden Bildern und beängstigenden Worten penetrant darauf hingewiesen. Sonderbar. Der variantenreich geförderte Gesundheitsfanatismus wird in vielfältiger Weise unterstützt, aber beim Rauchen ist das Maß schon außergewöhnlich.

Verfehlter Zweck?

Neulich las ich in der Werbung an der Zapfsäule sinngemäß „Rauchen ist tödlich“ und „Rauchen stört die Fruchtbarkeit“ auf den abgebildeten Zigaretten-Packungen. Klar, auf den Päckchen müssen Warnhinweise stehen. Aber: Würde ich als Marketing-Verantwortlicher genau dieses beiden Punkte auswählen, um mein Produkt zu bewerben? Echt jetzt? Mich lies diese „Werbung“ aufmerken. Als ehemalige Marketing-Fachkraft glaube ich nicht an so ein erbärmliches und offensichtliches „Versagen“. Diese Plakate haben sicher einen Zweck. Die Verkaufsunterstützung kann es nicht sein.

Was passiert unbewusst, wenn wir ständig solche Botschaften wahrnehmen? Nichtraucher halten Raucher platt gesprochen für bescheuert, wenn sie trotzdem Kippen kaufen. Raucher halten sich selbst für charakterschwach und fühlen sich schuldig. Gleichzeitig wird ihre Angst geschürt. Was dem Weiterrauchen eine zusätzliche Funktion beschert. So installiert man einen Teufelskreis.

Lügen in Bildern

Die gruseligen Bilder sind übrigens nicht echt. Lungengewebe von Rauchern schaut nicht schwarz aus, wie Pathologen versichern können. Die Fotos wurden retuschiert. Damit sie Eindruck machen. Na, sowas! Wenn derart freimütig gelogen wird, darf man dann auch andere Aussagen in ihrem Wahrheitsgehalt anzweifeln? Da können uns schon mal merkwürdige Fragen in den Sinn kommen:

Wird uns das Rauchen als Sündenbock präsentiert? Werden das Sterben und die Kinderlosigkeit gemäß dem Grundsatz des „Pre-Teaching“ (bewährte PR-Technik) schon mal ins Bewusstsein der Massen geholt? Wenn die Leute durch ganz andere Ursachen sterben, haben wir dann bereits unsere vorgefertigte Meinung, woran sie verblichen sind? Sollen wir suggeriert bekommen, die Unfruchtbarkeit der Menschen sei auf das Rauchen zurückzuführen, und bekommen wir den „Schuldigen“ gleich mitgeliefert?

Natürlich hält solch ein konstruierter Zusammenhang keiner logischen Prüfung stand. Aber Logik spielt bei der Beeinflussung des Unterbewussten keine wesentliche Rolle. Es geht um das Erzeugen von Emotionen und Bildern, die in ganz anderen Gehirnregionen angesiedelt sind. Je größer die Emotion desto entbehrlicher die Logik. So steuert man Menschen, nicht durch vernünftige Argumente. Ich behaupte nichts. Ich frage nur…

Wie alles begann…

Bedeutungsvoll erscheint mir die Rolle des Rauchens als Startpunkt der Massenbeeinflussung in der Welt der Public Relations, oder wie man früher sagte, der Propaganda. Schauen wir zurück ins Jahr 1929.

Ein pfiffiger Mann namens Edward Bernays lockte Journalisten, über ein Ereignis zu berichten, bei dem die „Fackeln der Freiheit entzündet“ würden. Diese Ankündigung machte die Presseleute neugierig. Sie erwarteten mit Spannung, was sich zutragen würde. Das Kommende war schon „geframt“, also mit einer Bedeutung versehen, bevor die Inszenierung begann.

Bernays hatte den Auftrag, der Tabakindustrie neue Käufer zu verschaffen. Damals galt das Rauchen als männliche Beschäftigung. Es war nicht gesellschaftsfähig für Damen. Das änderte sich, nachdem Barnays einige Studentinnen dafür bezahlte, dass sie in der Öffentlichkeit auf Kommando ihre Zigaretten zückten. Die Presse deutete das Geschehen wunschgemäß als Geste der Emanzipation und platzierte so das Rauchen als Akt der Befreiung im öffentlichen Bewusstsein. Durch diesen Trick verdoppelte Bernays die Zielgruppe seiner Auftraggeber mit einem Streich.

Zündung der Stufe 2

Was wir später in der Werbung gesehen haben, holte die Kopplung Rauchen = Freiheit in scheinbar unendlichen Wiederholungsschleifen immer und immer wieder hervor. Wir erinnern uns an Kino-Besuche, als der Cowboy noch die Weite der Prärie mit uns teilte, während er rauchend über die Leinwand ritt. Fünfzig Jahre lang hat man uns mit diesem Image des Rauchens gehirngewaschen. Und plötzlich kam ein Schwenk, ein “Spin” in der Sprache der Public Relations Fachleute, die man daher auch “Spin Doctors” nennt. Auf einmal war Rauchen nicht mehr cool, sondern blöd. Ist die Tabakindustrie zur Besinnung gekommen? Hat der Verbraucherschutz sich endlich durchgesetzt? Glauben Sie das?

Erinnern wir uns an den Dreisatz in der Schule. Welche Logik wird verankert, wenn wir beide Gegebenheiten miteinander betrachten?

Rauchen = Freiheit

Rauchen = tödlich

Freiheit = ???

Genau. Unser Unterbewusstsein hat den Clou schon seit Jahrzehnten als Programmierung erhalten. Ich bin voller Bewunderung für die Schläue der Architekten. Social Engeneering ist keine Eintagsfliege. Man muss wirklich Finesse und Ausdauer beweisen, um die Massen zu bewegen.

Große gesellschaftliche Veränderungen werden nicht dem Zufall überlassen. Sie sind gemacht und von langer Hand vorbereitet. Wollte man die Bevölkerung aus Gründen der Gesundheitsvorsorge vor dem Rauchen schützen, wäre es längst verboten. Es wird noch gebraucht. Und nicht, um Frauen gleiche Rechte einzuräumen wie Männern.

Die Spaltung zwischen Männlein und Weiblein ist ebenfalls gewollt. Eine Gleichberechtigung der Geschlechter gibt es bis heute lediglich in der Theorie. Da muss man sich nur mal die Gehaltsgerechtigkeit ansehen. In Wirklichkeit ging es nie um dieses Ziel. Mit dem entsprechenden politischen Willen wären längst andere Verhältnisse durchzusetzen gewesen. Oder meinen Sie im Ernst, die finanziellen Mittel stünden nicht zur Verfügung?

Es geht offensichtlich um Profit und Konsum. Und gleichzeitig geht es untergründig um Massenpsychologie. Unter anderem wird der römische Grundsatz noch heute von erfolgreichen Staatsoberhäuptern und Führungskräften auf allen Hierarchieebenen beherzigt: “Teile und herrsche!” Zu riskieren, dass ein vereinigtes Volks sich seiner Stärke bewusst werden kann, wäre töricht.

Aufdeckung als Schutz

Die Manipulation zu durchblicken wird eine unserer vordringlichsten Aufgaben für die kommenden Jahre sein, wenn wir uns von der aktuellen Krise erholt haben und nicht wieder in ähnliche Zustände geraten wollen. Wann immer Ihnen manipulative Muster ins Auge fallen, dient das Ihrer Immunität gegenüber der Fremdbestimmung und damit Ihrer freien Selbst-Entfaltung.

Beschäftigen wir uns mit solchen Techniken, um den Strippenziehern im Hintergrund nicht auf den Leim zu gehen. Wie bei einem Taschenspielertrick verliert Manipulation ihre Magie, wenn wir sie entzaubern. Wir werden die Machtgierigen dieser Welt weder im großen politischen Geschehen noch im Alltag davon abhalten, uns steuern zu wollen. Aber wir können ihnen auf die Schliche kommen. Und dann funktioniert der Betrug an unserer Psyche nicht mehr. Vielleicht werden wir uns später freuen, wieder einmal einen kunstvollen Kniff entlarvt zu haben, uns entspannt zurücklehnen und sagen „Nice try, Darling.“

Text: Petra Weiß
Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin und psychologische Beraterin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Sie hat zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht. Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus.

Der Fluch der guten Tat

Essay von Petra Weiß. Lesedauer ~8 Minuten
Rubrik: Manipulative Muster erkennen

Heute kann ich keinen Collageblock mehr kaufen, ohne damit ein gutes Werk zu vollbringen. Reicht es nicht, dass ich für mein Geld karierte Blätter mit Spiralbindung erhalte? Warum muss ich gleichzeitig in Uganda einem Kind eine Stunde Unterricht bezahlen? Was soll das?

Wenn ich ein Hilfsprojekt unterstützen möchte, mache ich das freiwillig. Ich wähle ganz bewusst, welche Hilfe ich wem zukommen lassen will. Und selbstverständlich kann mir das ein bisschen Mühe wert sein. Es darf mir nicht zu viel Aufwand bedeuten, die Nummer eines Spendenkontos in Erfahrung zu bringen und eine Überweisung zu veranlassen.

Für mich grenzt dieses erzwungene Heldentum der automatischen Spende an emotionale Erpressung. Bin ich kein guter Mensch mehr, wenn ich das nächste Mal meinen Spiralblock von einer anderen Marke kaufe, weil dort die Qualität überzeugender ist oder der Preis niedriger oder weil es für mich bequemer ist, ihn in meiner Stadt zu kaufen? Wird jede Entscheidung, die ich in meinem Alltag treffe, jetzt zum Richtmaß darüber, ob ich zu den Guten gehören darf?

Wie emotional beurteile ich mein Handeln, wenn glückliche Kindergesichter in Schuluniform meine Kaufentscheidungen beeinflussen?

Wenn wir schon politische Käufer sein wollen, dann gibt es noch tausend andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Woher stammt das Holz? Welche Transportwege hat das Produkt hinter sich gebracht? Kann ich auch direkt beim Hersteller bestellen? Wer ist der Großhändler und wie fair beschäftigt er seine Mitarbeiter? Welcher Lieferservice bringt die Ware und womit werden die Fahrzeuge betrieben? Wie entsorge ich am Ende die „Überreste“?

Hätte ich lieber einen kleinen Laden in der Innenstadt unterstützen sollen, auch wenn dann Kinder in Uganda kein Schulgeld von mir bekommen? Welche Form der Ausbildung erhalten diese Schüler? Wie ist das Schulsystem in diesem Land aufgebaut? Ist es überhaupt aus meiner Sicht unterstützenswert? Oder vermittelt es in erster Linie Staatspropaganda und hält die Menschen davon ab, selbstständig zu denken und ihr Leben zu gestalten?

Warum gehen wir davon aus, dass unsere wohlmeinende Hilfe für die armen Menschen tatsächlich auch immer ein Segen sein muss?

Die Gegend von Uganda gilt als “Wiege der Menschheit”. Dort entstand laut geltender Lehrmeinung unsere Spezies. Wir Menschen hatten also gerade in Uganda die meiste Zeit, uns zu entwickeln. Bemerkenswert ist, dass erst Mitte des 19. Jahrhunderts in Uganda die Schrift eingeführt wurde. Bevor die britischen Kolonialmächte mit der Ausbeutung des Landes begannen, haben die Ureinwohner ohne das überlebt, was wir als Maß des Fortschritts einer zivilisierten Kultur bewerten. Und zwar am längsten von allen.

Aufgrund der Schriftlosigkeit stufen Geschichtswissenschaftler die Zeit vor 1850 in Uganda als “prähistorisch” ein. Historisch war hingegen das sogenannte “Protektorat” der Briten. Das Wort stammt vom Begriff für Schutz. Besatzer bezeichnen sich seit jeher gerne als Schutzmacht. Der Britische Schutz bestand unter anderem daraus, dass man im Bürgerkrieg mal die eine, mal die andere Seite militärisch unterstützt hat. Gerade so, wie es aus politischen Gründen für die Krone eben passend erschien. Uganda wurde zum Spielball von Machtansprüchen der Franzosen und Deutschen, was dazu führte, dass während der Auseinandersetzungen lauter fremdartige Erreger in das Land eingeschleppt wurden, die in der Folge von Krieg und Hunger zu katastrophalen Epidemien geführt haben. Und dann kam die Gnade abendländischer Medizin über sie.

Wie mittlerweile bekannt geworden ist, führen westliche Wissenschaftler auf dem afrikanischen Kontinent schon seit langem Menschenversuche zu medizinischen Zwecken durch. Wer sich einmal so richtig gruseln möchte, googel die Suchbegriffe “Robert Koch”, “Menschenversuche” und “Afrika” und findet einen gewissenhaft recherchierten Beitrag vom Deutschlandfunk.

Und nun erheben wir uns, diesem Land unsere Art von Bildung und Kultur beibringen zu wollen – inklusive Schuluniform! Wer glauben wir eigentlich, dass wir sind?

Natürlich läge es in der Verantwortung der Wirtschaftseliten, den durch ihre Vorfahren verursachten Schaden wieder gut zu machen, zumindest den materiellen. Glauben Sie ernsthaft, es fehle an Geld? Wenn mein kleiner Beitrag aus dem 2,99 Euro Block eine Schulstunde ermöglicht, könnte man das ganze Land alphabetisieren aus der Portokasse jedes europäischen Verteidigungsministeriums. Doch wer hätte Interesse daran, die ehemaligen Sklaven aus der Abhängigkeit zu entlassen und ihnen fortan auf Augenhöhe zu begegnen? Mich würde sehr interessieren, wie die Kolonialzeit in den vom Westen gesponserten Geschichtsbüchern dargestellt  wird.

Was mich wirklich anwidert ist, dass diese Menschen weiterhin benutzt werden. Und die selbsternannten Helden fühlen sich dabei nicht einmal schlecht. Im Gegenteil: Jeder darf zum Retter werden, wenn er einen Schreibblock kauft. Menschen aus Uganda werden als Sympathiebringer für absatzfördernde Maßnahmen missbraucht.

Wer Näheres über die beteiligte Hilfsorganisation wissen will, gelangt über den QR-Code auf eine Website, die dadurch Klicks generiert und zu weiteren Spenden aufruft.

Angesichts der sich häufenden Skandale bei gemeinnützigen Einrichtungen möchte ich mir erst recht selbst aussuchen dürfen, wohin mein Geld im Namen der Wohltätigkeit fließt. Ich empfinde es als übergriffig, dass Werbe-Strategen entscheiden, ob ich mit dem Erwerb meiner Büromaterialien etwas Gutes tun muss und in welche Kanäle meine Spende gelangt.

Sexuellen Missbrauch, wie er gerade in einem überwältigenden Ausmaß bei Hilfsorganisationen wie Oxfam, SOS Kinderdörfer und der WHO ans Tageslicht kommt, will ich sicher nicht unterstützen. Mein Einkommen stammt zum Teil von Opfern sexuellen Missbrauchs, die in meiner traumatherapeutischen Sprechstunde Hilfe suchen. Soll ich ihre Geschichten auf einen Block schreiben, mit dessen Erwerb ich womöglich unabsichtlich institutionellen Missbrauch gefördert habe?

Ich behaupte nicht, dass die Hilfsorganisation, welche das Schulprojekt in Uganda finanziert, in irgendwelche Machenschaften verwickelt ist, aber überprüfen kann ich das nicht.

Meine Wut richtet sich gegen die peinlich platte Marketing-Maßnahme, die was mich betrifft komplett nach hinten losgeht. Von dieser Marke werde ich nie wieder einen Block kaufen.

Wenn es dem Hersteller wichtig ist, etwas zu spenden, soll er das tun. Das kann man auch, ohne sich dafür im Rampenlicht der Öffentlichkeit beklatschen zu lassen. Humanitäre Hilfe, die von Herzen kommt, ist ein Akt der Menschlichkeit und Nächstenliebe – keine imageträchtige Werbe-Kampagne.

Bitte seien Sie achtsam, wenn Sie durch solche Manipulationsversuche an eine Marke oder an ein Produkt gebunden werden sollen. Sie dürfen einen Block auch einfach kaufen, weil Sie einen Block brauchen. Dadurch sind Sie kein schlechter Mensch.

Wenn Sie anderen helfen wollen, ist das eine natürliche Regung. Ihr nachzukommen, dient Ihnen und der Menschheit. Sie finden bestimmt persönlichere Möglichkeiten der Unterstützung. Fragen Sie Ihre Nachbarn, ob Sie beim Einkauf helfen können, oder Ihre Kollegin, ob sie ihr aus der Kaffeeküche etwas mitbringen sollen. Etablieren Sie lieber eine aufrichtige Kultur des Helfens in Ihrem direkten Umfeld als gnädig ein paar Groschen nebenbei in ein Schwellenland zu werfen, wenn es gerade keine Mühe kostet. Das ist unwürdig. 

Falls Sie eine gemeinnützige Einrichtung fördern wollen, ist es Ihre Verantwortung, sich ganz genau zu erkundigen, wofür Ihr Geld ausgegeben wird. Nur dann dient Ihre Spende den anderen. Wieso sage ich das so? Weil Ihre Spende auch in erster Linie Ihnen selbst dienen kann, und zwar um sich von einem schlechten Gewissen freizukaufen, weil es Ihnen materiell besser geht als anderen – sie ist dann so eine Art Ablasszahlung. Damit wird sehr viel Geld verdient.

Spüren Sie in sich hinein, worin der Zweck Ihrer Spende tatsächlich besteht. Was ändert sie in Ihnen? Sind Ihre Schuldgefühle erst mal besänftigt, bis das nächste Kindergesicht Sie traurig aus einem Hochglanzprospekt anschaut? Mitgefühl zu haben ist menschlich. Mit Ihrem Mitleid wird aber spekuliert. Es wird benutzt, um Ihnen Geld zu entlocken. Das ist auch eine Form von Missbrauch, nämlich Missbrauch Ihrer gesunden menschlichen Regungen.

Noch einen Aspekt solcher Aktionen möchte ich beleuchten: Ihr Blick wird gelenkt, und zwar (aus Sicht des materiellen Wohlstands) von oben nach unten. Sie schauen auf ärmere Menschen und schämen sich für Ihr materielles Wohlergehen. Ihr natürlicher Wunsch nach Gerechtigkeit veranlasst Sie zum Spenden. Wäre es nicht angemessen, mindestens genauso aufmerksam ab und zu in die andere Richtung zu blicken?

Ist Ihnen bewusst, dass 1 % der Menschen über 80 % des weltweiten Vermögens verfügt. Erhalten wir von diesen Eliten Spenden? Oder erbringen wir ganz im Gegenteil unsere Lebensleistung, um ihren Reichtum ins Unermessliche zu steigern?

Und wie sehen die ach so gütigen Spenden der selbsternannten Heilsbringer aus der Riege der Multimillionäre für Afrika tatsächlich aus? Der oberflächliche Blick reicht hier nicht, um die Situation beurteilen zu können. Statt in die Tiefe zu gehen, und uns des Ausmaßes der globalen Ungerechtigkeit bewusst zu werden, lindern wir nur rasch unser schlechtes Gewissen und schauen lieber woanders hin. Verständlich. Aber nicht hilfreich. 

Wir müssen uns nicht missbrauchen lassen für anderer Leute Bedürfnisse.

Wenn es ganz klar MEIN Bedürfnis ist, etwas zu spenden, weil ICH dann ein gutes Gefühl habe, und mir das BEWUSST ist, kann ich das auch machen, ohne mich um die Hintergründe zu kümmern. Alles andere ist Selbstbetrug.

Warum betrügen wir uns, indem wir (uns selbst und anderen gegenüber) den Eindruck erwecken, wir seien die Retter des Planeten? Warum ist es uns nicht genug, in unserer kleinen Welt etwas zu bewirken? Wieso ziehen wir das unpersönliche Helfen in der Fremde dem direkten Kontakt von Mensch zu Mensch vor?

Aus meiner Warte sind das Auswirkungen eines systematisch untergrabenen Selbstwertgefühls. Von klein auf wird uns eingebläut, wir müssten mehr sein als wir sind. Ich stimme aus eigenem Erleben und aus den Erfahrungen meiner Patientinnen dem Hirnforscher Gerald Hüther zu, der beklagt, dass unser Schulsystem die kindliche Freude am Lernen behindert. Und ich pflichte dem Pädagogen und Philosophen Gunnar Kaiser bei, der sich aus dem Schulsystem zurückgezogen hat, weil die Schule ein Ort der Unterdrückung freier Entfaltung von heranwachsenden Menschen ist. Ich würde gerne glauben, dass das in Uganda anders ist als hierzulande. Zuversichtlich bin ich da leider nicht. 

Text: Petra Weiß
Foto: Dietrich Schneider / pixelio.de

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin und psychologische Beraterin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Sie hat zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht. Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus.

Werkzeuge zur Bewusstwerdung

Essay. Lesedauer ~26 Minuten
Rubrik: Manipulative Muster erkennen

Niemand kann Ihnen sagen, wer Sie sind. Sie werden es selbst herausfinden, und zwar auf Ihre eigene Art und Weise. Wie wir alle wissen, führen viele Wege nach Rom. Es gibt nicht nur den einen Pfad der Selbsterkenntnis. Nur Sektenführer oder Gurus behaupten, als einzige den Stein der Weisen zu besitzen. In solche Hände will man nicht gelangen.

In unsicheren Zeiten blühen überall neue Glaubensrichtungen auf, was grundsätzlich in Ordnung ist. Einige davon geben sich allerdings als etwas anderes aus, zum Beispiel als politische Gruppierungen.

Vor Menschen, die ihre Beweggründe und Absichten verschleiern, dürfen Sie sich zu Recht in Acht nehmen. Ihre angemessene Wachsamkeit lässt Sie vielleicht auch aufhorchen, wenn Ihnen gute Möglichkeiten begegnen. Hier ist es wichtig, eine gesunde Vorsicht walten zu lassen, ohne jedoch hinter allem und jedem etwas Böses zu vermuten. Der innere Kompass, mit dem wir von Geburt an gesegnet sind, wird durch Manipulation verwirrt und unser natürliches Empfinden geht dabei manchmal verloren.

Sind Sie auf Ihrem Weg der Selbsterkenntnis schon einmal auf anscheinend zwielichtige Hilfsmittel gestoßen? Wurden Sie für Ihre Versuche, sich und die anderen besser zu verstehen, verlacht? Hat man Sie mit unheilschwangerer Stimme davor gewarnt, sich auf eine bestimmte Methode einzulassen?

Solche Einmischungen in Ihre inneren Angelegenheiten geschehen manchmal offen, häufiger aber in Andeutungen, die wesentlich schwieriger zu klären sind. Sie entfalten ihre Wirkung. Schlimmstenfalls werden Sie davon abgehalten, Ihren ganz persönlichen Weg der Bewusstwerdung beherzt weiter zu beschreiten. Wer will sich schon lächerlich machen oder auf Abwege geraten?! Wie beurteilen Sie, was Ihnen dienlich sein könnte und wodurch Sie Schaden erleiden?

Kostbare Hilfsmittel unter Beschuss

Als ich die Homöopathie für mich entdeckt habe, sah ich in ihr eine von vielen naturheilkundlichen Heilweisen. Dank einer Einzelmittelbehandlung durch einen erfahrenen Arzt habe ich Heilung auf verschiedenen Ebenen erleben dürfen. Mich faszinierte die Wirkung der süßen Kügelchen. Mit Begeisterung vertiefte ich mich in ihren reichen Wissensschatz. Später erschien es mir folgerichtig, mich in Homöopathie ausbilden zu lassen und das Verfahren als einen wesentlichen Mosaikstein in meine heilpraktische Arbeit einzufügen.

Heute schätze ich die Homöopathie als medizinische Unterstützung ebenso wie als Entwicklungshelfer auf dem Weg der Selbsterkenntnis. Betrachtet man die Gemütssymptome der Arzneimittelbilder und die Ausführungen der konstitutionellen Homöopathie mit Blick auf die tiefen Beweggründe und wiederkehrenden Handlungsmuster, zeichnen sie vielschichtige und schlüssige Charakterstudien. Auf mich wirkt so eine Beschreibung spannender als jeder Krimi. Beim Lesen erscheinen Menschen vor meinem geistigen Auge, die zu dem Mittel passen könnten. Ich erinnere mich an Begebenheiten, in denen solche Züge bei ihnen zum Vorschein kamen. Jedes neue Arzneimittel, mit dem ich mich befasse, jeder überraschende Blickwinkel auf ein bekanntes Mittel ist für mich wie eine Reise durch den bunten Tiergarten des Menschseins. Meine Erlebnisse mit den Erkenntnissen der Homöopathie zu verbinden, gibt meinen Erfahrungen einen sinnvollen Rahmen.

Je länger ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass die Homöopathie nicht nur im Kreuzfeuer der Kritik steht, weil sie so eine wirkungsvolle Heilweise ist. In ihr liegt ein Schlüssel zur Selbsterkenntnis und damit zur Selbstliebe und Selbstverwirklichung. Das Bewusstwerden der Menschen über ihr Selbst, das Entwickeln von Selbst-Bewusstsein im wörtlichen Sinne, wird unterdrückt.

Die Taktik der Unterdrückung

Das Muster habe ich erst erkannt, als ich begann, mich eingehender mit Astrologie zu beschäftigen. Über die 4 Elemente Medizin und die Mondhomöopathie hatte ich mich langsam und zögerlich für die Sternenkunde geöffnet. Ein paar Jahre vorher, wäre das undenkbar gewesen. Die Verleumdungskampagne zur Astrologie hatte bei mir üppige Früchte getragen. Ich schaute mitleidig auf Leute, die ihr Horoskop in der Zeitung lasen und daraus etwas für sich ableiten wollten. „Jaja: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist…“ spottete ich. Ich hatte keine Ahnung, dass wir mit der „Vulgär-Astrologie“ einen armseligen Abklatsch der astrologischen Möglichkeiten gezeigt bekommen, damit wir die Aussagen als unzutreffend oder allgemeingültig abtun können und die Idee, uns mit dem „Aberglauben“ näher befassen zu wollen, von vorn herein verwerfen.

Es gibt etwas Vergleichbares in der Homöopathie: Diese ausgeklügelte Heilkunst wird ebenfalls im Niveau für die breite Masse soweit gesenkt, dass sie im Glücksfall hilft, oft gar nichts bringt und manchmal sogar schadet. Samuel Hahnemann hat die eher grobstofflichen D-Potenzen nicht entwickelt. Gegen Ende seines Schaffens hat er im Gegenteil die Ausgangsstoffe noch feiner verrieben und höher potenziert. Und nur in wenigen Ausnahmefällen hätte er standardmäßig 3×5 Kügelchen für ein bestimmtes Malheur eingeworfen – ohne Ansehen der Person!

Ungeschulte Laien, die ihr Wissen aus dem Internet und aus Patientenratgebern beziehen, sind in der Regel nur oberflächlich informiert. Sie können beispielsweise nicht unterscheiden, ob sie gerade eine Erstverschlimmerung erleben, die für das Mittel spricht, oder ob die Arznei falsch gewählt war. Manche haben ein Händchen für Homöopathie und erreichen trotzdem Beachtliches.

Die anderen wenden sich enttäuscht ab: „Hab ich probiert, nützt bei mir nix.“ Dabei hätten sie vielleicht nur eine andere Potenz gebraucht oder eine weiter Gabe. Oder sie hätten stattdessen früher mit der Behandlung aufhören sollen, um die erzielte Wirkung aufrecht zu erhalten. Wenn man Homöopathika zu lange einnimmt, löst man mitunter genau die Symptome aus, die man eigentlich loswerden will. Wissen, Erfahrung und Geduld sind vonnöten. Mit „Vulgär-Homöopathie“ kann man vielleicht ein wehes Knie bei der Heilung unterstützen, aber wohl kaum einer ernsthaften Erkrankung zuleiberücken. Das sagt man den Leuten aber nicht. Man tut einfach so, als seien 3×5 Globuli Arnika D6 das Beste, was die Homöopathie zu bieten hat. Das ist „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist…“ auf Homöopathisch.

So hält man die Menschen wirksam davon ab, sich eine Betrachtungsweise anzueignen, die sie auf ihrem Weg zu sich selbst hilfreich begleiten könnte.

Der lange Kampf ums Überleben

Hahnemann wurde schon zu Lebzeiten (1755-1843) bekämpft, und zwar von Medizinern, die damals viele Methoden anwandten, die man heute als Naturheilkunde bezeichnen würde, oder die aus der Therapie verschwunden sind, weil sie mehr Schaden anrichten als Heil. 230 Jahre nach seinem erkenntnisreichen Selbstversuch mit Chinarinde sind seine Mittel immer noch im Einsatz.

Die Astrologie versucht man noch weit länger zu unterdrücken – mit fraglichem Ergebnis. Man hat es nicht geschafft, sie den Menschen ganz vorzuenthalten. Aber man baut genug Barrieren ein, damit sich die Selbsterkenntnis dem Durchschnittsbürger (falls es so etwas gibt) nicht allzu sehr aufdrängt.

Einst war es vollkommen normal, dass Staatsleute sich astrologischer Auswertungen bedienten, wenn sie wissen wollten, wann ein guter Zeitpunkt für einen Krieg oder für eine Vermählung unter Königshäusern war. Es würde mich nicht im Geringsten wundern, wenn unsere Herrscher nach wie vor dieses bewährte Hilfsmittel für ihre Entscheidungen einsetzten, auch wenn man davon in der Zeitung nichts liest. Ich kenne Unternehmer, die bedeutsame Termine für ihre Firma nach astrologischen Gesichtspunkten planen. Davon finden Sie sicher nichts auf deren Internet-Seiten. Das passt nicht ins Image. Gemacht wird es trotzdem.

Wissenschaft und Forschung haben die Astrologie erst belächelt, dann bekämpft und am Ende verdrängt. Wussten Sie, dass die Kunst der Sternendeutung an Deutschen Universitäten gelehrt wurde? Zuletzt 1835 in Erlangen. Dann verbannte man sie aus der akademischen Bildung und verweigerte ihr die wissenschaftliche Anerkennung. So wie man es auch mit der Homöopathie versucht, allen wissenschaftlichen Studien zum Trotz.

Aus der Massenpsychologie weiß man, dass Lügen sich in den Köpfen der Menschen festsetzen, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Daher wird mantraartig immer und immer wieder gesagt, die Wirkung homöopathischer Arzneien sei nicht erwiesen. Die Behauptung ist schlicht falsch, gewinnt aber an Glaubwürdigkeit durch ihre unermüdliche Wiederholung.

Es gibt tausende von Fachgebieten. Wenige erleben so einen auf Vernichtung ausgerichteten Kampf. Warum ist es so schlimm, wenn sich jemand mit Homöopathie oder Astrologie befassen will? Und für wen?

Gute Absichten – und was danach ausschaut

In verschiedenen Bereichen konnte man im Laufe der Geschichte beobachten, wie viel versprechende Ansätze, die der Menschheit dazu dienen könnten, ihr Bewusstsein weiter zu entwickeln, erst von außen und dann von innen heraus beschädigt oder zerstört worden sind.

Ursprünglich in guter Absicht gegründete Vereinigungen werden unterwandert, gekapert und ihre Leitfiguren legen dann Bestimmungen fest, die vorgeben, der Sache zu dienen, doch ihr tatsächlich schaden. Ich bin besonders aufmerksam, wenn ein Schild mit den Worten „Sicherheit“ oder „Schutz“ hochgehalten wird. Langwierige und sündhaft teure Fortbildungen werden „zum Schutz der Verbraucher“ eingerichtet. Die Prüfungen sind „aus Gründen der Qualitätssicherung“ lebensfern, von Willkür geprägt oder unsinnig schwer.

Wichtige Hinweise auf das Selbst sendet der Leib in Form von Erkrankungen. Wenn wir uns von unserem Selbst entfernen, geht es uns nicht gut. Daher kann es sehr erhellend sein, sich mit seinem eigenen Körper auseinanderzusetzen und eine Sinnhaftigkeit in den Beschwerden zu finden, besonders, wenn sie chronisch geworden sind. Dann steht zu vermuten, dass etwas in der Tiefe gelöst werden will. Ganzheitsmedizinische Ärzte und Heilpraktiker unterstützen ihre Patienten dabei.

Ärzte, die sich alternativen Heil- und Betrachtungsweisen zuwenden, erleben aus ihrem Kollegium – freundlich formuliert – nicht immer Zuspruch und Verständnis. Heilpraktiker werden offen angegriffen und diskreditiert. Wenn sich Hintergründe einer gesellschaftlichen Erscheinung nicht spontan erschließen, lohnt sich manchmal ein Blick in die Geschichte:

Warum fallen 80 % der Heilpraktiker-Anwärter bei der Prüfung durch? Sind sie einfach nur zu dumm, schlecht vorbereitet oder neigen sie zur hemmungslosen Selbstüberschätzung, sich zu der Prüfung anzumelden ohne das erforderliche Wissen? Was meinen Sie? Dient die hohe Durchfallquote dem Schutz der “Volksgesundheit”, wie es im Heilpraktikergesetz genannt wird? Oder sind da vielleicht noch ganz andere Interessen im Spiel?

Jeder Anwärter lernt die Paragraphen des Heilpraktikergesetzes auswendig, damit er vor dem Amtsarzt aufsagen kann, was er als Heilpraktiker alles NICHT darf. Die Prüfung sichert keineswegs, dass ein fähiger Heilpraktiker seinen Patienten bestmöglich dienen kann, sondern nur, dass er keinen Schaden anrichtet. Was für ein Geist schwingt in diesem Gesetz und in dem Prüfungswesen mit?

Das Heilpraktikergesetz vom 17.02.1939 war von den Nazis ursprünglich als „Aussterbegesetz für den Berufsstand des Heilpraktikers“ geplant, wie man auf Wikipedia nachlesen kann. Es müsste eigentlich „Anti-Heilpraktiker-Gesetz“ heißen. Man wollte den Beruf ausrotten. Mag man der Hitler-Regierung unterstellen, sie habe sich um das Wohl der Patienten gesorgt? Wenn ich betrachte, was im Namen medizinischer Forschung im Dritten Reich verbrochen wurde, wäre ein unpassendes Kügelchen oder ein falsch gewähltes pflanzliches Heilmittel zu der Zeit aus Patientensicht meine geringste Sorge gewesen.

In den 1950er Jahren musste man einräumen, dass dieses Gesetz in einigen Passagen verfassungswidrig war und lies zähneknirschend die nicht-ärztlichen Naturheilkundler weiter ihrer Berufung folgen. Man fand andere Wege, ihnen das Leben schwer zu machen.

Ihr Ansehen in der Öffentlichkeit wird stets aufs Neue beschmutzt: Besteht auch nur der leiseste Verdacht auf einen Behandlungsfehler, wird die Geschichte in der Presse breitgetreten und der ganze Berufsstand infrage gestellt. Eine gewissenhafte Nachverfolgung der Anschuldigungen und konsequente Aufklärung, wie sich der Verdacht verflüchtigt hat, wird dann leider nicht betrieben.

Statt auf die anspruchsvollen Prüfungen hinzuweisen, wird gebetsmühlenartig das gleiche Kriterium für die Prüfungszulassung in den Blickpunkt gezerrt, nämlich, dass man nur einen Hauptschulabschluss braucht, um Heilpraktiker zu werden. Was für ein Licht wirft das auf die Kompetenz?

Die Zunft wird mit einem Wust von sich ständig ändernden Auflagen und Regelungen fruchtlos beschäftigt. Während ich den Sinn der (mit Bravour bestandenen) Hygieneprüfung durch das Gesundheitsamt noch nachvollziehen konnte, war mir schleierhaft, wieso die Größe der Fläche meiner Praxisräume sich auf die Anzahl der benötigten Patientenparkplätze auswirken soll.

Als ich 2006 meine Praxis gründete, durfte ich mit nur drei Therapierichtungen auf mein Praxisschild oder in Anzeigen werben. So eine Bevormundung! Nicht nur mir gegenüber, sondern auch gegenüber den Patienten. Als ob sie mit mehr als drei Nennungen überfordert gewesen wären. Die Regelung “zum Schutz der Patienten” ist mittlerweile überholt.

Wen schützt man hier eigentlich wovor?

Schauen wir uns doch einmal den Patientenschutz und seine Reglementierungen an einem Beispiel genauer an:

Die Stiftung Homöopathie Zertifikat (SHZ) hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Qualität homöopathischer Aus- und Weiterbildung zu richten. Schulen werden SHZ-zertifiziert, Lehrer werden SHZ-zertifiziert. SHZ-Homöopathen verpflichten sich, nach Ausbildung und bestandener Prüfung drei Jahre lang bei einem SHZ-zertifizierten Supervisor “in die Lehre” zu gehen.

Ich kenne kein einziges naturheilkundliches Verfahren, das so reglementiert worden ist. Wir verstehen uns hier bitte nicht falsch: Natürlich müssen Mediziner gut ausgebildet sein und wissen, was sie tun. Diese Zertifizierung geht darüber weit hinaus.

Die Schulen und Lehrer sind gezwungen, sich nach SHZ-Standards zertifizieren zu lassen, um SHZ-zertifizierte Therapeuten hervorzubringen. Standards, die eine Kommission festgelegt hat, welche weder einer staatlichen Einrichtung angehört, noch aus gewählten Standesvertretern besteht.

Egal, wie hilfreich ein Arzt oder Heilpraktiker in der Praxis für seine Patienten wirkt: Ohne das aufwändige und kostspielige Zertifikat ist er ein Homöopath zweiter Klasse. Das hat direkte Auswirkungen auf sein Einkommen und auf seine Möglichkeiten der Kundengewinnung.

Denn Krankenkassen machen vom SHZ-Zertifikat des Therapeuten abhängig, ob sie ihren Patienten eine homöopathische Behandlung erstatten. Es reicht nicht, dass seine Ausbildungsstätte und seine Lehrer SHZ-zertifiziert waren, was eine standardisierte Fortbildung gewährleistet. Der Therapeut selbst muss das Zertifikat erwerben.

Solche Einschränkungen der Leistungserbringung geschehen bestimmt nicht aus Sparsamkeit oder Geiz, geschweige denn aus politischen Gründen, sondern stets zum Wohle der Krankenkassenmitglieder.

Glauben Sie das?

Damit die Patienten sich durch das Gängelband nicht bevormundet fühlen, sondern gut beschützt, muss die Mär der Scharlatanerie am Leben gehalten werden: Es wimmelt da draußen nur so vor skrupellosen Beutelschneidern und Scherenschleifern, die mit Doktor-Titel oder – noch schlimmer! – als Heilpraktiker die Gesundheit ihrer Patienten mit Kügelchen ruinieren würden, wenn man sie nicht mit Macht davon abhielte.

Ist das so?

Wer seinen Patienten Leid zufügt, muss sich dafür verantworten. Das regelt die Rechtsprechung. Was glauben Sie wohl, mit welchen Medikamenten das häufiger der Fall ist? Werfen Sie doch einmal einen Blick in die Statistik, wenn Sie sich die Wahrheit zumuten wollen.

Was wäre wenn…

Die gleiche Argumentation, die gegen die Heilpraktiker und gegen die Homöopathie Verwendung findet, wird gegen die Astrologie eingesetzt: Gefährlich! Das glaube ich wohl. Aber für wen?

Als Kontrapunkt zur “Vulgär-Astrologie” wird sich auch hier zu-Tode-zertifiziert. Der Verband sichert die Qualität mit auserwählten Lehrern. Meine Anfrage nach einer Quelle für seriöses astrologisches Wissen wurde mit der Aussage quittiert, dieses könne man nur durch die zertifizierte Fortbildung erwerben.

Kommt Ihnen das Muster bekannt vor?

Nehmen wir einmal an, ein jeder könnte sich selbst erkennen und wüsste, wer er ist, wozu er auf Erden weilt und welche seiner Gaben er den Menschen aus vollem Herzen schenken kann. Würden wir dann einen ungeliebten Beruf weiterhin ausüben, damit wir als Ersatzbefriedigung noch mehr überflüssige Konsumgüter kaufen können?

Wenn wir mit erhobenem Haupt zu unserem So-Sein stünden, statt uns ständig dem Joch eines wahnhaften Perfektionierungszwangs zu beugen, wer wollte uns dann seinen Willen mithilfe von schlechtem Gewissen und Schuldgefühlen aufdrücken?

Hätten wir ein Bewusstsein über unsere naturgegebene Einzigartigkeit, welchen Herden würden wir nachlaufen in der Hoffnung, irgendwo dazu gehören zu dürfen?

Wer könnte uns noch sagen, dass etwas Grundlegendes an uns falsch wäre, weswegen wir uns schämen müssten, und wie wir gefälligst zu sein haben?

Wir wären frei. Frei in einem umfassenden Sinne, den wir uns in unserer Gesellschaft heute kaum vorstellen können.

Uns davon abzuhalten, der zu werden, der wir sind, ist ein machtvolles Herrschaftsinstrument. Gehen Sie davon aus, dass die Methoden, die uns dabei am nützlichsten wären, am gnadenlosesten bekämpft werden. Das betrifft alle Lebensbereiche.

Förderliche Bedingungen

Wohlstand wäre beispielsweise eine gute Voraussetzung, uns auf unsere seelisch-geistige Entwicklung zu konzentrieren, was wir nicht können, wenn wir all unsere Lebensenergie für die Existenzsicherung aufbringen müssen. Anstelle dessen erleben wir Mangel, wohin wir auch schauen. Die meisten Menschen rödeln von früh bis spät, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie sind durch Brotkrumen lenkbar, die man ihnen gnädig hinwirft. Statt zu verlangen, was ihnen zusteht, verneigen sie sich demütig, wenn ihnen ein Almosen gewährt wird. Es geht den Eliten nicht darum, dass sie noch reicher werden. Ihr Ziel ist es, dass die Armen arm bleiben. Dann sind die Massen beschäftigt und steuerbar.

Den Menschen wird es aus gutem Grund schwer gemacht, sich ihrer Anlagen, ihrer tiefen Bedürfnissen und kostbaren Fähigkeiten gewahr zu werden.

Jeder Mensch hat ein Recht darauf, sich zu entwickeln. Vielleicht sogar die Pflicht. Ein jeder in der ihm gemäßen Weise. Kostbare Hinweisgeber auf der Suche nach dem Selbst wurden seit jeher in erhabene Kreisen genutzt und vor dem niederen Volk geheim gehalten.

Weitere Beispiele

Das Enneagramm ist eine überaus hilfreiche Typenlehre. Die Kirche arbeitet in der Seelsorge seit Jahrhunderten mit der Weisheit des Enneagramms. Die Typologie dient dazu, den Menschen in seinen tiefliegenden Motiven und daraus resultierenden Handlungsmustern zu erfassen, um ihm so zu begegnen, wie es seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten entspricht. Erst in den 1980er Jahren kamen die ersten Enneagramm-Bücher auf den Markt. Seither bahnt sich das vormals okkulte Wissen seinen Weg über Fachleute wie Coaches und Personalberater in die Breite der Bevölkerung.

Typentests – mittlerweile auch im Internet – wollen anhand von ein paar Fragen bestimmen, welchem Persönlichkeitsmuster man angehört. Dieses Vorgehen entspringt dem verständlichen Wunsch, die zeitraubende Erforschung durch einen erfahrenen Enneagramm-Berater abzukürzen. Und führt häufig nicht zum Ziel, weil es weder der komplexen Methode noch dem Facettenreichtum des Menschseins gerecht werden kann. Durch dieses ungemäße Abspecken landen viele in einer falschen Schublade, und die Betroffenen versuchen jahrelang vergeblich, sich deren Format anzupassen. Damit ist niemandem gedient. Das bringt dieses wertvolle Werkzeug in Verruf und die Menschen auf Irrwege.

Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte ein begabter junger Arzt ein einzigartiges Werkzeug, mit dessen Hilfe man anhand der Auswahl von Farben psychische Zustände treffsicher und objektiv diagnostizieren kann: den Lüscher-Color-Test. Der schweizer Psychiater Prof. Max Lüscher erhielt von seinen Kollegen für die Entdeckung weder Anerkennung noch Unterstützung. Seine Veröffentlichungen richteten sich notgedrungen an die Laienleserschaft. So verkam die bahnbrechende Erfindung eine Zeitlang zum Partyspiel. Heute soll eine aufwändige Fachfortbildung die Qualität für den klinischen Einsatz des Diagnoseverfahrens in der Praxis sichern. Ob sie dadurch in Fachkreisen die angemessene Würdigung erfahren wird, steht in den Sternen.

Entfaltung braucht Bereitschaft

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die Korrektur eines verzerrten Selbstbildes zwar schmerzhaft sein kann, sich aber für die weitere Persönlichkeitsentwicklung sehr lohnt. Wem dieser Schritt ein Gräuel ist, wird sich an das falsche Bild klammern. Selbst wenn er um eine Auswertung seiner Veranlagungen gebeten hat, kann er sehr wütend werden über eine unerwartete Enttarnung – vor allem, wenn sie punktgenau zutrifft.

Ich habe den „heiligen Zorn“ miterlebt, der einem Kollegen und seiner Arbeit entgegengeschleudert wurde, weil er mit seiner präzisen Analyse der Konstitution eines selbstgefälligen Mannes, dessen trügerisches Image in Scheiben fallen lies. Und er hatte es nicht einmal im Ansatz unfreundlich gemeint oder gefühllos vermittelt. Mit erbittertem Hass hat der Narzisst die Methode später bekämpft, die ihn in seinem Wesenskern erkannt hat.

Selbstverständlich steht es uns nicht zu, jemandem unaufgefordert zu sagen, wer er ist. Das Bedürfnis nach Selbsterkenntnis muss aus dem Betroffenen erwachsen. Dann findet er auch die für sich passenden Wege.

Um bewerten zu können, welche Mittel Ihnen wirklich dienen, braucht es einen klaren Verstand. Schauen Sie zuerst, von wem Sie etwas erfahren und fragen Sie sich, welche Absichten er wohl verfolgt. Geschriebenes Wort ist leider nicht immer Wahrheit. Ist das Gelesene logisch und plausibel? Kann das wahr sein? Wenn ja, befragen Sie Ihr Bauchgefühl. Falls nein, nützt es Ihnen nichts, dass es sich schön anfühlt oder als gut erscheint. Sobald Kopf, Herz und Bauch zustimmen: Sammeln Sie Erfahrungen und vergleichen Sie die Theorie mit ihrem Erleben.

So können Sie unterscheiden, was Ihnen nutzt und was Ihnen schadet, wer es ehrlich mit Ihnen meint und wer Sie für seine Zwecke einspannen will. Warten Sie nicht auf einen Führer, Guru oder Messias. Sie selbst sind der Schlüssel zu Ihrem Glück. Sie müssen nicht die Welt retten. Wenn sich jeder auch nur ein bisschen entwickelt, entfaltet die Menschheit nach und nach ihr gesamtes Potenzial.

Text: Petra Weiß
Foto: tokamuwi / pixelio.de

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin. Das Enneagramm nutzt sie in ihren psychologischen Beratungen. Die Homöopathie übt sie seit 15 Jahren aus, seit 2016 mit dem Segen einer SHZ-zertifizierten Schule. Die Lüscher-Color-Diagnostik ist eine der Grundlagen für die Moderne 4-Elemente-Medizin nach Dr. Peter Vill, die sich unter anderem astrologische Auswertungen zunutze macht. 2016 hat sie gemeinsam mit Dr. Vill den Patientenratgeber “Gesundheit gestalten mit den 4 Elementen” veröffentlicht. Sie hat zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht. Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus.

Sie baden gerade Ihr Gehirn darin…

Hervorgehoben

Die eigenen Bedürfnisse dürfen bei unserer Lebensgestaltung an erster Stelle stehen. Oft erfüllen wir stattdessen anderer Leute Erwartungen und Wünsche. Das geschieht nicht immer freiwillig. Häufig durchblicken wir unterschwellige Botschaften gar nicht, von denen wir uns beeinflussen lassen.

Damit ist jetzt Schluss. In der Reihe „Sie baden gerade Ihr Gehirn darin…“ erforschen wir gemeinsam die bunte Palette der Redensarten, mit denen Emotionen gesteuert, Stimmung gemacht, Meinung gelenkt und Verhalten beeinflusst werden kann.

Seit Generationen werden bestimmte Berufsgruppen mit Wissen über die Redekunst ausgestattet. Verkäufer, Politiker, Führungskräfte, Juristen, PR-Manager und Werbetreibende, aber auch Therapeuten und Journalisten sind darin ausgebildet, wie man sich der Macht des Wortes bedient. Wenn sie ihren Einfluss im Dienste der Menschen nutzen, ist dagegen nichts einzuwenden. Sind ihre Absichten jedoch fraglich oder bösartig, tun wir gut daran, ihre Aufrichtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Grenzenloses Vertrauen ist ebenso unangebracht wie zwanghaftes Misstrauen. Eine gesunde Wachsamkeit soll durchaus schon mal berechtigt gewesen sein.

Es wird höchste Zeit, die Trickkiste der Wortakrobaten vor aller Augen zu öffnen. Die Kniffe zu kennen, schützt uns vor ihrem unlauteren Gebrauch. Wir können einordnen, welchen Winkelzug unser Gegenüber gerade anwenden will. Oder wenn wir selbst aus Versehen in Begriff sind, unsere schöne Sprache auf diese Weise zu entehren.

Starten wir mit einer Klärung, als was wir hier Manipulation betrachten wollen und wie sie sich von der alltäglichen Beeinflussung unterscheidet.

Nicht jeder Versuch, Ihrer Meinung oder Ihrem Verhalten eine Richtung zu geben, ist als Manipulation zu werten. Nach meiner Lesart hat Manipulation im Grunde etwas mit verschleierten Absichten und undurchsichtigen Beweggründen zu tun. Schauen wir erst einmal, was keine Manipulation ist.

Überzeugen – überreden – überrumpeln.

Will eine Mutter beispielsweise ihrem Nachwuchs den Verzehr von Gemüse nahebringen, wird sie all ihre Überzeugungskraft zum Wohle des Kindes einsetzen. Wenn das nicht fruchtet, wird sie versuchen, den Zögling zu überreden. Vielleicht wird sie ihre Argumente wiederholen oder neue Vorzüge des Gemüseessens hervorbringen. Am Schluss wird sie möglicherweise etwas Grünzeug unter die geliebte Lasagne mischen. Vielleicht lässt der Bub oder das Mädchen sich auf diese Art zum Kosten verleiten.

Ist das Manipulation? Nein. Dem Kind und der Mutter ist vollkommen klar, was sie von ihm will und warum ihr das so wichtig ist. Das Kind soll Gemüse essen. Damit es gut gedeihen kann. Diese Form der Beeinflussung kann man nicht als Manipulation einstufen, weil Beweggründe und Absichten offensichtlich sind. Der Verschleierungscharakter fehlt.

Schmeckt Ihnen die Gemüse-Debatte? Hoffentlich. Das Alltagsbeispiel dient mir nämlich in den kommenden Folgen dazu, Ihnen den Facettenreichtum häufig verwendeter Manipulationstechniken lebensnah aufzuzeigen.

Text: Petra Weiß
Foto: Gerhard Hermes / pixelio.de

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Petra Weiß ist Herausgeberin der Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst”. Ihr Anliegen ist es, mit Ihrer Schreibkunst etwas mehr Aufrichtigkeit in die Welt zu bringen. Diese Absicht verwirklicht sie über Ihre Beiträge und über psychologische Beratungen in ihrer Sprechstunde. Sie ist als Heilpraktikerin in Weinheim niedergelassen.

Nackt und gackernd durch den Stadtpark

Beitrag von Petra Weiß. Lesedauer ~17 Minuten

Nehmen wir einmal an, ich möchte Sie hypnotisieren, ohne dass Sie es bemerken. Am besten, Sie kommen nicht einmal auf die Idee, dass jemand Sie hypnotisiert haben könnte. Im Idealfall würden Sie sogar im Brustton der Überzeugung ausrufen „MIIICH? Auf gar keinen Fall!“ oder „Ich bin gar nicht hypnotisierbar!“ Wie könnte ich Sie in aller Seelenruhe hypnotisieren und Sie wären dabei völlig ahnungslos?

Was soll ich Ihnen sagen: Wir alle werden jeden Tag hypnotisiert und die meisten haben davon nicht den leisesten Hauch eines Schimmers. Ein eklatanter Fehler in der öffentlichen Meinung über Hypnose ist dafür verantwortlich, dass sie es nicht wissen. Die Frage ist berechtigt, wer ein Interesse an diesem „Missverständnis“ haben könnte, das sich auf wundersame Weise so hartnäckig hält und partout keine Klärung findet.

Während meiner Ausbildung in Hypnotherapie haben meine Kollegen und ich uns über das falsche Image unserer Methode amüsiert. „Jaja, Du willst mit mir üben und ich laufe dann wieder nackt und gackernd wie ein Huhn durch den Stadtpark!“ oder „Ja, klar: Morgen kann ich in der Zeitung lesen, was Du mit mir in der Trance gemacht hast!“ oder „Ich habe meine neue Freundin hypnotisiert, damit sie mich toll findet. Wehe, wenn jemand mit den Fingern schnippt!“

Nichts davon entspricht der Wahrheit.

Hypnose ist nach der Definition des Grand Monsieur der Modernen Hypnotherapeuten, Gunther Schmidt, das Lenken der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Ausschnitt der Wahrnehmung. Dieser Ausschnitt ist dann unsere Wirklichkeit, also der Teil der Realität, der auf uns wirkt. Das ist alles.

Im normalen Tagesgeschehen sind wir dauernd gezwungen, unsere (bewusste) Wahrnehmung auf einen kleinen Teil der unüberschaubaren Vielzahl von Sinneseindrücken zu reduzieren. Das machen wir unwillkürlich vollautomatisch.

Wenn wir unsere eigene Aufmerksamkeit lenken, kann man das als Selbsthypnose bezeichnen. Lenkt jemand anders unsere Aufmerksamkeit in eine bestimmte Reichung, dann versucht er, uns zu hypnotisieren.

Jedes Mal, wenn Ihre Aufmerksamkeit gezielt gefesselt wird, oder wenn Ihre Gedanken von irgendetwas absichtlich abgelenkt werden, erleben Sie eine Hypnose.

Meinen Sie immer noch, man könne Sie nicht hypnotisieren?

Viele Menschen denken, Hypnose sei das, was sie im Varieté als Show vorgeführt bekommen. Dort sortiert ein Künstler vorher, welcher Zuschauer besonders „suggestibel“ ist, wen er also am leichtesten beeinflussen kann. Die Beeinflussbarkeit steigert er dann noch mit bestimmten Induktionstechniken zu einem trance-artigen Bewusstseinszustand. Was wir dort häufiger sehen, ist eine sogenannte Schock-Induktion. Ein plötzlicher und unerwarteter Schreckmoment wird zur Vertiefung der Trance gezielt erzeugt. Solche Mittel würde ich in der Therapie niemals einsetzen. Wir erleben Schock-Induktionen allerdings täglich – wir müssen nur die Nachrichten einschalten.

Eine weitere Induktionstechnik ist das völlige Überladen des Verstands mit verwirrenden Inhalten. Das haben Sie sicher auch schon außerhalb einer therapeutischen Hypnose erlebt. Diese Form der Reizüberflutung führt irgendwann zum Abschalten des Verstandes. Wir gleiten in eine Art Halbschlaf. Unsere Gehirnwellen sind im Alpha-Frequenzbereich, daher nennt man den Zustand Alpha-Zustand: Hier haben wir Zugang zu unserem Unbewussten, und zwar in beide Richtungen. Wir können unserem Unbewussten Botschaften eingeben und Botschaften aus dem Unbewussten erhalten.

Diese Eigenschaften nutzt die Hypnotherapie. Der Patient sucht für sein Problem nach Lösungsmöglichkeiten, die im Alltagsbewusstsein nicht erreichbar sind. Oder er wünscht sich eine bestimmte Suggestion, um sein Problem unter Mitwirkung des Unbewussten zu lösen. Jede Suggestion ist natürlich vorher im Detail abgestimmt. Die Absicht ist transparent und für den Hypnotisierten nachvollziehbar. Sie entspricht seinem Willen. So ist die Arbeit mit dem Unbewussten ethisch einwandfrei.

Ethisch nicht vertretbar ist es, Hypnosetechniken ohne Auftrag des Betreffenden einzusetzen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Das ist im weitesten Sinne schwarze Magie oder moderner ausgedrückt eine hinterlistige Manipulation.

Sie wollen eigentlich einen Spielfilm sehen. Stattdessen werden Sie alle 15 Minuten von Werbespots überfallen. Ihre Aufmerksamkeit wird gelenkt und noch schlimmer, man versucht – meist sehr erfolgreich – bei Ihnen eine bestimmte Emotion auszulösen. Die Kopplung zwischen dieser Emotion und dem Produkt soll in Ihnen angelegt werden. Worte, Bilder, Musik – alles wirkt gemeinsam in diesem Sinne auf Ihr Unbewusstes ein. Ihr Bewusstsein ist nämlich noch mit dem Krimi von eben beschäftigt und versucht zu ergründen, wer der Täter ist. Die Bahn ist frei für Suggestionen. Plötzlich spüren Sie das Bedürfnis nach Abenteuer und holen sich gedankenverloren ein Bier aus der Kühlung. Voilà: Sie wurden programmiert.

Da Schock-Induktionen besonders wirkungsvoll sind, seien Sie vor allem achtsam, ob jemand Ihnen einen Schreck einjagen will und wenn ja, welche Informationen gleichzeitig oder direkt danach angeboten werden. Alles was Sie dann sehen oder hören, läuft am bewussten Verstandesdenken vorbei direkt ins Unbewusste und entfaltet dort seine Wirkung.

Mir ist solch ein billiger Trick als Gesprächstaktik bei einem Versicherungsmakler begegnet. Er wollte mir einen Vertragsabschluss schmackhaft machen und hat mir zu diesem Zweck eine Horrorgeschichte von einer angeblichen Bekannten erzählt. Ob es diese Frau wirklich gibt, weiß ich nicht. Geschweige denn, ob die Story stimmt. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, lassen sich Menschen manchmal Phantasien einfallen, die prinzipiell stimmen könnten. Hier war wenigstens klar, welche Absicht verfolgt wird: Der Mann wollte mir eine Versicherung verkaufen. Das ist sein Beruf. Was aber, wenn im Dunkeln liegt, wer uns beeinflussen will und in welche Richtung?

In den täglichen Nachrichten wird über Dinge berichtet, die potenziell Angst und Schrecken verbreiten. Gerne möchte ich davon ausgehen, dass unsere Nachrichtensender uns ausgewogen über das Weltgeschehen informieren wollen. Vielleicht verfolgen ein paar von ihnen stattdessen oder zusätzlich auch andere Ziele. Von ebendiesen Medien bekommen wir immer wieder gesagt, dass Propaganda nur von bösen Regierungen „der anderen Seite“ eingesetzt wird oder früher von den Nazis. Unsere Medien sind natürlich vollkommen frei von politischen Motiven.

Sie dürfen gerne bei dieser Meinung bleiben, wenn es Ihnen damit gut geht. Falls Sie sich schon einmal nach den Geldflüssen erkundigt haben, oder wenn Sie die Neutralität eines Senders oder einer Zeitung aus anderen Gründen anzweifeln, lade ich Sie zu einem kleinen Experiment im Selbstversuch ein:

Prüfen Sie doch einfach mal den Effekt, den Nachrichten aus verschiedenen Informationsquellen auf Sie haben. Wie ging es Ihnen vorher? Wie geht es Ihnen danach? Fühlen Sie sich klar und stabil oder schwach und verwirrt? Haben Sie Angst bekommen? Sind Sie empört? Betrifft der Gegenstand der Angst oder der Empörung Ihr persönliches Erleben? Haben Sie sich gerade einschüchtern oder aufhetzen lassen? Welche Botschaften wurde vordergründig, welche durch Farben, Töne und Formulierungen vermittelt? Passen die Inhalte des gesprochenen Wortes und der Bilder zusammen? Sind sie dem Thema angemessen? Fühlen Sie sich in irgendeiner Weise bedrängt?

Werden die immer gleichen Bilder oder gleichlautenden Formulierungen mantramäßig wiederholt und wiederholt und wiederholt? Auch das gehört zu einer guten Hypnose. Die Menschen glauben fast alles, wenn sie es oft genug hören. Das nennt man eine Gehirnwäsche.

Hollywood-Filme liefern reihenweise Beispiele für geschickt vermittelte Botschaften jenseits der bewussten Wahrnehmung. Keiner will Ihnen den Spaß am Kino vermiesen. Genießen Sie ruhig die Spannung und freuen Sie sich über die schauspielerische Leistung. Aber fragen Sie sich auch: Welches Narrativ wurde mir da angeboten? Welche Eindrücke abseits der für den Plot notwendigen Dramaturgie wurden vermittelt?

Wenn ich mir Stirb langsam anschaue, was denke ich danach über Mercedes-Fahrzeuge? Wenn Bruce Willis mit seiner G-Klasse über die Autodächer poltert und später mit einem PKW einen Helikopter abschießt? Just im Moment des grandiosen Triumphs über die Bösen.

Product Placement nennt man das indirekte Bewerben von Produkten während eines Unterhaltungsfilms. Das ist Hypnose pur. Durch die emotionale Aufladung während des Films wirkt Product Placement massiv im Unterbewusstsein. Der Hersteller entscheidet, welche Emotion beim Zuschauer mit seinem Produkt gekoppelt sein soll. „Mercedes = Triumph über das Böse“ – aus Marketing-Sicht ist das der Jackpot!

Dabei ist es sogar unwichtig, ob es die G-Klasse war, die den Hubschrauber trifft. Das Fahrzeug ist so lange und so intensiv im Blickpunkt, dass jeder andere Eindruck verblasst. Ich habe den Film bestimmt 10 Mal gesehen und könnte nicht sagen, aus welchem Auto John McLane springt. Aber die G-Klasse vergisst man nie.

Diese „versteckte“ Werbung ist noch relativ leicht erkennbar, wenn man darauf achtet. Erscheint es Ihnen abwegig zu spekulieren, ob wir noch andere Botschaften untergejubelt bekommen? In Serien, in Filmen, in Talkshows, in sogenannten Dokumentationen. Den „Spin“ können wir mehr oder weniger deutlich an der Tönung erkennen: Wie sollen wir über die Welt denken, wenn wir den Beitrag gesehen haben? Wie über gesellschaftliche Fragen, z.B. Geschlechterrollen? Wie über eine bestimmte Persönlichkeit?

Gesetzt der Fall, jemand wollte eine öffentliche Person in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Geplant sei ein Spielfilm über diesen Menschen und sein Tun. Beim Casting könnte man aus einer Vielzahl von Künstlern wählen, also beispielsweise zwischen einem Schauspieler, den alle als fürsorglichen Arzt einer Vorabendserie kennen, und einem Darsteller, der durch seine Rolle als psychopathischer Massenmörder in einem Blockbuster bekannt ist. Für wen würde man sich entscheiden? Und wie würde schon diese Auswahl unbewusst auf die Zuschauer wirken? So eine Besetzung ist reine Phantasie? Sie würden sich wundern. Um hier keine politische Diskussion vom Zaun zu brechen, werde ich mein Beispiel nicht benennen. Recherchieren Sie selbst, wenn Sie wissen wollen, wer hier angeblich aus Insider-Sicht bloßgestellt wurde.

Hollywood lenkt seit Jahrzehnten unsere Aufmerksamkeit und wir zahlen auch noch Eintritt dafür. Glauben Sie, Sie wüssten, was wirklich auf der Titanic geschehen ist, nur weil Sie den Film gesehen haben? Oder bei der Apollo 13 Mission? Ich sage nicht, dass hier gelogen wird. Ich sage nur, dass Sie von einem Film, der sich auf historische Ereignisse bezieht, keine objektive Darstellung wahrer Begebenheiten erwarten dürfen. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Drehbuchautoren sich spannende Dinge ausdenken. Das ist ihr Job. Sie werden dafür bezahlt. Aber verwechseln Sie niemals einen Spielfilm mit der Tagesschau.

In unserer multimedialen Zeit ist es kaum möglich, sich der allgegenwärtigen Hypnose zu entziehen. Das Bewusstsein für diese Vorgänge dient der wichtigen Erkenntnis, wo und in welcher Weise wir hypnotisiert werden. Eine Chance, trotzdem in der Selbstbestimmung zu bleiben, ist bewusst zu entscheiden, welchem Teil der Realität wir unsere Aufmerksamkeit schenken wollen. Diese Entscheidung ist wesentlich. Sie bringt uns aus der passiven Konsumhaltung ins aktive Gestalten unserer Gedanken- und Erlebniswelt.

Einige Menschen genießen es wie ein Detektiv-Spiel, Manipulationsversuche aufzustöbern. Sie nehmen das Ganze sportlich und freuen Sich über jede neue Entdeckung. Für andere ist es gar nicht so einfach zu akzeptieren, dass sie hin und wieder einem professionellen Hypnotiseur auf den Leim gegangen sein könnten – ganz gleich ob er Versicherungsmakler, Nachrichtensprecher oder Spielfilm-Produzent ist. Wir alle haben gerne ein Gefühl der Kontrolle über unser Leben. Manche ziehen es deshalb vor, (unbemerkte) Manipulation aus den Möglichkeiten ihrer individuellen Wirklichkeit zu verbannen. Das dürfen sie natürlich. Damit spielen sie leider allen Betrügern direkt in die Hände. Das ist nämlich genau ihr Trick: Hypnose funktioniert deshalb so gut, weil wir glauben, dass es sie in unserem Leben nicht gibt. Weil wir ein völlig falsches Bild von ihr haben. Oder besser gesagt: hatten. Ihr Bild ist jetzt zurecht gerückt. „Welcome to the real world.“

Text: Petra Weiß
Foto: Martin Wendring / pixelio.de

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Zur Person

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Petra Weiß ist als Heilpraktikerin mit ihrer Praxis für Homöopathie, Ganzheitsmedizin und Psychotherapie (HeilprG) in Weinheim niedergelassen. Moderne Hypnotherapie nach Milton Erickson gehört zu ihrem facettenreichen Therapieangebot. Sie ist Fachjournalistin für das Ressort Medizin & Gesundheit und hat sie zahlreiche Beiträge in Zeitschriften sowie online veröffentlicht. Sie war als Fachlektorin an mehreren Patientenratgebern beteiligt. An dem Buch “Gesundheit gestalten mit den 4 Elementen” von Dr. Peter Vill hat sie als Co-Autorin mitgewirkt.

Entwicklungstrauma: Kinder psychisch gestörter Eltern

Lesedauer ~15 Minuten

Eltern meinen es in der Regel gut mit ihren Kindern. Sie haben einen natürlichen Beschützerinstinkt und sind mit ihrem Nachwuchs auf einer tiefen Ebene eng verbunden. Ihre Intuition weiß genau, was ein Baby braucht, auch wenn es sich noch sehr unspezifisch mitteilt. Mütter und Väter fühlen sich empathisch in die Kleinen ein und erleben ihre Freude oder ihr Leid hautnah mit.

Das trifft im Grunde auf alle seelisch gesunden Eltern zu. Sie machen bestimmt nicht alles richtig, einige gut gemeinte Erziehungsmaßnahmen richten sogar Schaden an. Aber prinzipiell wollen sie gut für ihre Zöglinge sorgen und ihnen ein gesundes Gedeihen ermöglichen, damit sie ein glückliches Leben führen können.

Menschen mit psychischen Erkrankungen müssen in ihrer Elternschaft nicht wesentlich beeinträchtigt sein. Das eine oder andere Trauma haben wir alle. Eine kleine Phobie oder eine depressive Verstimmung sind auch keine Hindernisse dafür, Nachwuchs in die Welt zu setzen. Einige Störungen allerdings wirken sich auf die Fähigkeit zur Empathie aus und behindern damit das Entstehen einer stabilen Bindung. Wenn die Eltern ihre Emotionen nicht angemessen spüren oder nicht regulieren können, fehlt dem Kind die spiegelnde Lernmöglichkeit für diese Prozesse. Problematisch sind daher pathologische Formen von Narzissmus, Borderline-Störung, Schizophrenie und andere Psychosen. Wir kommen später noch zu ein paar ausgewählten Symptomen dieser Krankheitsbilder und ihren Auswirkungen auf die Kinder.

Bevor wir die vielfältigen Problemfelder näher beleuchten, möchte ich etwas Wesentliches klarstellen: Auch wenn Kinder psychisch gestörter Eltern es sicher schwerer haben als andere, können die meisten von ihnen das Leben viel besser meistern als man es in Anbetracht der Umstände für möglich halten würde. Einige finden zu einer seelischen Tiefe und Reife, die sie ohne ihr frühes Trauma vielleicht nie erreicht hätten. Und letztlich ist die Alternative dazu, in diese Familie hineingeboren zu werden nicht, andere Eltern zu haben, sondern gar nicht ins Leben zu kommen. Lassen Sie uns das im Hinterkopf behalten, wenn wir über die Schwierigkeiten reden, die solche Eltern – mit oder ohne Absicht – ihren Kindern bescheren.

Ein seelisch beeinträchtigter Elternteil

Wenn in einer Familie eine Person krank ist, kann das Gesamtsystem sich häufig über die gesunden Anteile regulieren. Das Kind lernt dann beispielsweise von dem gesunden Vater, dass die Ängste der neurotischen Mutter nicht übernommen werden müssen. Oder von der gesunden Mutter, dass die düstere Weltsicht des depressiven Vaters nur eine mögliche Perspektive ist und man auch eine andere einnehmen kann. Erlebt das Kind den Genesungsprozess eines Elternteils mit, kann diese Erfahrung seine eigene Resilienz stärken. Dann erlebt es, dass Beeinträchtigungen veränderlich sind und die Seele über eine beachtliches Heilungspotenzial verfügt.

Dramatischer wirken sich die Persönlichkeitsstörungen aus. Im Gegensatz zu den seelischen Erkrankungen gelten sie als so tief verwurzelt in der Persönlichkeit, dass sie „unheilbar“ sind. Da ich selbst von einer angeblich unheilbaren (körperlichen) Erkrankung schon vor Jahren genesen bin, stehe ich solchen Etiketten generell skeptisch gegenüber. Wir können uns darauf einigen, dass es persönlichkeitsprägende Erkrankungen gibt, die man schwer loslassen kann, ohne den Halt der eigenen Persönlichkeit aufs Spiel zu setzen: Wer bin ich ohne meine Psychose?

Die Wahrnehmung von psychiatrischen Patienten kann sich wesentlich von einer als normal eingestuften unterscheiden. Man bezeichnet solche Symptome als Illusion (ich sehe eine Lampe und halte sie für einen Hasen), als Halluzinationen (ich sehe einen Hasen, wo gar kein Gegenstand ist) oder als Wahnwahrnehmung (niemand kann mir ausreden, dass da wirklich ein Hase ist).

Noch absurder erscheinen uns als „Normalo“, die sogenannten Ich-Störungen. Können Sie sich vorstellen, wie es ist, ohne das Gefühl einer eigenen Identität zu leben? Wenn man sich nicht im Klaren darüber ist, WER gerade denkt? Wenn man glaubt, die eigenen Gedanken seien von außen eingegeben? Wenn man davon überzeugt ist, jemand anders entscheide über das eigene Denken, Sprechen oder Handeln? Das können wir nicht. Es widerspricht unserem eigenen Erleben in elementarer Weise. Wir können Wörter wie „Depersonalisation“ oder „Derealisation“ aussprechen, nachempfinden können wir solche Erscheinungen mit einer gesunden Psyche nicht. Und natürlich können das auch Kinder nicht, wenn sie mit Eltern aufwachsen, die davon betroffen sind.

Wenn Mutter und Vater krank sind…

Welche Auswirkungen ein Elternteil mit Realitätsverlust oder anderen massiven Erkrankungen auf die Entwicklung eines Kindes haben kann, erahnen Sie vielleicht. Studien belegen die erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten psychischer Probleme bei den Kindern, sogar schon, wenn ein Elternteil „nur“ für längere Zeit schwer depressiv ist.

Nun kommt es gar nicht selten vor, dass Menschen mit verzerrter Wahrnehmung oder affektiven Störungen (die erlebten Gefühle passen nicht zur Situation) von psychisch Gesunden nicht verstanden oder nicht akzeptiert werden (können). Als logische Konsequenz finden sich des öfteren seelisch beeinträchtigte Paare zusammen mit unterschiedlichen oder gleichartigen Störungen.

Komplementär sind zum Beispiel eine narzisstische Persönlichkeitsstörung bei dem einen und eine abhängige Persönlichkeitsstörung oder eine Schizophrenie mit Identitätsstörung bei dem anderen. In beiden Fällen wird sich der Narzisst mit seiner ausgeprägten Egozentrik durchsetzen, weil der andere gar nicht weiß, wer er ist, oder sich gerne unterwirft.

Es kommt vor, dass sich Partner gegenseitig ihre wahnhaften Vorstellungen bestätigen. Sie bilden dann ein sehr stabiles System. Das mag für das Paar prima sein. Für andere Familienmitglieder nicht.

Stellen Sie sich vor, ein Kind hat keinen gesunden Elternteil, an dem es sich orientieren kann. Dann wächst es in einem – salopp ausgedrückt – völlig verrücken Umfeld auf. Es fühlt sich mit seinen gesunden Impulsen im kranken System wie ein Alien und muss diese ständig unterdrücken. Normale Reaktionen auf das gestörte Verhalten der Eltern werden hart sanktioniert und als „falsch“ deklariert. Die Eltern handeln voller Überzeugung. Sie leben in ihrer eigenen Wirklichkeit, welche mit der objektiven Realität nichts zu tun haben muss. Als abhängiges Baby, Kleinkind und Jugendlicher kann man da wenig ausrichten. Man versucht, unter dem Radar zu bleiben, um keinen Unmut zu erregen, und die Situation irgendwie zu überstehen, bis man endlich ausziehen kann.

Erlernte Hilflosigkeit ist keine Depression.

Der permanente Mangel an Handlungsoptionen führt zu einem Phänomen, das man „erlernte Hilflosigkeit“ nennt. Kämpfen und Flüchten geht nicht, also reagiert man gar nicht. Dieses Muster ist verbunden mit Ohnmachtsgefühlen. Man kann keine Entscheidungen treffen oder Neues in Angriff nehmen. Ohne die Vorgeschichte zu betrachten, könnte man die Kinder später als Erwachsene für depressiv halten, ihnen Charakterschwäche oder Aufschieberitis vorwerfen. Tatsächlich kann die Haltung „da kann man leider gar nichts machen, also versuche ich es erst gar nicht“ eine Nachwirkung des Entwicklungstraumas aus der Kindheitserfahrung mit psychisch gestörten Eltern sein. Das zu verstehen ist oft schon ein wesentlicher Schritt für die Betroffenen.

Unter solchen Umständen entfernt sich das ursprünglich gesunde kindliche Empfinden immer mehr vom natürlichen intuitiven Differenzieren zwischen gut und schlecht, zwischen richtig und falsch, im Grunde zwischen lebensfördernd und lebensfeindlich. Am Ende wissen die Buben und Mädchen nicht mehr, wo oben und wo unten ist, so kirre hat sie die Dauererfahrung der Orientierungslosigkeit gemacht. Ein Bezugspunkt außerhalb der Familie könnte dienlich sein.

Keine Hilfe von außen

Beziehungen zu Außenstehenden werden von psychisch gestörten Eltern oft als bedrohlich empfunden. Sie versuchen sie zu unterbinden. Immer wieder ist zu sehen, wie sich kranke Systeme gegen Außenstehende abschotten. Schon den Kleinsten wird ein Schweigegelübde abgenötigt: Kinder aus psychotischen Familien dürfen meist nicht darüber sprechen, was zu Hause hinter verschlossenen Türen geschieht. Solche Eltern fürchten manchmal grundlos, aber leider auch oft zu Recht, dass man ihnen die Kinder wegnehmen könnte, wenn ihre häuslichen Zustände ans Licht kämen. Beim Narzissten reicht schon das Risiko, dass sein Ruf Schaden nehmen könnte. Also hüllen sie den Mantel des Schweigens um die verborgenen Geschehnisse. Nach außen hin soll alles möglichst „normal“ wirken. Für die Kinder stellt dieser Zwiespalt eine innere Zerreißprobe dar. Sie müssen mindestens ein bisschen dissoziieren, um das aushalten zu können. Im abgespaltenen Zustand spüren sie sich weniger. Dadurch ist der Zugang zu ihren gesunden Impulsen blockiert.

Damit die Kinder ihrem natürlichen Bedürfnis nicht folgen, sich mit anderen Menschen auszutauschen und sich Beistand zu holen, redet man ihnen Schuldgefühle ein. Sie sollen sich schämen, damit sie dicht halten. Wenn es ihnen mit ihren familiären Erfahrungen nicht gut geht, sind sie selbst schuld. Peinliche oder kriminelle Sachverhalte werden tabuisiert, verschleiert oder umbenannt, um die Kommunikation absichtlich zu erschweren. Was nicht benannt werden kann, kann auch nicht angegriffen oder angeklagt werden.

Herbeigeführte Spaltung

Krankhaft narzisstische Eltern versuchen häufig, Geschwister in feindliche Lager zu spalten, damit sie sich nicht gegen sie verbünden und ihren Majestätsanspruch infrage stellen. Sie hetzen ihre Töchter und Söhne (wahlweise später die Schwiegerkinder) manchmal regelrecht gegeneinander auf. Dafür schaffen sie Ungerechtigkeiten wie ungleiche Behandlung, schüren Konkurrenzgefühle und Neid. Sie loben den einen und werten den anderen ab. Oder der eine ist Schuld an der (eigentlich völlig ungerechtfertigten oder überzogenen) Strafe, die beide jetzt aushalten müssen. Narzissten und Psychopathen stiften gerne Verwirrung. Undurchsichtige und unsinnige Regeln werden aufgestellt und Verstöße mal gar nicht, mal drakonisch bestraft. Hauptsache niemand kann sich sicher fühlen und die Lage bleibt unberechenbar. Das erzeugt ein maximales Ohnmachtsgefühl.

In solchen Konstellationen suchen die verunsicherten Kinderseelen nach irgendeinem Halt. Sie verpetzen sich notfalls gegenseitig bei Mutti oder Vati in der Hoffnung auf Anerkennung und Lob. Gemeinschaftsfeindliches Verhalten wird von den Eltern gefordert und gefördert.

Erwachsene Kinder psychisch kranker Eltern tun sich sehr schwer, sich aus den familiären Mustern zu lösen, die ihnen und später auch ihren Kindern schaden. Seit frühester Jugend wurden sie dafür verantwortlich gemacht, wie es den Eltern geht – verkehrte Welt! Sie haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich vor den Auswirkungen wahnhaften Verhaltens in Sicherheit bringen. Mit diesem schlechten „Familiengewissen“ müssen sie leben, auch wenn ihr Verstand genau weiß, dass sie richtig handeln.

Narzisstische Systeme werfen den Kindern bis weit ins Erwachsenenalter hinein Steine in den Weg der Autonomie und des freien Willens. Ich habe mit einer Frau gearbeitet, die sich mit Mitte Siebzig noch nicht aus den energetischen Tentakeln ihrer knapp hundertjährigen Mutter gelöst hatte.

Rückzug – eine Übung für Fortgeschrittene

Sich von dem Narzissten zurückzuziehen oder abzuwenden, erlebt dieser als unerhörte Kränkung, die je nach Grad der Störung einen gnadenlosen Zorn nach sich ziehen kann. Nun ist es aber der natürliche Lauf der Dinge, dass Kinder irgendwann aus dem Haus gehen und ihr eigenes Leben führen, vielleicht sogar eine eigene Familie gründen. Der Konflikt ist vorprogrammiert.

Aus Angst vor hässlichen Auseinandersetzungen, vor Liebesentzug oder aus eingeredeten Schuldgefühlen scheuen sich die Kinder noch als Erwachsene, die dringend notwendigen Grenzen zu setzen. Das ist ein Teufelskreis. Mit jedem Tag im „Täterkontakt“ geht die Gehirnwäsche weiter, die verhindert, dass man zu einer ausgewogenen Haltung gegenüber den eigenen Bedürfnissen und den Ansprüchen anderer Menschen kommen kann. Die eigenen Bedürfnisse werden als unberechtigt empfunden und bestmöglich unterdrückt. Genau das behindert es, gegenüber dem kranken System einen gesunden Abstand einzunehmen. Die Frage, wie es dem Narzissten damit gehen mag, steht über der Sorge um das eigene Wohl – und das der eigenen Kinder.

Psychopathen, die kein Mitgefühl empfinden, benutzen ihre Kinder, so wie sie alle Menschen zu ihren Zwecken instrumentalisieren. Persönliche Beziehungen interessieren sie nur, wenn sie damit jemanden zu ihrem Vorteil manipulieren können. Stoppt ein Kind den Missbrauch, kann der psychopathische Elternteil aus Langeweile oder aus Kalkül versuchen, mit allen Mitteln den Fahnenflüchtling zu zerstören: finanziell, körperlich, seelisch oder sozial.

Das sind natürlich extreme Fälle, die glücklicherweise nicht so häufig vorkommen. Aber immerhin gibt es in unserer Bevölkerung rund 1 % Psychopathen. In einer Kleinstadt wie Weinheim mit ihren 42.000 Einwohnern leben also 420 Menschen lebenslang ohne Zugang zu ihren Gefühlen und damit auch ohne jedes Mitgefühl. Ein weiteres Prozent erleidet mindestens einmal im Leben eine Phase der Schizophrenie. Ihre Wahrnehmung und das Denken können schwer beeinträchtigt sein.

Aussteigen lohnt sich!

Verlangen Sie nicht von sich, sich willentlich aus toxischen Beziehungen zurückziehen zu können, auch und besonders, wenn es ein Elternteil oder gar beide betrifft. Das ist eine Übung für Fortgeschrittene. Sie werden Unterstützung brauchen. Aber es lohnt sich! Bleiben Sie nicht in Ihrer „das schaffe ich nie“ Haltung stecken, die man Ihnen von klein auf beigebracht hat. Gönnen Sie es sich, andere – bessere – Erfahrungen zu machen. Es ist essenziell wichtig, dass Sie sich als selbstwirksam erleben. Jedes Fitzelchen frei gestaltetes Leben dient Ihnen. Fangen Sie am Besten gleich damit an: Sorgen Sie auf einer ganz fundamentalen Ebene gut für sich. Was für andere selbstverständlich klingen mag, ist für Kinder psychisch kranker Eltern manchmal schon der ganz persönliche Mount Everest:

Essen Sie, worauf Sie Lust haben und was Ihnen guttut. Trinken Sie, wenn Sie durstig sind. Gehen Sie zur Toilette, wenn Sie müssen. Ruhen Sie sich aus, wenn Sie müde sind. Laufen Sie eine Runde um den Block, wenn Sie Bewegung brauchen. Holen Sie sich eine Decke, wenn Sie frieren, oder ziehen Sie sich um. Nein, nicht erst noch dieses oder jenes fertig machen. Jetzt! Ihre Bedürfnisse sind wichtig. Achten Sie sie ab sofort kompromisslos. Sie haben es verdient. Lassen Sie Ihren Körper jeden Tag erleben, dass sich jemand liebevoll und fürsorglich um ihn kümmert: Sie.

Text: Petra Weiß
Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

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Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin und Fachjournalistin für das Ressort Medizin & Gesundheit. Seit 2006 ist sie in ihrer Praxis für Ganzheitsmedizin und Psychotherapie niedergelassen. Sie hat sich auf Traumatherapie und systemische Familientherapie spezialisiert. Ihr Wissen und ihrer Erfahrungen teilt sie in Form von Text- und Video-Beiträgen mit der Welt. Sie gibt das Online-Magazin Weißheiten: vom Ich zum Selbst heraus.

Wer die Sprache beherrscht, beherrscht seine Mitmenschen.

Lesedauer ~9 Minuten
Rubrik: Manipulative Muster.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Manipulation anderer, wobei der Begriff Manipulation durchaus nicht negativ besetzt ist. Es handelt sich hierbei lediglich um eine gezielte Beeinflussung von Individuen unter Berücksichtigung der Wirkung von verschiedenen rhetorischen Stilmitteln auf die menschliche Psyche und das hieraus resultierende Verhalten.

Diese Wirkung hängt stets vom Zusammenspiel von gesprochener Sprache und Körpersprache ab, d.h. ein Redner wirkt nur dann überzeugend, wenn die Art seiner Kleidung, seine Gestik, Mimik und Körperhaltung seine Werte unterstreichen und bekräftigen. Die Körpersprache muss stimmen. Sie stellt jedoch nur die Grundlage für eine überzeugende Rede dar. Wir wollen uns hier also mit dem Hauptmedium zur Übermittlung von Botschaften befassen, nämlich mit dem Wort.

Sprache vermittelt nicht nur Wissen, sondern vor allem auch Gefühle. Psychologen haben längst herausgefunden, welche Wortkombinationen und Formulierungen sogenannte Schlüsselreize auslösen, und nicht nur kluge Köpfe aus der Werbebranche machen sich diese Erkenntnisse seit Jahrzehnten zunutze. Kurze, prägnante Sätze oder Satzfragmente überwiegen hier und zielen zumeist auf die emotionale Ebene der potenziellen Käufer.

Wie Elmar Leterman in seinem Buch „Verkaufen durch Showmanship“ sehr einleuchtend darstellt, besteht Verkauf im weitesten Sinne zu 90 % aus „Emotion/Illusion“, gewissenhaft verpackt, in sorgfältig überlegte Worte, erzielen sie meist die gewünschte Wirkung. Die Verkaufszahlen werbeintensiver Firmen beweisen dies. Letermans These trifft auch auf andere Bereiche des „Verkaufs“ zu, die nicht direkt etwas mit dem Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen zu ttun haben, und zwar mit dem „Verkauf“ von Information oder Meinung.

Ein Blick in die Vergangenheit konkretisiert diese Aussage. Gemeint ist Adolf Hitler als Beispiel für die negativen Auswirkungen, wenn ein Mensch andere mit Hilfe von Sprache beherrscht. Hitler hielt keine Reden, er hatte Auftritte, denn seine Kundgebungen waren wahre Meisterwerke der Rhetorik. Jedes einzelne Wort war mit aller Sorgfalt ausgewählt, jede Pause gezielt platziert und jeder „Gefühlsausbruch“ perfekt gespielt. In dem Film „Hitler – eine Karriere“ wird anschaulich gemacht, wie er durch emotionsgeladene Auftritte die Massen bewegte.

Doch die Zeiten der Manipulation durch sprachliche Mittel sind längst nicht vorbei. Die Ausführungen unserer Politiker verdeutlichen dies sehr gut. Als aktuelles Beispiel hierfür sind die Wahlreden der amerikanischen Präsidentschaftskandidatur zu nennen, die mit Hilfe ausgeklügelter Formulierungen unsere berechenbare Psyche durchdringen und in Verbindung mit den durch sie ausgelösten Emotionen die gewünschte Wirkung erzielen. Wesentlich ist oft nicht (nur) die Botschaft, sondern deren Präsentation, die „Verpackung“.

Doch nicht nur auf nationaler oder internationaler Ebene, nicht nur in der Werbung und im Verkauf, sondern auch im privaten Bereich spielt die Beherrschung der Sprache zur Beeinflussung der Mitmenschen eine entscheidende Rolle. Wer seine Argumente geschickt formuliert und in entsprechender Art und Weise zum richtigen Zeitpunkt artikuliert, wird kaum Schwierigkeiten haben, seine Meinung durchzusetzen.

Negative Folgen hieraus können sich nur dann ergeben, wenn die „Adressaten“ die Argumentationstaktiken des „Absenders“ von Information oder Meinung nicht durchschauen bzw. erkennen können, denn dann laufen sie Gefahr, nicht überzeugt, sondern überredet zu werden.

Genau das passierte im Dritten Reich. Kein Mensch, der bei halbwegs klarem Verstand ist, kann davon überzeugt sein, dass es gut ist, Juden zu töten, deshalb halte ich den Ausdruck „ein überzeugter Anhänger Hitlers“ für falsch. Es ist aber, wie die Vergangenheit zeigt, sehr gut möglich, Tausende von Menschen emotional für eine Sache zu begeistern, die man rational nicht logisch begründen kann. Nun ist die Nazi-Zeit ein sehr krasses Beispiel für das Problemfeld, das mit der Beherrschung der Menschen durch die Beherrschung der Sprache in Zusammenhang steht.

Kleinere Katastrophen durch Massenmanipulation mit Hilfe von sprachlichen Mitteln laufen auch heute zum Beispiel in Frankreich – hier sei der Name Le Pen erwähnt – oder in Südafrika ab.

Eine weitaus harmlosere Form der Beeinflussung wird durch psychologische Tricks in der Werbung erzielt, die zum Kauf eines bestimmten Produkts stimulieren sollen, denn nur zirka 10 % der Werbung bezieht sich sachlich auf die Eigenschaften desselben, doch hier gehen Manipulation und rationale Überzeugung fließend ineinander über.

Auch im privaten Bereich hat berechnendes, die Reaktion des anderen miteinbeziehendes Verhalten einen negativen Touch, und doch kommt es immer wieder erfolgreich zur Anwendung, denn viele wenden sprachliche Mittel völlig unbewusst an und erzielen – ohne dass sie eigentlich genau wissen warum – den gewünschten Erfolg.

Jeder sollte sich aber bewusst mit der Wirkung von Sprache auf andere beschäftigen, obgleich Beherrschung von Sprache gleichbedeutend mit Macht über andere sein kann, dennoch ist die genaue Kenntnis des „Machtinstrumentes“ Sprache wichtig, um die Mitmenschen überzeugen zu können und die eigenen Ziele zu erreichen, und sie ist geradezu unerlässlich, wenn es darum geht, Machtmissbrauch zu vermeiden, indem man die Manipulationsversuche anderer erkennt und sich ihnen in geeigneter Weise entziehen kann.

Dieser Deutschaufsatz stammt aus dem Jahr 1988, damals war ich 18 Jahre alt. An dem Aufsatz habe ich als Text-Profi mit mehr als 20 Jahren Erfahrung nichts Wesentliches auszusetzen, außer dass einige Sätze etwas zu lang sind. Um ehrlich zu sein, bin ich ganz schön stolz auf den Teenager, der ich einmal war.

Ein Germanist mit überkämmter Glatze und schlecht sitzendem Anzug hat mir damals 8 von 15 Punkten gegeben und mein Heft mit seinem Rotstift über und über verunziert. Eine ganze Seite lang ist seine unberechtigte Kritik. Am meisten erheitert mich heute sein Satz „Achten Sie auf die Formulierungen“ mit dem Vorwurf, es mangle ihnen an Präzision. Ich hoffe und bete, dass Pädagogen heutzutage Ausnahmetalente erkennen, wenn sie im Klassenzimmer vor ihnen sitzen und sie angemessen fördern.

Text und Foto: Petra Weiß

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Stimmen Sie zu?

Lesedauer ~8 Minuten

Wenn Sie im Internet unterwegs sind, klicken Sie auf fast jeder Website auf einen Knopf mit der Aufschrift „Ich stimme zu“. Diese Einrichtung soll dazu dienen, Ihre Daten zu schützen. Sie haben die Möglichkeit, umfassende Ausführungen zur Verwendung Ihrer Daten zu lesen, bevor Sie die Meldung bestätigen. Tun Sie das? Vermutlich nicht immer. Das wäre eine aufwändige Freizeitbeschäftigung mit wenig Unterhaltungswert.

Mir geht es an dieser Stelle nicht um Datenschutz. Ich möchte die Beobachtung aus psychologischer Sicht einordnen: Wir gewöhnen uns daran, reflexhaft unsere Zustimmung zu bekunden, ohne uns damit auseinanderzusetzen, WOZU wir hier nicken. Das ist bedenklich.

Mir fällt in diesem Zusammenhang ein alter Verkäufertrick ein: Der Kunde bekommt mehrere Fragen gestellt, die er sicher mit „ja“ beantworten wird, um den Weg zum ersehnten „ja“ – nämlich zur Kaufentscheidung – zu bahnen. Unser Unterbewusstsein begünstigt eine Abfolge von aneinandergereihten Zustimmungen. Deshalb halte ich es für wichtig, dass wir uns dessen sehr bewusst sind, wenn diese Beeinflussung gerade geschieht.

Ähnliches erlebt man manchmal bei medizinischen Maßnahmen. Kurz vor einer Darmspiegelung musste ich vor Ort unterschreiben, dass es vollkommen in Ordnung sei, wenn man mich bei der Untersuchung versehentlich umbringt. Hätte ich nicht unterschrieben, wäre das erschöpfende Abführen der vergangenen 24 Stunden umsonst gewesen.

Meine Zustimmung diente dem Haftungsausschluss. Wenn der Arzt meine Darmwand perforiert hätte, wäre das Krankenhaus nicht haftbar gewesen. Man könnte meinen, dass es nicht angebracht sei, solch ein Dokument den aufgeregten Patienten direkt vor so einem Eingriff unter die Nase zu halten. Welche praktische Chance auf Widerspruch haben sie an dieser Stelle noch?

Nicht nur durch unsere Unterschrift bestätigen wir Zustimmung, auch durch unser Handeln. Ein Beispiel sind mögliche Schäden durch Arzneimittel. Der Beipackzettel berichtet über alle Nebenwirkungen. Die einen wollen genau wissen, welche Beschwerden durch das Medikament verursacht werden können. Die anderen schauen lieber gar nicht erst hin.

Der verschreibende Arzt muss uns über alle Risiken aufklären, wenn er uns ein Mittel erstmalig verordnet. Nehmen wir einmal an, dieser gesetzlichen Bestimmung würde in den Praxen ausnahmslos nachgekommen: Wie wägen Sie ab, was Sie einnehmen und was nicht? Sind Sie umfassend in Kenntnis über   Notwendigkeit, Nutzen und Gefahren, um eine aufgeklärte Entscheidung treffen zu können? Oder stimmen Sie dem Mediziner in blindem Vertrauen zu?

Wir stimmen zu, weil ein Fachmann uns seine Meinung gesagt hat. Wir stimmen zu, weil wir keine Zeit haben. Wir stimmen zu, weil wir scheinbar keine andere Wahl haben. Wir stimmen zu, weil alle dazu nicken. Wir stimmen zu, um nicht in einen Streit zu geraten. Wir stimmen zu, um zur Gruppe gehören zu dürfen. Wir stimmen zu, weil es als moralisch einwandfrei oder politisch korrekt gilt. Wir stimmen zu, um keinen Shitstorm zu ernten. Wir stimmen zu, um gut dazustehen.

Wir stimmen nicht mehr zu, weil wir es RICHTIG finden, sondern weil es gemäß der vorherrschenden Bewertung als GUT gilt. Es entspricht den allgemein anerkannten Werten. Ob eine Zustimmung unseren eigenen Werten widerspricht, blicken wir erst, wenn sich danach ein ungutes Gefühl einstellt. Und das bemerken wir nur, falls wir aufmerksam in uns hinein spüren.

In einem psychologischen Experiment hat man eine Gruppe von Menschen eine sehr einfache Frage gestellt. Bis auf die eigentliche Testperson, waren alle anderen angehalten, eine falsche Antwort zu geben – und zwar alle dieselbe. Von dieser Absprache wusste die Testperson nichts. Sie stand mit ihrer offensichtlich richtigen Entscheidung also alleine da. Und was war das Ergebnis der Unersuchung? Sie hat sich der anderen – sichtbar falschen – Meinung aus Gruppendruck heraus angeschlossen. Erst als eine weitere Person ihre Entscheidung unterstützte, hat sie sich getraut, ihre Ansicht zu vertreten.

Wir leben in einer Kultur der mehr oder weniger druckvoll herbeigeführten Zustimmungen. Durch die alltägliche Wiederholung erscheint uns das normal. Im ersten Schritt ist es deshalb notwendig, die Situation zu begreifen. Mit diesem Beitrag will ich Sie anregen, darauf zu achten, an welchen Stellen Sie zustimmen, ohne den Sachverhalt geprüft zu haben und ohne selbst zu der Meinung gelangt zu sein, dass es RICHTIG für Sie ist zuzustimmen.

Lassen Sie sich nicht von erhobenen Zeigefingern davon abhalten, Ihren eigenen Standpunkt zu finden. Moralisten würgen jeden sachlichen Austausch ab, indem sie meinen, bestimmen zu können, was als GUT gelten darf – es muss noch nicht einmal RICHTIG sein. Was als GUT eingestuft wird, ist aber eine Entscheidung, die für jeden Menschen unterschiedlich ist und sein darf. Niemand kann Ihnen sagen, was in Ihrem Leben als GUT zu bewerten ist.

Ihr Kopf kann Ihnen sagen, was WAHR ist, der Bauch gibt Hinweise, was Sie als SCHÖN und lustvoll empfinden. Was aber GUT ist, entscheidet Ihr Herz. Über die Wahl zwischen der Unlustvermeidung aufgrund des Bauchgefühls und dem Urteil der Nützlichkeit aus dem Verstand hat das Herz die Hoheit. Der Wegweiser ist Ihre einzigartige Wertehierarchie.

Natürlich müssen Sie nicht jedes mal alle Datenschutzregeln durchlesen, wenn Sie auf eine Website gehen wollen. Mein Ziel ist es, dass Ihnen das Reflexhafte der Zustimmung bewusst wird. Und dass Sie an wichtigen Stellen aufhorchen, wenn jemand Ihre Zustimmung einfordert. Dann können Sie frei entscheiden, welche Prüfsteine für Ihre Zustimmung gelten.

Sie haben Ihre eigenen Werte, die Sie gemäß einer inneren Landkarte unterschiedlich gewichten. Werden Sie sich Ihrer Werte bewusst. Nach diesen zu entscheiden und zu handeln bedeutet, ein Leben in Aufrichtigkeit zu führen. Das wünsche ich Ihnen und uns allen von Herzen.

Text: Petra Weiß
Fotograf: Kai Tiesberger Copyright: Petra Weiß

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