Und was, wenn doch?

In den vergangenen Wochen habe ich eine gesundheitliche Krise erlebt. Ich war bereit, alles Mögliche zu unternehmen, um wieder gesund zu werden. Mit großer Disziplin habe ich sämtliche Maßnahmen umgesetzt, die ich mir vorgenommen hatte. Ich habe mir wirklich Zeit gelassen für die Genesung. Meinen Wiedereinstieg in den Beruf habe ich sorgfältig geplant. Dann war es endlich soweit. Voller Vorfreude bin ich losgelaufen auf mein „normales“ Leben zu.

Und dann kam völlig unerwartet ein neuer Schub.

Natürlich stellt man sich die Frage, wie es nun trotzdem dazu kommen konnte. Die Frage ist verständlich. Aber ist sie auch hilfreich? Wozu führt es, wenn wir uns damit beschäftigen, was wir falsch gemacht haben könnten? Aus medizinischer Sicht gibt es eine große Anzahl von denkbaren Auslösern, auch aus naturheilkundlicher und letztlich sogar aus der psychologischen Warte.

Schnell waren Erklärungen gefunden. Ich hatte nach 12 Jahren endlich einen neuen Allergietest gemacht und herausgefunden, dass meine Schoko-Allergie in Wahrheit eine Milchallergie ist. Mit Genuss habe ich mir neuerdings eine Tasse Haferdrink mit Kakao-Pulver und etwas Süße gegönnt. Nun stand der Zucker in Verdacht, den Schub ausgelöst zu haben. Man weiß ja, dass er entzündungsfördernde Eigenschaften hat. Mag sein.

Andererseits hatte ich direkt davor einen grippalen Infekt. Er könnte mein Immunsystem irritiert und aus dem fragilen Gleichgewicht gebracht haben. Klingt auch plausibel.

Eine Freundin meinte, meine Umsetzungsgeschwindigkeit beim Wiedereinstieg sei eventuell zu rasch gewesen. Lange über etwas zu brüten, um dann für das Umfeld überraschend schnell in die Umsetzung zu gehen, entspricht meinem Naturell. Trotzdem kann sie damit Recht haben.

Eine andere Freundin meinte, die Vergiftung der Atmosphäre durch Chemtrails sei in letzter Zeit besonders stark. Was uns insgesamt an Umweltgiften zugemutet wird, kann niemand wirklich einschätzten. Gesund ist das alles sicher nicht.

Und dann kam noch die berechtigte Frage auf, ob systemisch noch etwas bei mir zu lösen sein könnte. Nun ja: Ich wäre wohl der einzige Mensch auf der Welt, bei dem NICHTS Systemisches mehr zu lösen ist.

Was mache ich mit all den Anregungen und Gedanken?

Als Naturheilkundlerin war es 16 Jahre lang meine Aufgabe, mögliche Ursachen für gesundheitliche Merkwürdigkeiten zu finden und systematisch auszuschalten. Das hat den Vorteil, dass man etwas (vermeintlich) Sinnvolles tut, dass das Ohnmachtsgefühl aufhört und frischer Mut gefunden werden kann.

Und – vielleicht – liegt man mit der Ursachenforschung richtig, so dass das Problem tatsächlich durch die entsprechenden Maßnahmen verschwindet. So die Theorie.

Wissen kann man das freilich nicht.

Wir leben ja nicht im Labor. Nie ist nur eine Stellschraube verändert, so dass man genau sagen könnte: „DARAN hat es nun definitiv gelegen.“ Aber das hätten wir gerne. Dann hätten wir nämlich Kontrolle über die Situation und würden uns wieder sicher fühlen.

Realistisch betrachtet, hat niemand die Kontrolle über ein hochkomplexes System wie den menschlichen Körper. Weder ein Arzt, noch ein Heilpraktiker und leider auch nicht der Patient. Wie haben durchaus Einfluss. Aber wir können unsere Gesundheit nicht steuern.

Wollen wir das hören? Wohl kaum.

Viel lieber geben wir uns irgendwelchen Erlösungsphantasien hin. Wir bauen auf ein bestimmtes Mittel, eine aussichtsreiche Methode, einen vertraueneinflößenden Therapeuten. Die Therapeuten selbst stützen ihre Erlösungsphantasie meiner Erfahrung nach häufig auf „die Klinik“. Wenn der Arzt nicht weiter weiß oder seine Behandlung nicht anschlägt, dann erhält man eine Einweisung. Als ob in einem Großbetrieb im Pflegenotstand die Versorgung besser sein müsste als in der Haus- oder Facharztpraxis.

Die Technik soll’s richten? Meinetwegen gibt es diagnostische und therapeutische Schätze in Krankenhäusern. Statistiken aus dem Krebsumfeld belegen, dass eine frühe Diagnose leider keinen Vorteil für das Überleben der Betroffenen bringt. Wer hätte das gedacht? Wo doch Früherkennung so aggressiv beworben wird. So als könne man dem Teufel von der Schippe springen, wenn man nur früh genug Anlauf nimmt. Oder als seien die Therapien so segensreich für die Patienten, dass man nur zeitig genug damit beginnen muss und alles wird gut.

Für meine spezielle Erkrankung wäre mir im Krankenhaus dasselbe Vorgehen zugekommen wie zu Hause. Warum um alles in der Welt hätte ich dorthin gehen sollen? Meine Ärzte wären dann beruhigt gewesen. Sie hätten die Verantwortung abgegeben. Und ihren Glauben an die unfehlbare Medizin behalten. Damit wären sie selbst gewissermaßen erlöst gewesen. Mir hätte das keinen Vorteil gebracht.

Erlösungsphantasien sind sehr menschlich. Und phasenweise vielleicht sogar dienlich. Doch irgendwann kommen wir an einen Punkt, der uns mit der nackten Tatsache konfrontiert, dass wir nicht Gott sind. Und dass man Gesundheit nicht MACHEN kann. Weder mit schulmedizinischen Arzneien noch mit einer schlau ersonnenen alternativen Therapie.

Man kann Reize setzen, man kann Substanzen auffüllen, man kann Organe unterstützen. Aber eine Garantie für Heilung gibt einem all das nicht. Heilung ist immer eine Gnade. Sie widerfährt einem nicht als Lohn für besondere Mühen oder als Auszeichnung dafür, alles richtig gemacht zu haben.

Wenn das der Fall wäre, woran würden diejenigen, die alles richtig machen, dann sterben? Gar nicht? Und ist es überhaupt denkbar, alles richtig gemacht zu haben? Woran erkennen wir das? Am Resultat? Leben wir dann für immer? Nein. Wir sterben. Unweigerlich. Egal, wie richtig unserer Entscheidungen gewesen sind. Oder wie falsch.

Kommen wir zurück zum Ausgang: so viele mögliche Ursachen für meinen Schub. Viele davon klingen plausibel. Jeder könnte man nachgehen und entsprechende Maßnahmen aufsetzen. Ob man damit ursächlich an dem Problem arbeitet, kann niemand mit Gewissheit sagen. Genau genommen, wissen wir gar nicht, was solche Schübe auslöst. Es gibt nur Vermutungen. Wie gehen wir mit den Vermutungen um? Jeder Idee mit Eifer nachzulaufen, ist gar nicht möglich. Dabei würden wir uns völlig verausgaben.

Mir fiel meine Freundin Christine ein, die vergangenen Herbst gestorben ist. Die Frau hat sich hinsichtlich ihrer eigenen Erkrankung vorbildlich verhalten. In jeder Hinsicht. Sie hat klug abgewogen, was sie schulmedizinisch machen lässt und was nicht, hatte beste naturheilkundliche Unterstützung und mit beeindruckenden Erkenntnissen an ihren spirituellen Themen gearbeitet. Und dann ist sie trotzdem gestorben. Sie hatte – soweit man das von außen beurteilen kann – alles richtig gemacht. Woher sollen wir wissen, ob sie OHNE diese Maßnahmen deutlich kürzer gelebt hätte? Immerhin hat sich der ganze Prozess über sechs Jahre erstreckt. Das waren wichtige Jahre für die Familie der Frau, entscheidende Jahre als Mutter und Ehefrau. Wertvolle Zeit für ihre persönliche Entwicklung. Wesentliche Schritte für ihr Seelenheil sind in der Vorbereitung auf den Tod gegangen worden. Ob ihr ein schnelleres Ende etwas erspart hätte oder etwas genommen, wer will das beurteilen?

Meine Rolle war die der Freundin. Gleichzeitig hatte ich einige Expertise in eigenen schweren Krankheitserfahrungen und mein Wissen als Heilpraktikerin, das ich freimütig mit ihr geteilt habe. Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich genug für sie getan habe. Quälende Schuldgefühle haben mich eine Zeitlang begleitet. Ein Gespräch mit dem Witwer brachte Entlastung. Ich hatte genug getan. Es war kein Anspruch an mich offen geblieben. Niemand hat von mir erwartet, dass ich Christine rette. Das war nicht möglich. Die Phantasie loszulassen, man könne selbst für einen geliebten Menschen ein Erlöser sein, ist am schwersten. Und gleichzeitig führt uns diese Demut in die Entspannung. Wir können unsere Bemühungen auf ein vernünftiges Maß reduzieren.

Wenn Menschen aus dem Leben gehen, sind noch ganz andere Kräfte am Werk als unser kleiner Verstand begreifen kann. Das ist meine Überzeugung. Unser Einfluss auf die kosmischen Ereignisse wie Geburten und Sterbevorgänge ist begrenzt.

Ob meine Freundin mit anderen Maßnahmen länger gelebt hätte und vielleicht wieder gesund geworden wäre?

Menschen mit Erlösungsphantasien behaupten so etwas. Eine Chemotherapie, eine Bestrahlung oder eine radikale Operation müssen oft als Erlösungsphantasien herhalten. Ja, hätte man doch nur die Chemo / die Strahlentherapie / den Eingriff gemacht, dann, ja dann wäre alles anders gelaufen… Zumindest, wenn man es früh genug gemacht hätte. Woher will man das wissen? Man weiß es nicht. Selbst wenn die Statistik so eine Aussage stützen würde – was sie nicht tut! – was bedeutet die mathematische Auswertung zu Daten von ganz anderen Menschen für meine Freundin Christine?

Erlösungsphantasien sind erst einmal genau das: Phantasien. Sie können mit der Realität etwas zu tun haben – müssen sie aber nicht.

In meiner Nachbarschaft ist eine christliche Gemeinde, deren frommer Zweck sich auf die Erlösung der Seelen ausrichtet. Sie singen sonntags aus vollen Kehlen und hoffen darauf, am Tag des jüngsten Gerichts ins Himmelreich einzugehen.

Es steht mir nicht zu, diesen oder irgendeinen Glauben zu beurteilen. Ich will nur darauf hinweisen, dass Erlösungsphantasien in das Reich des Glaubens gehören. Bei religiösen Veranstaltungen sind sie richtig untergebracht, nicht in einer medizinischen Sprechstunde. Es sei denn, der Mediziner begreift sich als spiritueller Begleiter und macht das deutlich.

Im Alltag erleben wir häufig in Praxen Heilsversprechen, die eigentlich niemand so von sich geben darf. Es ist per Gesetz verboten, einem Patienten zu erzählen, dass er durch dies oder das gesund werden wird. Stattdessen müsste er über Chancen und Risiken seiner Behandlung sachlich und ausgewogen aufgeklärt werden.

Einerseits kommt den Menschen durch die offenen oder versteckten Heilsversprechen der Placebo-Effekt zugute: Wenn er fest an den positiven Einfluss einer Arznei glaubt, unterstützt das seine Gesundheit im ganzheitlichen Sinne. Andererseits: Was ist mit all denen, die trotzdem nicht gesund werden – haben sie zu wenig geglaubt?

Noch üblicher sind leider Situationen, in denen die Kranken Angst gemacht bekommen: „Wenn Sie nicht diese oder jene Therapie machen, werden Sie sterben / krank bleiben / es wird immer schlimmer werden, usw. Und dann können wir nichts mehr für Sie tun…“

Während ich das schreibe, spüre ich Zorn in mir aufsteigen. Er richtet sich auf die Arroganz, mit der solche Behauptungen in den Raum gestellt werden. So als sei mit der passenden Therapie jede noch so schwerwiegende Erkrankung zu heilen, wenn nur der Patient mitspielt. Auf diese Weise behält ein Mediziner sein Weltbild, das sich auf Machbarkeitswahn und Größenphantasien stützt. Mit Demut und Bescheidenheit hat das leider nichts zu tun. Und auch nicht mit Respekt vor dem Menschen, der sich hilfesuchend an ihn wendet.

Die Patienten bleiben oft mit diffusen Schuldgefühlen zurück. Irgendetwas haben sie wohl falsch gemacht, sonst hätte die Behandlung ja gewirkt und sie wären wieder gesund.

Und was, wenn nicht?

Es gibt so viele Gründe, sich gegenüber der eigenen Gesundheit schuldig zu fühlen. Wer macht schon alles richtig? (Vermeintliche) Ernährungssünden, etwas Übergewicht, zu wenig Bewegung, Genussgifte, Stress. Trifft nicht auf praktisch jeden von uns einer der üblichen „Anklagepunkte“ zu? Mir wäre das gar nicht so aufgefallen, wenn ich nicht gerade 25 Kilo abgenommen hätte und nun niemand mehr behaupten kann, dass ich zu viel auf den Rippen habe. Jetzt erst wird mir bewusst, wie ich unterschwellig immer wieder mit meinem vorherigen Übergewicht als Erklärung für gesundheitliche Probleme konfrontiert war. Die Waage zeigt meinen „Freispruch“. Eindeutig. Nein, daran kann es wirklich nicht liegen. Entspannung macht sich breit. Warum eigentlich?

Permanent werden wir unter latente Schuldgefühle gesetzt, weil irgendetwas nicht mit unserem Verhalten oder mit unserem Sosein stimmt. Wieso lassen wir das mit uns machen?

Weil es einfacher ist, an einen Fehler zu glauben als uns für die Möglichkeit zu öffnen, dass es vielleicht gar keine (Er-)Lösung gibt. Daher sind Erlösungsphantasien besonders lange aufrecht zu erhalten, wenn sie schwer zu erreichen sind. Eine Phantasie wäre ja sofort als solche enttarnt, wenn man etwas einfach nur ausprobieren könnte und dann sieht, ob es nützt oder nicht.

Mehr hat man an der Erlösungsphantasie, wenn sich ihrer Erfüllung in die Länge zieht. Dann muss es ausschließlich dieser Professor sein, bei dem man erst in ein paar Monaten einen Termin bekommt. Dann muss es unbedingt diese experimentelle Behandlung sein, für die man leider noch keinen Therapeuten gefunden hat. Oder die Arznei, auf die man jahrelang sparen muss, weil sie so sündhaft teuer ist. Zumindest muss die Behandlung Nebenwirkungen versprechen, die dann schwer zu ertragen sein werden. Erlösung darf scheinbar nicht zu einfach sein, sonst wird sie unglaubwürdig. Aha.

Wir programmieren unser Unterbewusstsein mit solchen Überzeugungen. Wenn die Programmierung wirkt, werden wir womöglich tatsächlich gesund, sobald wir das Ersehnte endlich erhalten haben. Ob uns dann die Arznei kuriert hat oder unser Glauben an sie, lässt sich nicht beantworten. Wir wissen es nicht.

So eine Programmierung kann durchaus nützlich sein. Oder hinderlich: Denn sie stellt eine Bedingung an die Genesung, die erst erfüllt sein muss. Mit dieser Verinnerlichung können wir mitunter gar nicht gesund werden bevor wir nicht den erlösenden Zaubertrunk erhalten haben.

Ich denke, einige Therapiekonzepte haben mehr mit Magie zu tun als mit Medizin. Das wird Ihnen Ihr Arzt natürlich nicht sagen.

Er wendet die Therapien A, B, C und D an. Und wenn bei der Therapie E die Symptome verschwinden, meint er mit dem Brustton der Überzeugung, dass seine Behandlung endlich angeschlagen hat. Hat sie das? Warum ist A bei anderen Patienten mit derselben Krankheit erfolgreich gewesen und hier nicht? Ja, klar: Jeder Mensch ist individuell, was wirkt kann unterschiedlich sein. Wer kann wissen, wie viel und wie lange man A hätte anwenden müssen, um etwas zu bewirken? Statistik? Vergessen Sie’s. Das sind schwarze Zahlen auf einem weißen Blatt Papier. Für den konkreten Menschen kann das etwas über eine berechnete Wahrscheinlichkeit aussagen – sie kann mit der Wirklichkeit zu tun haben oder auch nicht.

Nun müssen wir natürlich Entscheidungen treffen. Und Erfahrungswerte dienen uns dabei als Anhaltspunkte. Was ich sagen will ist: Sie sind genau das – Anhaltspunkte. Nicht mehr und nicht weniger. Ohne Garantie. Auf die Erfahrungen von anderen zu bauen, erspart uns scheinbar eigene und verkürzt unsere Wege. Wirklich?

Selbst wenn meine eigene Erkrankung mit einer bestimmten Therapie deutlich besser wurde – woher weiß ich, dass die Veränderung ursächlich an ebendieser Behandlung lag?

Für mich war die Homöopathie lange Zeit so eine Erlösungsphantasie. Ich hatte erlebt, dass an einer angeblich hoffnungslos vernarbten Stelle auf der Kopfhaut Haare wuchsen, nachdem ich Natrium chloratum eingenommen hatte. Der verordnende Arzt trug in meiner Vorstellung einen Heiligenschein. Ja, ich übertreibe ein bisschen. Aber nicht sehr. Nach diesem „Erfolg“ habe ich seine Anweisungen brav befolgt und war überzeugt davon, damit alles richtig zu machen. Ein Guru war geboren.

Sehr irritiert war ich, als mir später klar wurde, dass der Mann auch nur mit Wasser kochte und tatsächlich sogar Fehler machte. Ich will nicht sagen, dass er ein Geschäftemacher gewesen ist, aber meine Gläubigkeit hat ihm ein hübsches Sümmchen Umsatz über einige Jahre beschert. Erst sein Umzug in ein anderes Land hat unsere Zusammenarbeit beendet.

Kein Mensch kann sagen, ob ich auch ohne das Mittel Haarwuchs bekommen hätte. Ob er genauso üppig gewesen und zum selben Zeitpunkt aufgetreten wäre. Mein Glaube an die Homöopathie war fortan unerschütterlich. Ich war immer auf der Jagd nach dem einen konstitutionellen Mittel, das all meine Beschwerden auflösen würde: mein ganz persönliches Elexir.

Dass es so schwer zu finden ist, sprach für die Erlösungsphantasie. Ich wollte keine Composita oder Komplexmittel mit verschiedenen Inhaltsstoffen, sondern nur DAS EINE Mittel. Unzählige Stunden habe ich über homöopathischen Auswertungen verbracht, einen erfahrenen Homöopathen zurate gezogen, kinesiologisch und per Elektroakupunktur getestet. Unermüdlich.

Manchmal hatte ich in der Nacht eine Eingebung, welchem ungewöhnlichen Symptom ich nachgehen könnte, stand auf und saß stundenlang am Rechner. Homöopathie ist eine gute Methode. Sicherlich. Aber sie greift nicht in die Schöpfung ein. Wenn ich jetzt krank bin und mein Körper gerade keine regulierenden Impulse annehmen kann, dann hilft das gewissenhaft ausgewählte Kügelchen leider auch nicht.

Das zu erkennen, war ein wesentlicher Schritt in meiner seelischen Genesung. Als ich den Homöopathie-Schrank bewusst geschlossen und die Bücher zur Seite gestellt habe, fiel eine große Last von mir ab. Ich hatte nicht bei der Auswahl versagt und musste mich noch mehr anstrengen. Im Gegenteil: Ich konnte endlich loslassen. Das Problem würde sich auch ohne aufwändiges Repertorisieren lösen lassen. Oder eben nicht.

Ist es denn nicht richtig, Hoffnung zu haben? Doch. Die Frage ist, wie fanatisch wir an einer Idee haften. Das Maß an Verbissenheit ist ein guter Hinweisgeber. Wenn nur diese eine Lösung möglich erscheint und wir bereit sind, dafür geradezu übermenschliche Anstrengungen zu unternehmen, sind wir vermutlich einer Erlösungsphantasie aufgesessen. Das kann passieren. Wir sollten uns darüber nur bewusst werden. Das wird unseren Entscheidungen ihren Absolutheitsanspruch nehmen.

Wenn man das Prinzip anhand der gesundheitlichen Entscheidungen verstanden hat, kann man die Erkenntnis auf das ganze Leben übertragen. Wir treffen jeden Tag Entscheidungen und beobachten danach Veränderungen oder auch nicht. Das eine kann mit dem anderen zusammenhängen. Muss es aber nicht. Jedenfalls nicht in der Wenn-Dann-Sonst Funktion, die beim Computer möglich ist.

In spirituellen Kreisen höre ich immer wieder die Auffassung, wir seien Schöpferwesen, die ihr Leben frei gestalten können. Ahnen Sie, welche Fallstricke in dieser Sichtweise liegen? Wir können etwas beeinflussen, aber bestimmen können wir das Schicksal nicht. Da können Sie meditieren so viel Sie wollen, sich kosmische Symbole tätowieren lassen oder Ihre Chakren von früh bis spät harmonisieren. Sie sind nicht Gott. Beim Versuch, Ihr Los nach Belieben verändern zu können, werden Sie zwangsläufig scheitern und sich dann noch schlechter fühlen. Lassen Sie das.

Menschen sind hoch komplexe lebende Wesen, eingebunden ist noch höher komplexe Systeme. Wir haben nicht die geringste Chance, alle Bedingungen im Blick zu haben, die in unserem Leben Veränderung bewirken. Wir meinen nur, wir hätten die Kontrolle. Das ist ein Trugschluss. Zumindest im größeren Rahmen ist es gut, den Anspruch auf Steuerung ab und zu einmal sinken zu lassen. Hingabe heißt die Eigenschaft. Vielleicht liegt in ihr die wahre Erlösung – ganz unangestrengt.

 

Text: Petra Weiß

Foto: Thomas Max Müller / PIXELIO

Verantwortung – Licht im Nebel

Verantwortungsbewusst sein setzt voraus, dass man versteht, was Verantwortung eigentlich ist. Schauen wir uns an, in welchen Zusammenhängen das Wort landläufig Verwendung findet: Da will jemand verantwortlich sein für ein Budget von 4 Millionen Euro. Jemand anders übernimmt die Verantwortung für ein Projekt und ein weiterer fühlt sich für 25 Mitarbeiter verantwortlich. Soso.

Räumen wir doch erst einmal die Missverständnisse aus dem Weg.

Für Menschen verantwortlich sein kann man nur, wenn man ihr Vormund ist, im Rahmen einer Elternschaft beispielsweise. Vormundschaft setzt die Unmündigkeit der Betreffenden voraus. In der Regel gilt das nicht für Mitarbeiter. Erwachsene mündige Menschen sind grundsätzlich für sich selbst verantwortlich. Punkt.

Verantwortung übernehmen kann man schon mal gar nicht. Verantwortung hat man. Und zwar egal, ob einem das passt oder nicht. Verantwortung hat man ohne weiteres Zutun, ohne irgendeine Erklärung oder besondere Bereitschaft – für jede einzelne Entscheidung, die man trifft, für jedes Wort und jede Tat, die einer Entscheidung folgen. Sogar für das Nichtsagen und für das Nichthandeln trägt man Verantwortung. Automatisch. Die Wahl hat man nur, ob man sich seiner Verantwortung bewusst wird und sich ihr stellt. Man kann sie auch leugnen. Das ändert nichts daran, dass man sie hat. Sie geht mit der Entscheidung einher.

Und wenn Sie sich einfach nicht entscheiden? Tja, dann ist das Ihre Entscheidung, deren Verantwortung bei Ihnen liegt. Der Ball ist in Ihrem Feld, sobald eine Entscheidung fällig wird. Obwohl ständig vom Übernehmen und Übertragen von Verantwortung die Rede ist, halte ich diese Formulierungen grundsätzlich für falsch.

Was man übergibt oder übernimmt, ist eine Aufgabe. Wer sie annimmt ist für die Aufgabe dann zuständig. Das wird oft verwechselt. Verantwortlich ist man für alle Entscheidungen, die innerhalb der Erledigung dieser Aufgabe von einem selbst getroffen werden. Nicht mehr und nicht weniger.

In der Geschäftswelt scheint es in Mode gekommen zu sein, möglichst viel sogenannte „Verantwortung“ in Form von Führungsaufgaben oder Budget einzufordern, ohne dass man Verantwortung im eigentlichen Sinne wirklich tragen will.

Ein Budget an sich ist kein Gegenstand irgendeiner Verantwortung. Geld ist nur ein Werkzeug zur Erfüllung einer Aufgabe, für die jemand zuständig ist. Der finanzielle Rahmen ist eine wichtige Bedingung, die er genau prüfen sollte, bevor er entscheidet, einen Job anzunehmen. Für die Entscheidung – Sie ahnen es – ist er verantwortlich. Für seine Beschlüsse über die Verwendung des Geldes im Rahmen seiner Befugnisse trägt er die Verantwortung.

Wie wirken Rahmenbedingungen auf die Verantwortlichkeit?

Hier kommt der Gesichtspunkt von Rahmenbedingungen auf. Sie sind oft von Bedeutung und werden manchmal viel zu wenig beachtet. Unter welchen Umständen übernehme ich beispielsweise eine Aufgabe? Habe ich alle wesentlichen Informationen, um eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen? Kann ich mir schlüssig erklären, warum ich nicht nach diesen oder jenen Konditionen gefragt habe? War ich blauäugig? Habe ich mich verlocken lassen? Womit und warum? Wenn ich meine eigene Entscheidung nachvollziehen kann, auch wenn sie sich später als falsch herausstellt, trage ich bewusst die Verantwortung. Wie leicht oder schwer mir das fällt, hängt damit zusammen, ob ich nach meinen eigenen Werten entschieden habe. Und welche Konsequenzen meine Entscheidung hatte.

Was heißt denn das: verantwortlich sein?

Es geht nicht darum, immer alles richtig zu machen, seine eigenen Ansprüche stets zu 100 % zu erfüllen oder immer gemäß seiner Werte zu handeln (das hieße Selbsttreue). Es geht darum, eine gute Antwort zu haben. Nicht für irgendwen, sondern sich selbst gegenüber. Wenn Sie sich eines Tages fragen, warum Sie sich so oder so entschieden haben, brauchen Sie eine Antwort, die aufrichtig ist. Im besten Fall sind Ihre Worte mit Ihren tiefen Überzeugungen dabei in Einklang. Das meine ich mit einer „guten“ Antwort. Solche Antworten setzen Bewusstheit voraus. Sie müssen sich Ihre Beweggründe für eine Entscheidung gewahr und über Ihre Werte im Klaren sein. Zusätzlich brauchen Sie die Unterscheidungsfähigkeit zwischen eigenen Werten und übernommenen. Das ist eine Übung für Fortgeschrittene.

Verantwortung und Werte

Zur Veranschaulichung betrachten wir ein alltägliches Beispiel: Ich habe die Aufgabe übernommen, einen Beitrag zum Thema „Verantwortung“ zu schreiben. Meine Beweggründe sind mir bewusst: Ich möchte mehr Aufrichtigkeit in die Welt bringen. Aufrichtigkeit steht im Mittelpunkt meiner Werte. Das Klären von Missverständnissen trägt dazu bei. Weil ich beobachtet habe, dass Verwirrung herrscht, ist es mir ein Bedürfnis, den Nebel zu lichten. Ich verfüge über die Fähigkeiten und Mittel, das in Form eines Essays zu tun. Die Verantwortung für die Entscheidung, diese Aufgabe zu erfüllen, kann ich mit Leichtigkeit tragen.

Nehmen wir an, ich würde einen Beitrag schreiben, der mit Aufrichtigkeit nichts zu tun hat und der inhaltlich auch kein anderes aus meiner Sicht ehrenhaftes Ansinnen unterstützt. Vielleicht würde ich so einen Auftrag übernehmen, um Geld zu verdienen. Den Lebensunterhalt sichern zu wollen, ist ein gewöhnlicher Grund zum Arbeiten. Daran ist nichts Ehrenrühriges, Verantwortung inklusive.

Anders schaut es aus, falls ich mit dem Job einen meiner wichtigen Werte verletze. Nehmen wir einmal an, ich könnte einen Beitrag für ein Magazin schreiben, dessen Herausgeber gerade wegen Drogenhandels verurteilt worden ist. Wenn ich selber Dealer aus Überzeugung wäre, machte mir das nichts aus.

Steht sein Nebengeschäft und die damit verbundene Haltung meinen Überzeugungen allerdings entgegen, entsteht ein Werte-Konflikt. Gesetzt der Fall, mir wäre es wichtig, dass Menschen ihr Leben frei gestalten können, dann wäre es für dieses Ziel nicht zweckdienlich, jemanden von einer Substanz abhängig zu machen, erst recht nicht, wenn sie seine Sinne vernebelt. Unterstütze ich einen solchen Chef beim Geldverdienen, dann muss ich damit rechnen, dass die durch mein Zutun gewonnenen Euros in unlautere Geschäfte fließen. Also diene ich indirekt einem Ansinnen jenseits meiner vertretbaren Interessen.

Wann kann ich das verantworten und wann nicht?

Entscheide ich mich für den Job in diesem Wissen, brauche ich dafür triftige Gründe. Wenn ich ebenso für jemand anderen schreiben kann, sind sie schwer zu nennen. Sind alle Verlage in Drogenhandel verstrickt oder an meiner Arbeit nicht interessiert, entfällt das Argument. Habe ich ein sattes Polster und bin auf den Umsatz nicht angewiesen, ist die Entscheidung ebenfalls fragwürdig. Müssen sonst meine Kinder hungern oder ich verliere das Dach über dem Kopf, werde ich in ein paar Jahren noch verstehen können, warum ich mich heute so entschieden habe, auch wenn ich nicht stolz auf diese Wahl bin.

Sehen Sie, worin die Verantwortung besteht? Man braucht hieb- und stichfeste Gründe für eine Entscheidung. Sie müssen nicht für irgendwen griffig sein, sondern nur für einen selbst.

Von Natur aus subjektiv

All diese Betrachtungen stelle ich natürlich nur AUS MEINER WARTE an. Mein Blickwinkel ist durch meine Erfahrungen und durch meine Eigenart genau so entstanden wie er ist. Bestimmt werden Sie auch andere Definitionen und Meinungen finden. Ob Sie einen solchen Sachverhalt ähnlich einschätzen oder ganz anders, hängt von Ihren Werten ab, die ebenfalls ihre Entstehungsgeschichte haben. Sie dürfen von meinen durchaus abweichen und tun das wahrscheinlich auch.

Damit wir uns richtig verstehen: Es ist nicht meine Absicht zu beurteilen, wessen Werte „besser“ oder „schlechter“ sind. Wesentlich ist, ob der Entscheider nach seinen eigenen Werten handelt. Dann wird es ihm leicht fallen, Verantwortung zu tragen.

Rechenschaft ablegen

Vielleicht haben Sie schon einmal den Satz gehört: „Dafür müssen Sie sich vor dem Management/vor Gericht/vor Gott verantworten!“ Was ist nun damit gemeint?

Jemand kann Sie nicht direkt belangen, also schaltet er eine Autorität ein, und diese fordert von Ihnen Rechenschaft. Sie ist Kraft ihres Amtes oder aufgrund ihrer Stellung dazu befugt. Sie müssen ihr Rede und Antwort stehen. Das kann mehr oder weniger angenehm sein, je nachdem wie übereinstimmend Ihre Grundwerte mit denjenigen sind, der diese Autorität folgt. Wenn alles richtig läuft, folgt sie den Richtlinien einer Gemeinschaft, der sie vorsteht.

Sie sind ebenfalls Teil dieser Gemeinschaft, in der bestimmte Regeln gelten, die wiederum auf Werten beruhen. Wenn Sie sich für die „Mitgliedschaft“ entschieden haben, dann sind Sie für diese Entscheidung verantwortlich und anerkennen die entsprechenden Regeln. Sie haben die Verantwortung dafür, wenn Sie die Regeln brechen.

Bei Arbeitsverhältnissen sind Pflichten und Rechte vertraglich grob geregelt, nicht aber die Firmenkultur, der Sie sich durch Ihre Unterschrift anschließen. Ihr Chef oder andere Führungskräfte können von Ihnen verlangen, dass Sie sich und Ihre Entscheidungen erklären. Verantwortlich bleiben Sie weiterhin nur sich selbst gegenüber (oder gegenüber Menschen, für die Sie tatsächlich Verantwortung tragen). Rechenschaftspflichtig können Sie gegenüber anderen Menschen oder Einrichtungen sein.

Knifflig wird es dann, wenn Ihre Verantwortung (nach innen) und Ihre Rechenschaftspflicht (nach außen) verschiedene Werte bedienen müssen, die nicht miteinander vereinbar sind.

Unterschiede in der Rangordnung

Nehmen wir an, ein fleißiges Bienchen arbeitet in einer Hotline. Ihr inneres Bedürfnis ist es, Menschen zu helfen, besonders den benachteiligten. Hilfsbereitschaft ist ihr höchstes Gut. Deshalb hat sie sich für diesen Beruf entschieden. Ihr Chef allerdings will jede Minute abrechnen können. Er kennt kein Pardon, wenn ein Kunde gerade in finanzieller Not ist. Die beiden geraten über die Abrechnung einer Hilfsleistung für diesen Kunden in Streit. Auch der Vorgesetzter ist jemandem verpflichtet. Zum einen den Kunden, was über Verträge geregelt ist, zum anderen gegenüber dem Führungskreis, dem Inhaber und letztlich gegenüber dem Unternehmen an sich.

Ein Unternehmen vertritt neben seiner rechtlichen Haltung in Form von Verträgen aufgrund seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Werte-Position nach außen in Form von Werbung und mithilfe der Öffentlichkeitsarbeit. Beides beruht auf einer Strategie. Sie ist das Herz der Firma.

Einverständnis vorausgesetzt

Unterzeichnen Sie niemals einen Arbeitsvertrag, ohne die Strategie des Unternehmens zu kennen. Sie finden diese in der Regel im Internet auf der Website. „Wir sind…“-, „Wir stehen für…“- und „Wir legen Wert auf…“-Sätze sollten Sie aufmerksam lesen. Dort sind die Maßstäbe festgelegt, nach denen Ihre Arbeit bewertet werden wird. Und an diesen Werten wird auch Ihr Vorgesetzter gemessen.

Es ist im Wortsinne wesentlich, ob Sie diese Werte verstehen und mit ihnen in weiten Teilen übereinstimmen. Nur dann werden Ihre Entscheidungen an diesem Arbeitsplatz für Sie leicht verantwortbar sein und Sie können darüber auch guten Gewissens Rechenschaft gegenüber Ihrem Chef ablegen.

Leider finden wir häufig wohlklingende Worthülsen statt aussagekräftiger Texte in den Außenauftritten von Arbeitgebern. Vergleichbares liest man auch in Personalanzeigen. Fragen Sie im Bewerbungsgespräch beharrlich nach, was konkret gemeint ist. Wenn schon der Personalchef keine Ahnung hat, was mit oberflächlichen Begriffen über das Wesen des Unternehmens gesagt werden soll, sind Sie dort nur richtig, falls Sie selbst ein Schwätzer sind.

Zugehörigkeit nicht um jeden Preis

Was für Arbeitsverträge und Firmenstrategien gilt, dürfen Sie auf Vereinszugehörigkeiten und Satzungen übertragen. Nehmen Sie sich Zeit, diese in Ruhe zu studieren und lassen Sie sich nicht durch Ihren Wunsch nach Zugehörigkeit ins Nebulöse drängen. Will der Verein beispielsweise Menschen über ihre Lebensführung belehren, wie viel selbstständigen Gestaltungsspielraum werden Sie dort wohl für Ihre ehrenamtliche Arbeit haben?

Auch ein Blick auf den Gegenstand der Bemühungen ist manchmal hilfreich, um sich ein Bild zu machen: Bietet eine Einrichtung als Seminarschwerpunkt Bastelkurse für Erwachsene an, welchen Grad an Persönlichkeitsentwicklung dürfen Sie dort von den Beteiligten erwarten?

Unfreiwillig dabei

Für die Unterwerfung unter ein Rechtssystem haben wir uns nicht aktiv entschieden. Wir können wählen, in welchem Land wir leben, aber nur bedingt darüber entscheiden, ob wir dort am Rechtssystem teilnehmen wollen oder nicht. Im Zweifel zeigt uns die Staatsgewalt die Grenzen unserer Wahlfreiheit.

In eine Glaubensgemeinschaft werden wir meistens hineingeboren. Viele Menschen sind schon als Kind so von einem bestimmten Weltbild beeinflusst, dass man von einer freien Wahl kaum sprechen kann. Sie können später ihren Glauben ablegen oder einem anderen beitreten. Für diese Entscheidung tragen sie ebenso Verantwortung wie fürs Dabeibleiben.

Falls Sie meinen, heute spiele der Glauben nur noch eine untergeordnete Rolle, irren Sie sich. Das Gegenteil ist der Fall. Zwar haben die „großen Kirchen“ an Einfluss verloren und die Mitgliederzahlen sinken. Das Teilnehmen an gesellschaftlich anerkannten Gruppen, die festgelegte Überzeugungen teilen, hingegen hat häufig ideologische Züge. Ob Sie dabei sind oder sich lieber fernhalten hat dann direkte Auswirkungen auf ihre Zugehörigkeit zu Familie und Freundeskreis und manchmal haben Sie sogar berufliche Nachteile, wenn Sie eine eigene Haltung vertreten.

Mitgefangen, mitgehangen…

Wählen Sie mit Bedacht, wo Sie dabei sein wollen. Sie tragen auch innerhalb einer Gruppe die Verantwortung für alle Ihre Entscheidungen selbst. Das kann Ihnen niemand abnehmen. Sie können zwar sagen: Das haben alle so gemacht, also habe ich es auch so gemacht. Wenn Anpassung Ihre oberste Direktive ist, mag Ihnen diese Erklärung reichen. Vielleicht haben Sie aber auch Werte wie Selbstbestimmtheit, Eigenverantwortung und Individualität. Dann werden Sie sich mit der Verantwortung in solchen Fällen eher schwertun.

Schließen Sie sich Menschen an, die nicht erwarten, dass Sie gegen Ihre inneren Überzeugungen verstoßen, um dabei sein zu dürfen. Am Einfachsten ist das, wenn Sie sich unter Gleichgesinnten aufhalten. Der Entwicklung förderlich ist der Austausch mit Menschen, die zwar eigensinnig sind, aber andere Sichtweisen auch gelten lassen.

Der verständnisvolle Abgleich über unterschiedliche Blickwinkel kann zu einer gemeinsamen Sicht führen. Dazu ist es notwendig, die Unterschiede erst einmal auszuhalten. Das fällt dem einen leichter, dem anderen weniger.

Bewusste Entscheidungen

Manchmal gibt es Lebenslagen, in denen andere Werte gegenüber der Offenheit Vorrang haben. Diplomatie, Harmonie in der Familie oder schlichtweg der Erhalt von Stabilität. Das muss entsprechend der jeweiligen Situation individuell entschieden werden. Sie erinnern sich: Nur Ihnen selbst muss Ihre aufrichtige Begründung für die Entscheidung genügen, ob Sie ins Gespräch oder erst einmal in den Rückzug gegangen sind.

Man kann es nicht immer allen recht machen – auch nicht den eigenen Werten. Wenn sie miteinander im Wettstreit stehen, muss man entscheiden, welcher den Zuschlag bekommt. Mit solchen Beschlüssen werden Sie mitunter nicht glücklich sein. Aber verantworten können Sie jede Entscheidung, die bewusst getroffen wurde.

Nehmen Sie sich also Zeit, Ihre Beweggründe, Ihre Emotionen und Ihre Absichten zu ergründen, wenn schwierige Entscheidungen anstehen

Vergangenheit und Zukunft

Blicken Sie hin und wieder zurück auf vergangene Zeiten und machen Sie sich klar, dass Sie schon immer Entscheidungen getroffen haben – manche haben sich hinterher als richtig, andere als falsch herausgestellt. Und bei sehr vielen können wir unmöglich sagen, wie die Dinge gelaufen wären, wenn wir anders entschieden hätten.

Seien Sie gnädig mit sich. Und haben Sie liebevolles Verständnis für Ihr früheres Ich so wie sie es für einen guten Freund gerne hätten. Das Mitgefühl mit der Person, die Sie einmal waren, erleichtert es Ihnen, heute die Verantwortung für Ihr Leben zu tragen.

Üben Sie sich in der Kunst der Selbstvergebung. Sie ist ein Schlüssel zu einem verantwortungsbewussten und erfüllten Dasein ohne Peinlichkeiten, Scham und Schuldgefühle.

Zu lieben, was wir an uns bewundernswert finden, ist keine Heldentat. Wenn wir uns mit unseren weniger glücklichen oder sogar vielleicht echt verkackten Entscheidungen auseinandersetzen und damit in Frieden kommen, ist das eine gute Grundlage für ein Loslassen der Vergangenheit. Dann wird wieder Energie frei, um die Zukunft bewusst zu gestalten.

Text: Petra Weiß
Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Danke schön

Herzlichen Dank an alle Leser, die meine freiberufliche Tätigkeit durch einen Energieausgleich würdigen. Ich liebe die Arbeit an Texten. Mir macht es Freude, mein psychologisches Wissen, meine Praxis-Erfahrungen und meine Überlegungen mit Ihnen zu teilen. Gleichzeitig habe auch ich alltägliche Bedürfnisse wie ein Dach über dem Kopf und etwas Sojasahne im Kühlschrank. Daher bitte ich Sie, freiwillig einen angemessenen Energieausgleich zu leisten:

Konto: IBAN DE48 4306 0967 6022 2369 03
Bank: GLS Gemeinschaftsbank Bochum
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: “Weißheiten”

Ihre Wertschätzung kommt an.

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin und psychologische Beraterin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Sie hat zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht. Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus.