Mode mit Makeln

Als ich vor einigen Jahren bei einer Stilberatung in Berlin war, lautete eine der ersten Fragen „Was magst Du an Deinem Körper am meisten?“ Ich stand vor dem Spiegel und sah mich an. Üblicherweise tunnelt unser Blick auf unsere Schwächen. Wir haben in der Schule jahrelang erlebt, wie nicht unsere richtigen Äußerungen mit grünen Haken versehen wurden, sondern jeder Fehler in Rot angekreidet worden ist. Solch eine Konditionierung hinterlässt natürlich Spuren. Auch bei mir.

Sie ebnet den Weg zum Perfektionismus. Wir empfinden uns als unzureichend, wenn wir nicht fehlerfrei sind. Die Benennung der Noten zementiert den Irrtum durch die Macht der Worte. „Sehr gut“ und „gut“ scheinen noch ganz in Ordnung zu sein. Über „befriedigend“ oder „ausreichend“ könnte man sinnieren. Diese Wertungen sind irgendwas, aber auf jeden Fall nicht mehr „gut“. Und „mangelhaft“ oder „ungenügend“ – da sagt die Bezeichnung ja schon alles.

Als Teenager habe ich echt Ärger zu Haus bekommen, weil ich eine Eins MINUS heimgebracht habe. Eigentlich hätte ich die richtige Antwort gewusst. Ich war wohl nur unkonzentriert. Und genau das war mein „Vergehen“. Der Flüchtigkeitsfehler war unnötig. Solche Blüten kann das Streben nach Perfektion treiben. Es führt zu übertriebenem Anspruchsdenken. Man wird verbissen und der ganze Spaß hört auf. Durch perfektionistische Eltern und Lehrer wird diese Haltung von einer Generation an die nächste übertragen wie ein Staffelstab bei den Bundesjugendspielen.

Zurück vor dem Spiegel in Berlin

Nach einer Weile freute ich mich über etwas wirklich Positives, das ich ohne Eitelkeit und ohne Scham an mir selbst loben konnte: meine schön geschwungenen Haare, ihre Feinheit einerseits und ihre vitale Fülle gleichzeitig. Ja, das war etwas, worauf ich zu Recht stolz war. Es fanden sich später noch andere Punkte, aber dieser erste war praktisch der Knackpunkt zu mehr Selbstakzeptanz hinsichtlich meines Körpers.

Und nun das: Durch meine Erkrankung und durch die medikamentöse Behandlung geht mir die Haarpracht verloren. Erst kamen wenige kahle Stellen, die sich noch relativ gut kaschieren ließen. Zwischenzeitlich ist der Ausfall diffus, so dass beträchtlich Volumen verloren gegangen ist. Ich musste mich notgedrungen von einigen Zentimetern Länge trennen. Hätte ich nicht so eine pfiffige und begabte Friseurin, wäre das Ganze bestimmt ein Drama epischen Ausmaßes geworden.

Der Kurzhaarschnitt ist alles andere als ideal für meine Gesichtsform, besonders da nun das Cortison den typischen Vollmond hervorgebracht hat. Aber wenigstens passt der Bob zu meinem Stil und ist eine gute Basis für Wachstum in der Zukunft. Was mache ich in der Zwischenzeit? Ich nutze mein Mode-Wissen und mache das Beste aus der Situation.

Um anderen Menschen Mut und Hoffnung zu vermitteln, teile ich meine Erfahrungen hier mit Ihnen. Sie betreffen nicht nur den Umgang mit Haarproblemen, sondern mit Schönheitsfehlern im Besonderen und persönlichen Makeln im Allgemeinen.

Bedeutung der Samson-Mähne

Das Haupthaar ist Ausdruck unserer Lebenskraft. Jeder kennt „Bad-hair-days“: Tage, an denen die Frisur einfach nicht sitzt wie sie soll. Die Borsten stehen wild vom Kopf ab oder der Schopf hängt kraftlos herab wie nasse Birkenblätter nach einem Gewitterregen. Oft zeigt sich im Zustand der Haare die seelische Verfassung. Und wenn es uns schon nicht gut geht, müssen wir uns auch noch das Elend im Spiegel ansehen. Das macht die Lage insgesamt nicht besser. Da helfen weder Rundbürste, noch Gel oder Glätteisen wirklich. Ich habe mir angewöhnt, den Zustand als vorübergehend zu akzeptieren und den Haaren ihren Willen zu lassen.

Manchmal ist das Wachstum auf einem Stand, der sich gerade in eine Welle hineinkringelt, so dass vom natürlichen Fall kein geschmeidiges Bild zu erwarten ist, bis der Loop vollendet wird. Da kann man mit vertretbarem Aufwand wenig machen als Gelassenheit zu bewahren und sich in Geduld zu üben.

Exkurs

Andererseits sind Haare an Stellen, wo wir sie lieber nicht hätten. Oder wo die Sozialingenieure beschlossen haben, dass geschlechtsspezifische Unterschiede genauso wenig willkommen sind wie der natürliche Ausdruck unseres Erwachsenseins. Darauf gehe ich hier nicht näher ein. Das Thema ist vielschichtig und braucht eine separate Zuwendung in einem eigenen Beitrag. Ich wollte es nur der Vollständigkeit halber erwähnen.

Haarausfall ist ein typisches Männerproblem. Viele Herren kämpfen mit Geheimratsecken, einer Platte auf dem Hinterkopf oder einer Tonsur. Das Überkämmen der freien Flächen ist gottlob aus der Mode geraten. Wobei ich heute meinen Deutschlehrer verstehen kann, der versuchte, auf diese Weise seine Lichtung zu verdecken. Damals haben wir uns über seinen Makel lustig gemacht. Kinder können grausam sein. Heutzutage tragen die Betroffenen ihren Kopfputz ultra-kurz oder rasieren sich gar den Schädel, was beides je nach Typ durchaus ansprechend wirken kann. Gerade in Verbindung mit den trendigen Vollbärten kann sich daraus ein ziemlich cooler Look ergeben. Spätestens seit Bruce Willis wissen wir, wie sexy eine Glatze mit Dreitagebart sein kann. Nein, mein Deutschlehrer hätte einem Vergleich mit dem Kino-Helden sicher nicht standgehalten – egal, welche Frisur er trug. Er war eher der Typ “Lehrer Lämpel” aus “Max und Moritz”.

Was am „starken Geschlecht“ männlich wirkt, ist für uns Frauen keine Option. Weder der Bart noch die Vollrasur kommen für die meisten Damen in Betracht. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.

Praktische Lösungswege

Meine Schwägerin trägt eingesteckte Haarsträhnen. Nicht, dass sie es nötig hätte, Volumen aufzufüllen. Sie tut das aus rein modischen Gründen, ohne besonderen Anlass. Zu Ihrem flippigen Typ passt die bunte Bereicherung der Haarpracht (zuletzt sah ich sie mit leuchtend grünen Strähnen) ganz hervorragend. Solch ein Gefieder mag nicht für jeden typgerecht sein. Deshalb kann es sich sehr lohnen herauszufinden, was für ein Stiltyp man ist. Dann entdeckt man auch die stilechten Lösungen. Sie sind ein Weg, aus der Not eine Tugend zu machen. Damit niemand hinschaut und denkt „Mein Gott, sind der Frau die Haare ausgegangen!“, sondern „Wow, die hat ja einen interessanten Kopfschmuck!“ und keiner bemerkt, dass er die Lösung für ein Problem ist.

Wie meine Leser mitbekommen haben, bin ich ein 1920-Terminator-Stiltyp. Ich mixe Elemente aus der Epoche von vor hundert Jahren und dem Sience Fiction Hollywood-Streifen, so dass Marlene Dietrich, Phryne Fisher und Sarah Conner in unterschiedlichen Gewichtungen zum Vorschein kommen. Ja, das ist natürlich ungewöhnlich. Aber einzigartig ist Ihr Stil vermutlich ebenfalls, auch wenn Sie davon noch nichts wissen.

Für mein Kopf-Malheur haben sich entsprechend Military Caps und Herrenhüte angeboten. Beides trage ich gerne – wenn ich unterwegs bin. Innerhalb geschlossener Räume finde ich eine Kopfbedeckung dieser Art etwas merkwürdig. Sie wirkt aufgesetzt. Die Doppeldeutigkeit konnte ich mir nicht verkneifen 😉 Auch wenn nach aktuellen Benimmregeln die alte Sitte noch gilt, dass Damen ihren Hut beim Betreten des Hauses (im Restaurant, Café etc.) aufbehalten dürfen, während die Herren ihren absetzen müssen, komme ich mir damit ein bisschen albern vor.

In meinem Online-Mode-Studium habe ich den Tipp von einer Kollegin erhalten, dass in den 1920er Jahren Turbane en vogue waren. Durch ein youtube-Video konnte ich lernen, welche Tücher sich eignen und wie man einen Turban bindet. Das ist kinderleicht. Wenn man erst einmal weiß, wie es geht.

Unterstützung durch die Gruppe

Der Trick ist, eine Lösung zu finden, die mindestens ebenso gut und vielleicht sogar noch schöner ist als der Zustand vor dem Eintreten des Problems. Das sieht in meinem Beispiel so aus: Die Turbane stehen mir außerordentlich gut. Ich werde sie auch noch tragen, wenn wallendes Haar wieder über meine Schultern fällt. Weil sie kein fauler Kompromiss sind, sondern zu mir passen.

Entscheidend war, dass ich mich in der Gruppe mitgeteilt habe. Ermutigt wurde ich durch eine Kollegin, die aus anderen – ebenfalls gesundheitlichen – Gründen eine Kopfbedeckung brauchte: Alle Teilnehmerinnen in dem Forum haben sich bemüht, sie bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Liebevoll, fürsorglich und mitfühlend wurde mit ihrem Malheur umgegangen. Das war Balsam auch für meine Seele. Also habe ich mich getraut, mich in diesem vertraulichen Kreis zu outen.

Selbstverständlich ist es nicht immer empfehlenswert, sich mit seinen „Schwächen“ oder „Makeln“ in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Je nach Zusammensetzung der Gruppe findet sich immer ein Idiot, der abfällige Bemerkungen für witzig hält oder sein kleines Ego aufplustern muss. Darüber kann man hinwegsehen, wenn man in seiner Kraft ist. Aber wer ist schon so hartgesotten, dass ihn das narzisstische Geschwätz in einer persönlichen Krise kaltlässt?! Die meisten von uns sind empfindsamer als sonst, wenn es ihnen gerade nicht so gut geht.

Es spricht allerdings nichts dagegen, nach umsichtiger Wahl der Ansprechpartner auszuprobieren, wie wirklich wohlmeinende Menschen reagieren. Und dabei ihre Kreativität für die Lösungsfindung anzuzapfen. Genau sie ist es nämlich, die uns selbst in der Not oft verloren geht.

Hindernisse auf dem Weg

Warum halten wir uns außerdem zurück, uns der Schwarmintelligenz zu bedienen? Weil die Tipps zuweilen völlig daneben sind. Und wir nicht wissen, wie wir sie wertschätzend oder zumindest diplomatisch zurückweisen können.

Wenn eindeutig eine Boshaftigkeit enthalten ist, empfehle ich wärmstens, GAR NICHT zu reagieren. Das ist eine Nummer für Fortgeschrittene. Wir sind so erzogen, dass auch der blödeste Hinweis mit einem Dankeschön quittiert werden muss. Nun gut, dabei brechen Sie sich keinen ab.

Falls Sie unbedingt reagieren wollen: Nicken Sie allenfalls mit dem Kopf oder ergänzen Sie die Geste durch das simple Wort „Verstanden“. Weil sie ja wirklich verstanden haben, dass jemand Sie beleidigen will. Mir ist das im engsten Kreis schon widerfahren. Das muss Sie nicht grämen. Nehmen Sie es zur Kenntnis und gehen Sie einfach weiter. Bleiben Sie in der Verletzung nicht hängen. Es ist Ihre Lebenskraft. Sie entscheiden, wofür Sie sie ver(sch)wenden.

Ist der Tipp gut gemeint und dennoch für Sie unpassend, kann ich aus psychologischer Sicht und aus meiner eigenen Erfahrung dazu raten, sich eine formelhafte Antwort zurecht zu legen. Sonst wird man von unerbetenen Ratschlägen überfahren, weil sie ja meist überraschend kommen. Eine bewährte Strategie ist die Würdigung der guten Absicht in Kombination mit dem Offenlassen der Entscheidung bei gleichzeitiger Demonstration von Souveränität: „Du willst mir helfen. Das ist lieb von Dir. Danke für Deine gute Absicht. Ich werde darüber nachdenken. Und dann machen, was meinen Bedürfnissen am besten entspricht.“

Fangen Sie bloß keine Diskussionen an, warum Sie nicht sofort den Tipp befolgen. Sie geraten sonst nur in eine völlig ungebührliche Rechtfertigungsrolle. Das können Sie sich ersparen.

Kommen wir nochmal zurück zum Thema. Welche Möglichkeiten gibt es noch, mit den eigenen Makeln umzugehen?

Juwelen aus der Mode-Schatzkiste

Ein beliebter Trick unter Mode-Fachleuten ist die Blicklenkung. Wohin soll der Betrachter seine Aufmerksamkeit richten? Natürlich NICHT auf unsere Schönheitsfehler, die wir lieber ausblenden wollen. Sondern auf unsere Schokoladenseiten. Dafür gibt es eine ganze Palette an Empfehlungen.

Das Ausblenden funktioniert durch Kaschieren und Verdecken. Das liegt auf der Hand. Da wären Sie auch ohne mich darauf gekommen. Und doch sind einige Ratschläge überraschend. Wenn eine Frau beispielsweise ihren Bauch für zu voluminös hält, hängt es von der Silhouette ihrer Statur ab, wie sie damit am Besten verfährt.

Beispiel Figuroptimierung

Ist ihre Figur von Natur aus so gestaltet, dass sie über einen stattlichen Rumpf und schlanke Extremitäten verfügt, dienen ihr ganz andere Strategien als einer Frau, die mit einer Sanduhr-Figur gesegnet ist. Während die eine den Blick auf die schlanken Beine und / oder Arme lenkt, betont die andere ihre Taille, auch wenn sie ein Bäuchlein hat. Sind hingegen die Proportionen so, dass die Hüften deutlich breiter sind als die Schultern, wird oben Volumen hinzugefügt, um insgesamt einen ausgewogenen Eindruck zu machen, damit der Bauch optisch in den Hintergrund rückt. Drei Damen mit demselben Problem, aber drei ganz unterschiedliche Lösungen.

Ein paar Tricks aus dem Modenähkästchen – ich nenne es „die Blickpunkthierarchie“ – will ich Ihnen gerne verraten: helle Töne, leuchtende Farben, glänzende Materialien, Stoffe mit Oberflächenstruktur oder Muster sowie dekorative Details, insbesondere bewegliche Teile, ziehen immer den Blick auf sich.

Blickpunkthierarchie

Möchten Sie also, dass der Betrachter Ihren Hüften besondere Aufmerksamkeit schenkt, brauchen Sie Hosen, die in Hüfthöhe entweder den Bund haben oder Taschen oder Ziernähte. Sind Jeans „distresst“, weisen also absichtliche Beschädigungen auf, oder sind irgendwo Pailletten angebracht, metallische Fäden eingearbeitet u.s.w., kann man gar nicht anders, als genau dort hin zu sehen. Ähnliches bewirkt Transparenz durch Spitze, Häkel/Strick oder durchscheinende Materialien. Platzieren Sie solche Effekte daher immer im Bereich Ihren schönsten Körperregionen. Und verzichten Sie darauf, den Blick genau dorthin zu richten, wo Sie eigentlich lieber unsichtbar bleiben wollen.

Das gilt übrigens auch für das Aufeinandertreffen von farblich unterschiedlichen Flächen oder kontrastreichen Kombinationen. Eine weiße Bluse und eine schwarze Hose blenden den Unterleib aus, betonen den Oberkörper und lenken den Blick auf den Hosenbund bzw. den Blusensaum. Also dahin, wo die Farbflächen sich berühren. Wollen Sie das? Dann nur zu! Vorteilhaft ist dieses Vorgehen bei eingestecktem Oberteil für Frauen mit A-förmiger Statur und Taille.

Eine Frau mit O-Figur könnte beispielsweise eine Tasche mit plüschiger Verzierung oder wehenden Fransen so tragen, dass sie in Höhe ihrer Gazellen-Beine hängt und dorthin den Blick lenkt. Oder sie lockt das Auge durch Schuhe aus metallisch glänzendem Material gleich auf ihre grazilen Fesseln.

Besonderheiten in Gesichtsnähe

Das Prinzip funktioniert nicht nur bei figürlichen Bedürfnissen, sondern bei allem, was wir in unserem Perfektionswahn als Schönheitsfehler empfinden. Will ich von meinem Kopfhaut-Malheur ablenken, platziere ich zum Beispiel eine auffällige Kette im Dekolletee. Das leitet den Blick in Richtung Gesicht, was ohnehin meist eine gute Lösung ist. Es sei denn, man hat im Moment ein Cortison-Gesicht mit ungünstiger Fettverteilung.

Die Gesichtsform lässt sich teilweise „korrigieren“. Die dekorative Kosmetik kann hier manchmal Wunder bewirken. Vielleicht sind Sie ein Naturtalent mit Rouge-Pinsel, Wimperntusche und Eyeliner. Sonst fragen Sie eine Kosmetikerin, was Sie mit vertretbarem Aufwand tun können. Ein anderer Trick ist der Einsatz einer (natürlich typgerechten und stilistisch passenden) Brille oder einer ebensolchen Kopfbedeckung. Probieren Sie einfach aus, welche Form Ihnen am Meisten schmeichelt. Es gibt für jedes Gesicht die passende Mütze und einen kleidsamen Hut oder ein schönes Nasenfahrrad. Bei einem erfahrenen Optiker erhalten Sie für Letzteres fachkundige Beratung.

Sobald Sie sehr in Gesichtsnähe operieren, lohnt es sich, mit Eigenfarben zu arbeiten. Alles andere rächt sich. Wie ich das meine? Wenn Sie exakt den Farbton Ihrer Augen, Haare oder Haut für das Brillengestell, das Halstüchlein oder die Kappe nutzen, wirkt das Ergebnis immer harmonisch. Und Sie müssen diese Farbe nicht an anderer Stelle im Outfit wiederholen (das nennt man „eine Farbklammer setzen“), damit sie nicht verloren wirkt. Sie sind dann die Farbklammer.

Vergreifen Sie sich im Ton, kann die Optik harmonisiert werden, falls die “falsche” Farbe gesichtsfern erscheint. Man reduziert die Fläche durch Lagen-Look, verwischt den Gesamteindruck durch einen passendere Nuance derselben Farbe und / oder platziert einen idealen Ton, der näher am Gesicht liegt. Das geht mithilfe von Schmuck und Accessoires im Kopfbereich bzw. für unsere Schminkfreundinnen mit Lidschatten oder Lippenstift.

Allgemeine Hinweise

Wenn wie bei mir gerade mehrere Baustellen es schwierig machen, den Blick auf geliebte Partien zu ziehen, hilft ein genereller Trick: die individuell passenden Farben einsetzen. Wem z.B. leuchtende Farben gut stehen, der sieht mit pudrigen, pastelligen oder gedeckten Tönen blass und krank aus. Und umgekehrt, wer gedämpfte Töne braucht, der wirkt mit intensiven Farben schnell wie angemalt. Sein Teint wird dadurch leider nicht leuchtend, sondern fahl. Falten, Unregelmäßigkeiten im Hautbild oder Hautunreinheiten kommen noch deutlicher zum Vorschein.

Der beste Ratschlag, den ich Ihnen geben kann, betrifft den Stil: Kleiden Sie sich so, dass es zu Ihnen passt. Das darf dann ruhig auch auffällig sein – wenn Auffälligkeit zu Ihrem Typ gehört.

Falls all das nicht dazu führt, dass Sie sich fühlen wie Cindy Crowford oder Grace Kelly? Dann besinnen Sie sich auf den Zaubertrunk gegen übertriebenen Perfektionismus. Der Satz ist ganz einfach: „Gut ist gut genug.“ Wiederholen sie ihn wie ein Mantra – so oft bis er in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wir können unsere spontanen Reaktionen schulen. Gestalten Sie Ihr Bewertungssystem um. Wer sollte Ihnen das verbieten?! Vergeben Sie sich selbst die Note „genügend“. Setzen Sie „genügend“ = „gut“. Und verlangen Sie kein „sehr gut“ von sich.

Sie haben Stellen, die Ihnen als Makel erscheinen – Punktabzug in der B-Note? Willkommen im Club. Wir beide sind damit nicht allein. Ich könnte viele Beispiele aus meinem privaten Umfeld, aus meiner Arbeit oder aus der Öffentlichkeit nennen, will mich aber auf das eindrucksvollste beschränken: Die bezaubernde Film-Schönheit der 1960er Jahre Audry Hepburn hat sich über ihre „zu großen“ Füße gegrämt. Hätten Sie das gedacht? Schönheitsfehler sind subjektiv. Jedes noch so schillernde Idol kann bei Bedarf etwas an sich auszusetzen finden. Das dient niemandem.

Machen Sie es wie die Stilberaterinnen in Berlin: Halten Sie gezielt Ausschau nach Lobenswertem. Nehmen Sie genau das in den Fokus. Lenken Sie Ihren eigenen Blick, während Sie durch modische Tricks die Augen der außenstehenden Beobachter zu Ihren Schokoladenseiten locken. Und seien Sie gnädig mit den Körperpartien, die nicht zu den Stars Ihrer Erscheinung auserkoren sind.

Das hilfreiche “Mindset”

Es ist überhaupt nicht vonnöten, in allen Fächern eine Eins zu erreichen. Zeugnisse, die ein Profil von starken und weniger starken Bereichen aufweisen, zeigen Charakter und Einzigartigkeit. Niemand muss alles gleich gut können.

Manche Menschen sind von Natur aus vielseitiger begabt, andere haben ganz spezielle Talente, die es zu entdecken und zu fördern gilt. Ein Anhaltspunkt ist für mich die Balance der Elemente, welche in der Konstitution angelegt sind. Dem einen liegt die luftige Kommunikation mehr, dem anderen die erdige Struktur, dem nächsten das harmonische Miteinander und den übrigen das feurige Umsetzen von Plänen in die Tat. Und natürlich sind alle Kombinationen “in freier Wildbahn” anzutreffen.

Über den Erfolg im Leben oder das Glücklichsein sagt diese Anlage rein gar nichts aus. Es kommt darauf an, die eigenen Stärken zu finden und zu entwickeln, statt auf die Schwächen zu starren, sich schlecht zu fühlen und diese krampfhaft ausmerzen zu wollen.

Fangen Sie an, statt der roten Kreide grüne Häkchen zu verteilen. Diese veränderte Haltung wird Ihnen in vielen Lebensbereichen dienlich sein, nicht nur in der Annahme Ihrer körperlichen Besonderheiten.

Erlösende Trennungen

Bewusstseinsarbeit kann man anhand von ganz unterschiedlichen Anliegen üben. Hier geht es um das Erscheinungsbild nach außen, deshalb nutze ich noch ein Beispiel aus der Welt der Mode, das Einfluss auf die Psyche hat: Viele von uns nehmen reflexhaft Schuld auf sich. Es hat sich beispielsweise bewährt, sich von Kleidungsstücken zu trennen, in denen man nicht gut aussieht oder sich nicht wohlfühlt. Es ist im ersten Schritt egal, ob das an der Farbe, am Muster, am Schnitt, am Material, an der Passform oder an stilgebenden Details liegt. Sie und der Fummel passen einfach nicht zusammen. Es ist nicht Ihre Schuld. Das Teil darf gehen.

Um künftig nicht weitere Teile mit demselben Mangel an Passung zu kaufen, macht es natürlich schon Sinn, sich darüber klar zu werden, was genau nicht gepasst hat – aber bitte ohne (Selbst-)Vorwürfe. Wie bei der Trennung von einem Menschen oder einer Lebenssituation, für die Sie sich bewusst entscheiden haben.

Vielleicht ahnen Sie, welche inneren Veränderungsprozesse mit der gedrehten Grundeinstellung zusammenhängen können. Und wie befreiend in diesem Sinne das bewusste Aussortieren der Garderobe sein kann. Der Vorgang wirft überholte Glaubenssätze mitsamt der ausgedienten Textilien über Bord.

Ende gut…

Und nun stellen Sie sich vor, dass Sie in Ihrem Lieblings-Outfit vor den Spiegel treten. Alles stimmt: genau Ihre Farben, ein gefälliges Muster (das kann auch uni bedeuten), eine schmeichelhafte Silhouette, Materialien von einer Beschaffenheit, mit der Sie in jeder Hinsicht gut eingepackt sind, ein Wohlfühllächeln im Gesicht. Ihr Blick ruht auf schönen Details oder auf der Gesamterscheinung. Freuen Sie sich an dem Gefühl. Sie dürfen mit sich zufrieden sein, ohne Gefahr zu laufen, dass Sie ein eitler Gockel werden. Es ist gut so wie es ist. Und wenn es durch Veränderungen noch besser werden kann, ist das willkommen, aber kein Muss.

Mit dieser entspannten Herangehensweise entfalten Sie Ihre Kreativität und gewinnen ein Mehr an Gelassenheit. Dadurch können Sie sich aufrichtig in die Welt stellen. So wie Sie sind. Denn ganz sicher, sind Sie genau so gut genug 🙂

Text: Petra Weiß
Foto:  Rainer Sturm / PIXELIO

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist psychologische Beraterin und Stil-Detektivin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

Und was, wenn doch?

In den vergangenen Wochen habe ich eine gesundheitliche Krise erlebt. Ich war bereit, alles Mögliche zu unternehmen, um wieder gesund zu werden. Mit großer Disziplin habe ich sämtliche Maßnahmen umgesetzt, die ich mir vorgenommen hatte. Ich habe mir wirklich Zeit gelassen für die Genesung. Meinen Wiedereinstieg in den Beruf habe ich sorgfältig geplant. Dann war es endlich soweit. Voller Vorfreude bin ich losgelaufen auf mein „normales“ Leben zu.

Und dann kam völlig unerwartet ein neuer Schub.

Natürlich stellt man sich die Frage, wie es nun trotzdem dazu kommen konnte. Die Frage ist verständlich. Aber ist sie auch hilfreich? Wozu führt es, wenn wir uns damit beschäftigen, was wir falsch gemacht haben könnten? Aus medizinischer Sicht gibt es eine große Anzahl von denkbaren Auslösern, auch aus naturheilkundlicher und letztlich sogar aus der psychologischen Warte.

Schnell waren Erklärungen gefunden. Ich hatte nach 12 Jahren endlich einen neuen Allergietest gemacht und herausgefunden, dass meine Schoko-Allergie in Wahrheit eine Milchallergie ist. Mit Genuss habe ich mir neuerdings eine Tasse Haferdrink mit Kakao-Pulver und etwas Süße gegönnt. Nun stand der Zucker in Verdacht, den Schub ausgelöst zu haben. Man weiß ja, dass er entzündungsfördernde Eigenschaften hat. Mag sein.

Andererseits hatte ich direkt davor einen grippalen Infekt. Er könnte mein Immunsystem irritiert und aus dem fragilen Gleichgewicht gebracht haben. Klingt auch plausibel.

Eine Freundin meinte, meine Umsetzungsgeschwindigkeit beim Wiedereinstieg sei eventuell zu rasch gewesen. Lange über etwas zu brüten, um dann für das Umfeld überraschend schnell in die Umsetzung zu gehen, entspricht meinem Naturell. Trotzdem kann sie damit Recht haben.

Eine andere Freundin meinte, die Vergiftung der Atmosphäre durch Chemtrails sei in letzter Zeit besonders stark. Was uns insgesamt an Umweltgiften zugemutet wird, kann niemand wirklich einschätzten. Gesund ist das alles sicher nicht.

Und dann kam noch die berechtigte Frage auf, ob systemisch noch etwas bei mir zu lösen sein könnte. Nun ja: Ich wäre wohl der einzige Mensch auf der Welt, bei dem NICHTS Systemisches mehr zu lösen ist.

Was mache ich mit all den Anregungen und Gedanken?

Als Naturheilkundlerin war es 16 Jahre lang meine Aufgabe, mögliche Ursachen für gesundheitliche Merkwürdigkeiten zu finden und systematisch auszuschalten. Das hat den Vorteil, dass man etwas (vermeintlich) Sinnvolles tut, dass das Ohnmachtsgefühl aufhört und frischer Mut gefunden werden kann.

Und – vielleicht – liegt man mit der Ursachenforschung richtig, so dass das Problem tatsächlich durch die entsprechenden Maßnahmen verschwindet. So die Theorie.

Wissen kann man das freilich nicht.

Wir leben ja nicht im Labor. Nie ist nur eine Stellschraube verändert, so dass man genau sagen könnte: „DARAN hat es nun definitiv gelegen.“ Aber das hätten wir gerne. Dann hätten wir nämlich Kontrolle über die Situation und würden uns wieder sicher fühlen.

Realistisch betrachtet, hat niemand die Kontrolle über ein hochkomplexes System wie den menschlichen Körper. Weder ein Arzt, noch ein Heilpraktiker und leider auch nicht der Patient. Wie haben durchaus Einfluss. Aber wir können unsere Gesundheit nicht steuern.

Wollen wir das hören? Wohl kaum.

Viel lieber geben wir uns irgendwelchen Erlösungsphantasien hin. Wir bauen auf ein bestimmtes Mittel, eine aussichtsreiche Methode, einen vertraueneinflößenden Therapeuten. Die Therapeuten selbst stützen ihre Erlösungsphantasie meiner Erfahrung nach häufig auf „die Klinik“. Wenn der Arzt nicht weiter weiß oder seine Behandlung nicht anschlägt, dann erhält man eine Einweisung. Als ob in einem Großbetrieb im Pflegenotstand die Versorgung besser sein müsste als in der Haus- oder Facharztpraxis.

Die Technik soll’s richten? Meinetwegen gibt es diagnostische und therapeutische Schätze in Krankenhäusern. Statistiken aus dem Krebsumfeld belegen, dass eine frühe Diagnose leider keinen Vorteil für das Überleben der Betroffenen bringt. Wer hätte das gedacht? Wo doch Früherkennung so aggressiv beworben wird. So als könne man dem Teufel von der Schippe springen, wenn man nur früh genug Anlauf nimmt. Oder als seien die Therapien so segensreich für die Patienten, dass man nur zeitig genug damit beginnen muss und alles wird gut.

Für meine spezielle Erkrankung wäre mir im Krankenhaus dasselbe Vorgehen zugekommen wie zu Hause. Warum um alles in der Welt hätte ich dorthin gehen sollen? Meine Ärzte wären dann beruhigt gewesen. Sie hätten die Verantwortung abgegeben. Und ihren Glauben an die unfehlbare Medizin behalten. Damit wären sie selbst gewissermaßen erlöst gewesen. Mir hätte das keinen Vorteil gebracht.

Erlösungsphantasien sind sehr menschlich. Und phasenweise vielleicht sogar dienlich. Doch irgendwann kommen wir an einen Punkt, der uns mit der nackten Tatsache konfrontiert, dass wir nicht Gott sind. Und dass man Gesundheit nicht MACHEN kann. Weder mit schulmedizinischen Arzneien noch mit einer schlau ersonnenen alternativen Therapie.

Man kann Reize setzen, man kann Substanzen auffüllen, man kann Organe unterstützen. Aber eine Garantie für Heilung gibt einem all das nicht. Heilung ist immer eine Gnade. Sie widerfährt einem nicht als Lohn für besondere Mühen oder als Auszeichnung dafür, alles richtig gemacht zu haben.

Wenn das der Fall wäre, woran würden diejenigen, die alles richtig machen, dann sterben? Gar nicht? Und ist es überhaupt denkbar, alles richtig gemacht zu haben? Woran erkennen wir das? Am Resultat? Leben wir dann für immer? Nein. Wir sterben. Unweigerlich. Egal, wie richtig unserer Entscheidungen gewesen sind. Oder wie falsch.

Kommen wir zurück zum Ausgang: so viele mögliche Ursachen für meinen Schub. Viele davon klingen plausibel. Jeder könnte man nachgehen und entsprechende Maßnahmen aufsetzen. Ob man damit ursächlich an dem Problem arbeitet, kann niemand mit Gewissheit sagen. Genau genommen, wissen wir gar nicht, was solche Schübe auslöst. Es gibt nur Vermutungen. Wie gehen wir mit den Vermutungen um? Jeder Idee mit Eifer nachzulaufen, ist gar nicht möglich. Dabei würden wir uns völlig verausgaben.

Mir fiel meine Freundin Christine ein, die vergangenen Herbst gestorben ist. Die Frau hat sich hinsichtlich ihrer eigenen Erkrankung vorbildlich verhalten. In jeder Hinsicht. Sie hat klug abgewogen, was sie schulmedizinisch machen lässt und was nicht, hatte beste naturheilkundliche Unterstützung und mit beeindruckenden Erkenntnissen an ihren spirituellen Themen gearbeitet. Und dann ist sie trotzdem gestorben. Sie hatte – soweit man das von außen beurteilen kann – alles richtig gemacht. Woher sollen wir wissen, ob sie OHNE diese Maßnahmen deutlich kürzer gelebt hätte? Immerhin hat sich der ganze Prozess über sechs Jahre erstreckt. Das waren wichtige Jahre für die Familie der Frau, entscheidende Jahre als Mutter und Ehefrau. Wertvolle Zeit für ihre persönliche Entwicklung. Wesentliche Schritte für ihr Seelenheil sind in der Vorbereitung auf den Tod gegangen worden. Ob ihr ein schnelleres Ende etwas erspart hätte oder etwas genommen, wer will das beurteilen?

Meine Rolle war die der Freundin. Gleichzeitig hatte ich einige Expertise in eigenen schweren Krankheitserfahrungen und mein Wissen als Heilpraktikerin, das ich freimütig mit ihr geteilt habe. Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich genug für sie getan habe. Quälende Schuldgefühle haben mich eine Zeitlang begleitet. Ein Gespräch mit dem Witwer brachte Entlastung. Ich hatte genug getan. Es war kein Anspruch an mich offen geblieben. Niemand hat von mir erwartet, dass ich Christine rette. Das war nicht möglich. Die Phantasie loszulassen, man könne selbst für einen geliebten Menschen ein Erlöser sein, ist am schwersten. Und gleichzeitig führt uns diese Demut in die Entspannung. Wir können unsere Bemühungen auf ein vernünftiges Maß reduzieren.

Wenn Menschen aus dem Leben gehen, sind noch ganz andere Kräfte am Werk als unser kleiner Verstand begreifen kann. Das ist meine Überzeugung. Unser Einfluss auf die kosmischen Ereignisse wie Geburten und Sterbevorgänge ist begrenzt.

Ob meine Freundin mit anderen Maßnahmen länger gelebt hätte und vielleicht wieder gesund geworden wäre?

Menschen mit Erlösungsphantasien behaupten so etwas. Eine Chemotherapie, eine Bestrahlung oder eine radikale Operation müssen oft als Erlösungsphantasien herhalten. Ja, hätte man doch nur die Chemo / die Strahlentherapie / den Eingriff gemacht, dann, ja dann wäre alles anders gelaufen… Zumindest, wenn man es früh genug gemacht hätte. Woher will man das wissen? Man weiß es nicht. Selbst wenn die Statistik so eine Aussage stützen würde – was sie nicht tut! – was bedeutet die mathematische Auswertung zu Daten von ganz anderen Menschen für meine Freundin Christine?

Erlösungsphantasien sind erst einmal genau das: Phantasien. Sie können mit der Realität etwas zu tun haben – müssen sie aber nicht.

In meiner Nachbarschaft ist eine christliche Gemeinde, deren frommer Zweck sich auf die Erlösung der Seelen ausrichtet. Sie singen sonntags aus vollen Kehlen und hoffen darauf, am Tag des jüngsten Gerichts ins Himmelreich einzugehen.

Es steht mir nicht zu, diesen oder irgendeinen Glauben zu beurteilen. Ich will nur darauf hinweisen, dass Erlösungsphantasien in das Reich des Glaubens gehören. Bei religiösen Veranstaltungen sind sie richtig untergebracht, nicht in einer medizinischen Sprechstunde. Es sei denn, der Mediziner begreift sich als spiritueller Begleiter und macht das deutlich.

Im Alltag erleben wir häufig in Praxen Heilsversprechen, die eigentlich niemand so von sich geben darf. Es ist per Gesetz verboten, einem Patienten zu erzählen, dass er durch dies oder das gesund werden wird. Stattdessen müsste er über Chancen und Risiken seiner Behandlung sachlich und ausgewogen aufgeklärt werden.

Einerseits kommt den Menschen durch die offenen oder versteckten Heilsversprechen der Placebo-Effekt zugute: Wenn er fest an den positiven Einfluss einer Arznei glaubt, unterstützt das seine Gesundheit im ganzheitlichen Sinne. Andererseits: Was ist mit all denen, die trotzdem nicht gesund werden – haben sie zu wenig geglaubt?

Noch üblicher sind leider Situationen, in denen die Kranken Angst gemacht bekommen: „Wenn Sie nicht diese oder jene Therapie machen, werden Sie sterben / krank bleiben / es wird immer schlimmer werden, usw. Und dann können wir nichts mehr für Sie tun…“

Während ich das schreibe, spüre ich Zorn in mir aufsteigen. Er richtet sich auf die Arroganz, mit der solche Behauptungen in den Raum gestellt werden. So als sei mit der passenden Therapie jede noch so schwerwiegende Erkrankung zu heilen, wenn nur der Patient mitspielt. Auf diese Weise behält ein Mediziner sein Weltbild, das sich auf Machbarkeitswahn und Größenphantasien stützt. Mit Demut und Bescheidenheit hat das leider nichts zu tun. Und auch nicht mit Respekt vor dem Menschen, der sich hilfesuchend an ihn wendet.

Die Patienten bleiben oft mit diffusen Schuldgefühlen zurück. Irgendetwas haben sie wohl falsch gemacht, sonst hätte die Behandlung ja gewirkt und sie wären wieder gesund.

Und was, wenn nicht?

Es gibt so viele Gründe, sich gegenüber der eigenen Gesundheit schuldig zu fühlen. Wer macht schon alles richtig? (Vermeintliche) Ernährungssünden, etwas Übergewicht, zu wenig Bewegung, Genussgifte, Stress. Trifft nicht auf praktisch jeden von uns einer der üblichen „Anklagepunkte“ zu? Mir wäre das gar nicht so aufgefallen, wenn ich nicht gerade 25 Kilo abgenommen hätte und nun niemand mehr behaupten kann, dass ich zu viel auf den Rippen habe. Jetzt erst wird mir bewusst, wie ich unterschwellig immer wieder mit meinem vorherigen Übergewicht als Erklärung für gesundheitliche Probleme konfrontiert war. Die Waage zeigt meinen „Freispruch“. Eindeutig. Nein, daran kann es wirklich nicht liegen. Entspannung macht sich breit. Warum eigentlich?

Permanent werden wir unter latente Schuldgefühle gesetzt, weil irgendetwas nicht mit unserem Verhalten oder mit unserem Sosein stimmt. Wieso lassen wir das mit uns machen?

Weil es einfacher ist, an einen Fehler zu glauben als uns für die Möglichkeit zu öffnen, dass es vielleicht gar keine (Er-)Lösung gibt. Daher sind Erlösungsphantasien besonders lange aufrecht zu erhalten, wenn sie schwer zu erreichen sind. Eine Phantasie wäre ja sofort als solche enttarnt, wenn man etwas einfach nur ausprobieren könnte und dann sieht, ob es nützt oder nicht.

Mehr hat man an der Erlösungsphantasie, wenn sich ihrer Erfüllung in die Länge zieht. Dann muss es ausschließlich dieser Professor sein, bei dem man erst in ein paar Monaten einen Termin bekommt. Dann muss es unbedingt diese experimentelle Behandlung sein, für die man leider noch keinen Therapeuten gefunden hat. Oder die Arznei, auf die man jahrelang sparen muss, weil sie so sündhaft teuer ist. Zumindest muss die Behandlung Nebenwirkungen versprechen, die dann schwer zu ertragen sein werden. Erlösung darf scheinbar nicht zu einfach sein, sonst wird sie unglaubwürdig. Aha.

Wir programmieren unser Unterbewusstsein mit solchen Überzeugungen. Wenn die Programmierung wirkt, werden wir womöglich tatsächlich gesund, sobald wir das Ersehnte endlich erhalten haben. Ob uns dann die Arznei kuriert hat oder unser Glauben an sie, lässt sich nicht beantworten. Wir wissen es nicht.

So eine Programmierung kann durchaus nützlich sein. Oder hinderlich: Denn sie stellt eine Bedingung an die Genesung, die erst erfüllt sein muss. Mit dieser Verinnerlichung können wir mitunter gar nicht gesund werden bevor wir nicht den erlösenden Zaubertrunk erhalten haben.

Ich denke, einige Therapiekonzepte haben mehr mit Magie zu tun als mit Medizin. Das wird Ihnen Ihr Arzt natürlich nicht sagen.

Er wendet die Therapien A, B, C und D an. Und wenn bei der Therapie E die Symptome verschwinden, meint er mit dem Brustton der Überzeugung, dass seine Behandlung endlich angeschlagen hat. Hat sie das? Warum ist A bei anderen Patienten mit derselben Krankheit erfolgreich gewesen und hier nicht? Ja, klar: Jeder Mensch ist individuell, was wirkt kann unterschiedlich sein. Wer kann wissen, wie viel und wie lange man A hätte anwenden müssen, um etwas zu bewirken? Statistik? Vergessen Sie’s. Das sind schwarze Zahlen auf einem weißen Blatt Papier. Für den konkreten Menschen kann das etwas über eine berechnete Wahrscheinlichkeit aussagen – sie kann mit der Wirklichkeit zu tun haben oder auch nicht.

Nun müssen wir natürlich Entscheidungen treffen. Und Erfahrungswerte dienen uns dabei als Anhaltspunkte. Was ich sagen will ist: Sie sind genau das – Anhaltspunkte. Nicht mehr und nicht weniger. Ohne Garantie. Auf die Erfahrungen von anderen zu bauen, erspart uns scheinbar eigene und verkürzt unsere Wege. Wirklich?

Selbst wenn meine eigene Erkrankung mit einer bestimmten Therapie deutlich besser wurde – woher weiß ich, dass die Veränderung ursächlich an ebendieser Behandlung lag?

Für mich war die Homöopathie lange Zeit so eine Erlösungsphantasie. Ich hatte erlebt, dass an einer angeblich hoffnungslos vernarbten Stelle auf der Kopfhaut Haare wuchsen, nachdem ich Natrium chloratum eingenommen hatte. Der verordnende Arzt trug in meiner Vorstellung einen Heiligenschein. Ja, ich übertreibe ein bisschen. Aber nicht sehr. Nach diesem „Erfolg“ habe ich seine Anweisungen brav befolgt und war überzeugt davon, damit alles richtig zu machen. Ein Guru war geboren.

Sehr irritiert war ich, als mir später klar wurde, dass der Mann auch nur mit Wasser kochte und tatsächlich sogar Fehler machte. Ich will nicht sagen, dass er ein Geschäftemacher gewesen ist, aber meine Gläubigkeit hat ihm ein hübsches Sümmchen Umsatz über einige Jahre beschert. Erst sein Umzug in ein anderes Land hat unsere Zusammenarbeit beendet.

Kein Mensch kann sagen, ob ich auch ohne das Mittel Haarwuchs bekommen hätte. Ob er genauso üppig gewesen und zum selben Zeitpunkt aufgetreten wäre. Mein Glaube an die Homöopathie war fortan unerschütterlich. Ich war immer auf der Jagd nach dem einen konstitutionellen Mittel, das all meine Beschwerden auflösen würde: mein ganz persönliches Elexir.

Dass es so schwer zu finden ist, sprach für die Erlösungsphantasie. Ich wollte keine Composita oder Komplexmittel mit verschiedenen Inhaltsstoffen, sondern nur DAS EINE Mittel. Unzählige Stunden habe ich über homöopathischen Auswertungen verbracht, einen erfahrenen Homöopathen zurate gezogen, kinesiologisch und per Elektroakupunktur getestet. Unermüdlich.

Manchmal hatte ich in der Nacht eine Eingebung, welchem ungewöhnlichen Symptom ich nachgehen könnte, stand auf und saß stundenlang am Rechner. Homöopathie ist eine gute Methode. Sicherlich. Aber sie greift nicht in die Schöpfung ein. Wenn ich jetzt krank bin und mein Körper gerade keine regulierenden Impulse annehmen kann, dann hilft das gewissenhaft ausgewählte Kügelchen leider auch nicht.

Das zu erkennen, war ein wesentlicher Schritt in meiner seelischen Genesung. Als ich den Homöopathie-Schrank bewusst geschlossen und die Bücher zur Seite gestellt habe, fiel eine große Last von mir ab. Ich hatte nicht bei der Auswahl versagt und musste mich noch mehr anstrengen. Im Gegenteil: Ich konnte endlich loslassen. Das Problem würde sich auch ohne aufwändiges Repertorisieren lösen lassen. Oder eben nicht.

Ist es denn nicht richtig, Hoffnung zu haben? Doch. Die Frage ist, wie fanatisch wir an einer Idee haften. Das Maß an Verbissenheit ist ein guter Hinweisgeber. Wenn nur diese eine Lösung möglich erscheint und wir bereit sind, dafür geradezu übermenschliche Anstrengungen zu unternehmen, sind wir vermutlich einer Erlösungsphantasie aufgesessen. Das kann passieren. Wir sollten uns darüber nur bewusst werden. Das wird unseren Entscheidungen ihren Absolutheitsanspruch nehmen.

Wenn man das Prinzip anhand der gesundheitlichen Entscheidungen verstanden hat, kann man die Erkenntnis auf das ganze Leben übertragen. Wir treffen jeden Tag Entscheidungen und beobachten danach Veränderungen oder auch nicht. Das eine kann mit dem anderen zusammenhängen. Muss es aber nicht. Jedenfalls nicht in der Wenn-Dann-Sonst Funktion, die beim Computer möglich ist.

In spirituellen Kreisen höre ich immer wieder die Auffassung, wir seien Schöpferwesen, die ihr Leben frei gestalten können. Ahnen Sie, welche Fallstricke in dieser Sichtweise liegen? Wir können etwas beeinflussen, aber bestimmen können wir das Schicksal nicht. Da können Sie meditieren so viel Sie wollen, sich kosmische Symbole tätowieren lassen oder Ihre Chakren von früh bis spät harmonisieren. Sie sind nicht Gott. Beim Versuch, Ihr Los nach Belieben verändern zu können, werden Sie zwangsläufig scheitern und sich dann noch schlechter fühlen. Lassen Sie das.

Menschen sind hoch komplexe lebende Wesen, eingebunden ist noch höher komplexe Systeme. Wir haben nicht die geringste Chance, alle Bedingungen im Blick zu haben, die in unserem Leben Veränderung bewirken. Wir meinen nur, wir hätten die Kontrolle. Das ist ein Trugschluss. Zumindest im größeren Rahmen ist es gut, den Anspruch auf Steuerung ab und zu einmal sinken zu lassen. Hingabe heißt die Eigenschaft. Vielleicht liegt in ihr die wahre Erlösung – ganz unangestrengt.

 

Text: Petra Weiß

Foto: Thomas Max Müller / PIXELIO

Ist Ihnen auch so heiß?

Sie werden sich wundern, was dieser scheinbar harmlose Satz im ursprünglichen Wortsinne bedeutet. Und künftig genau abwägen, wem Sie eine solch delikate Frage stellen. Dieser Beitrag fasst meine Gedanken zur Bedeutung von sinngetreuen Formulierungen zusammen und gibt weitere Beispiele für die unbewusste Sexualisierung unserer Sprache.

Die Sprache „verwörtlicht“ unsere äußeren Eindrücke, inneren Bilder und Empfindungen. Sie gibt ihnen einen Namen und damit unserem Erleben Struktur und Ordnung. Das wirkt auf die Psyche wie eine Landkarte, mit deren Hilfe wir uns im Leben besser zurechtfinden.

Eine spezifische Bezeichnung für einen Gegenstand, ein Gefühl oder eine Sinneswahrnehmung zu haben, ist ein wichtiger Schritt in jeder individuellen Entwicklung. Das trifft nicht nur auf Kleinkinder zu, sondern für die Menschheit als Ganzes.

So wie der Wortschatz eines Kindes sich ausbildet, erwächst die Sprache eines Volkes auf natürlich Weise. Sie kommt aus der Bildsprache und verfeinert sich über die Zeit immer weiter. Worte aus benachbarten Ländern oder von Reisenden fließen in einem organischen Prozess mit ein. Manchmal kommt es zu gewaltsamen Veränderungen der Sprache durch einen Krieg oder die Besetzung eines Landes. Oder durch eine amtlich verordnete „Reform“.

Aufgrund der internationalen Verflechtungen der vergangenen Jahrzehnte haben wir in kurzer Zeit eine große Anzahl von Worten aus weit entfernten Regionen der Erde in unsere Sprache übernommen. Das erleichtert einerseits die weltweite Kommunikation, verwässert andererseits das Sprachgefühl der Menschen. Keine Fremdsprache geht uns so zu Herzen, berührt unsere tiefen Empfindungen und erzeugt lebendige Bilder in uns wie unsere Muttersprache.

Für diese exklusiven Eigenschaften spielt die Prägung der ersten Lebensjahre eine Rolle und möglicherweise das morphogenetische Feld. Der Begriff geht auf den Harvard-Professor Rupert Sheldarke zurück, der in seiner Forschung von „Wissenden Informationsfeldern“ ausgeht, welche bis in die Formgebung von Organismen hineinwirken. Im Russischen nennt man solche geistigen Gebilde Egregoren und versteht sie als Wesenheiten. Diese Sichtweise muss uns gar nicht fremd sein. Wir sprechen im Deutschen vom Bildungswesen, vom Finanzwesen und vom Gesundheitswesen.

Seit unzähligen Generationen sind die Erfahrungen der Menschen in morphogenetischen Feldern gespeichert, unter anderem die Bezüge zwischen Klängen, Schriftzeichen und Erfahrungen. Wir haben oft ein Gefühl für die genaue Bedeutung eines Begriffs. Althergebrachte Worte wurden traditionell in bestimmten Zusammenhängen gebraucht. Sie sind im morphischen Feld dieser Sprache mit ganz speziellen emotionalen oder wertenden Färbungen versehen. Deshalb lösen manchmal Redewendungen etwas in uns aus, obwohl wir sie noch nie bewusst gehört haben. Wir empfangen den Zusammenhang unbewusst und ohne weiteres Zutun aus dem Feld. An dieses Feld sind wir angeschlossen. Das Feld verbindet Menschen, welche dieselbe Sprache sprechen.

Jede Sprache entwickelt sich weiter. Neue Erfindungen verlangen nach Begriffen, die sie genau beschreiben. Wir setzen neue Wörter aus den bestehenden zusammen. Oder wir erschaffen ganz neue Begrifflichkeiten. Belegen wir ein Ding mit einem Wort aus einer fremden Sprache, erscheint es neu und anders. Dadurch ist es exakt definiert – unabhängig davon, was der Begriff in seiner Ursprungssprache eigentlich bedeutet. Oder ob es ihn in der vermeintlichen Sprache überhaupt gibt.

Von Chop Suey bis Tamagochi

Viele Menschen in Deutschland haben eine klare Vorstellung von dem Geschmack einer Speise, die den Beinamen „Chop Suey“ trägt. Tatsächlich bedeuten die beiden Wörter nichts weiter als „klein geschnitten“ und sagen über die Gewürze nicht das geringste aus. Der Begriff findet sich in Asien nicht auf Menükarten. Er wurde für Europäer erfunden und kennzeichnet Gerichte, die eben gar nicht landestypisch gewürzt worden sind.

Wenn Sie meiner Generation entstammen, wissen Sie genau, was ein Tamagotchi ist. Sie brauchen dafür keine Ahnung vom Ursprung des Ausdrucks oder seiner Bedeutung zu haben, oder zu wissen, dass das Japanische Wort für Ei (tamago) und das englische Wort für Uhr (watch) für die Bezeichnung eines elektronischen Spielzeugs in einem Kunstwort verschmolzen worden sind. Wir verwenden viele solcher Worte, ohne uns darüber gewahr zu werden, ob der Begriff den Gegenstand unserer Betrachtung treffend beschreibt oder was er eigentlich/ursprünglich/tatsächlich bedeutet.

Um verdrehte Bedeutungen zu bestaunen, müssen wir nicht nach Asien blicken. Schlagen Sie einfach eine Zeitung auf oder unterhalten Sie sich ganz belanglos mit dem Nachbarn übers Wetter. Wenn er Sie über den Gartenzaun anspricht „Ist Ihnen auch so heiß?“ überschreitet er dabei – sicher ohne Absicht – eine Ihrer intimsten Grenzen. Vermutlich hat er die Temperatur gemeint und wollte wissen, ob die Wärme Ihnen zu schaffen macht. Im ursprünglichen Wortsinne hat er gerade nach Ihrer Paarungsbereitschaft gefragt. Nur weil sich alle einig sind, das Wort mit der Bedeutung von sehr warm zu verwenden, verliert es nicht die sexuelle Färbung im kollektiven Bewusstseinsfeld.

Geiz macht nicht geil

Seit Jahren wundere ich mich, wenn jemand begeistert ausruft „Das ist ja GEIL!“ Falls das Lob sich auf eine anziehende Frau oder einen attraktiven Mann bezieht, mag der Ausdruck angemessen erscheinen. Dann hätte ich mir halt ein anderes Pronomen gewünscht. Da sich der Grad sexueller Erregung nicht so ohne weiteres erkennen lässt, müssten wir uns von der Geilheit der Person erst einmal überzeugen. Dazu möchte ich hier freilich niemanden aufrufen.

Vollkommen daneben ist aus meiner Sicht der inflationären Gebrauch dieses Modewortes, das wir allenthalben finden. Als geil wird heutzutage ein beschwingtes Lied bezeichnet oder eine fruchtige Limonade, ein kunstvoll gearbeitetes Schmuckstück oder eine Tüte Chips.

Was dabei passiert ist, dass die Sprache und mit ihr das Denken und Empfinden in seiner Vielfalt verarmt. Indem wir sagen, etwas sei geil, geben wir dem Objekt nicht den an sich passenden Ausdruck mit. Wir müssen nicht sagen, auf welche Eigenschaft der Chips sich unsere Freude bezieht. Sind sie knusprig? Schmackhaft gewürzt? Hauchdünn geschnitten? Für solche präzise Beschreibungen sind die im Deutschen haarfein zu unterscheidenden Adjektive – früher nannte man sie sprechend Eigenschaftswörter – nämlich da. Mit dem Mangel an Differenzierung verblasst die psychische Landkarte, wird ungenau und lückenhaft.

Ich plädiere nicht dafür, sich jedes Mal mit lüsternem Grinsen wonnig in den Schritt zu greifen, sobald wir das Wort geil aussprechen. Allerdings wären wir dann wieder am ursprünglichen Sinn angelangt und würden uns gewahr, was wir da so von uns geben…

Meine Kritik am Verzerren von Wortbedeutungen schließt nicht aus, dass auch mir hin und wieder ein solcher Faux-pas unterläuft. Zumindest bin ich mir dessen bewusst. Meistens. Schauen wir auf das gerade Geschriebene: Faux pas stammt aus dem Französischen und heißt wörtlich „falscher Schritt“. Ja, genau das hatte ich gemeint.

In dem Zusammenhang bemerke ich eine vollkommen unbeabsichtigte Doppeldeutigkeit. Herrlich! Natürlich wollte ich nicht schlüpfrig sein. Und es ist mir trotzdem passiert. Obwohl es mir ein bisschen peinlich ist, lasse ich die Passage im Text – zur Veranschaulichung.

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Dieser Text ist ausschließlich für Ihren persönlichen Gebraucht gedacht. Sie können daraus Erkenntnisse für Ihre eigene Ausdrucksweise gewinnen. Sie wählen frei, ob Sie mit diesem Wissen bei Ihren bisherigen Sprachgewohnheiten bleiben wollen oder ob Sie bei Bedarf Veränderungen in Ihrer Wortwahl vornehmen. Ich maße mir nicht an, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie reden oder schreiben sollen. Dasselbe darf auch für Sie gelten: Bitte laufen Sie jetzt nicht umher und belehren Ihre Mitmenschen, wie sie sich ausdrücken müssen. Denn das wäre ein Eingriff ins Allerintimste, der weder mir noch Ihnen zusteht.

Text: Petra Weiß
Foto: Volker Kraus / pixelio.de

Danke schön

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Ich freue mich über jeden Leser, der mich selbst gefunden hat oder über eine Empfehlung auf meiner Weltnetzseite landet. Danke fürs Weiterleiten meiner Beiträge! Und danke auch für Ihre wertschätzenden Kommentare.

Mit großem Vertrauen bin ich zuversichtlich, dass all das Gute, welches ich in die Welt gebe, auf irgendwelchen Wegen zu mir zurückfinden wird. Manchmal sogar in Euro. Herzlichen Dank an alle, die meine freiberufliche Tätigkeit durch einen Energieausgleich würdigen.

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Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen. Ihr neues Buch PERLENTAUCHER DER REDEKUNST wird voraussichtlich im Herbst 2022 geboren.

Seit Sommer 2020 gibt sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

 

 

“Wir sind die Borg.”

„Wir sind die Borg. Sie werden assimiliert. Widerstand ist zwecklos.“
Zitat aus STAR TREK, Serien Next Generation und Voyager, diverse Folgen

Früher wurden tiefe Weisheiten in Form von Märchen von Generation zu Generation weitergegeben. Die mündlichen Überlieferungen haben sich über die Jahrhunderte gehalten, weil grundlegende Muster des Menschseins, wiederkehrende innere und äußere Konflikte sowie mögliche Lösungen als Parabeln und Gleichnisse in den Erzählungen enthalten sind.

Die Gebrüder Grimm haben die Volksmärchen aufgeschrieben und gesammelt. Damit sind die Texte erfasst, dokumentiert und zentralisiert worden. Plötzlich gab es eine institutionelle „Hoheit“ über die Geschichten, die vorher Allgemeingut waren.

Mit jeder Rechtschreibreform, mit jedem Versuch, die Texte sprachlich oder inhaltlich dem Zeitgeist anzupassen, mit jedem Verbiegen des Ursprünglichen zugunsten der Political Correctness werden sie wertloser, weil der Leser immer schwieriger zur eigentlichen Bedeutung vordringt und kaum mehr am Kern der Botschaft andocken kann.

Heute werden Märchen in Umlauf gesetzt, die auf einer tiefen symbolischen Ebene die Weltsicht prägen, die das Bild der Allgemeinheit verzerren, was als „normal“ oder „üblich“ zu betrachten sei, und wie man mit Konflikten umzugehen habe. Viele davon kommen aus Hollywood. Moderne Märchen heißen Spielfilme oder Serien. Vordergründig dienen sie der Unterhaltung. Ich würde nicht behaupten, dass hinter jedem Blockbuster eine andere Absicht steckt, als damit kräftig Kasse zu machen. Tatsächlich kann sich aber niemand dem unterschwelligen oder offenkundigen Einfluss entziehen, durch den die Filme sein Welt- und Menschenbild formen.

Dass wir uns dessen bewusst werden, kann ein guter erster Schritt sein, zu einem natürlichen Empfinden für individuell passende Werte, Lebensweisen und Konfliktlösungen zurückzufinden. Meine Manipulationsspürnase schlägt Alarm, wenn in der Action oder in der Soap eine Ideologie verpackt ist, die moralisiert und damit spaltet. In der Folge verhindert das Moralisieren die Ausbildung einer echten Ethik. Statt uns unseren eigenen Werten bewusst zu werden und nach diesen Richtlinien zu leben, lassen wir uns von der Gemeinschaft sagen, was wir als gut oder böse einzusortieren haben.

Fragen Sie sich nach dem Anschauen einer Folge oder eines Films, welche Botschaft der Sender Ihnen vermitteln wollte. Wie wurden die Charaktere dargestellt? Welche Eigenschaften zeigten „die Guten“, welche „die Schlechten“? So erkennen Sie Ihr Erziehungsprogramm aus diesem Beitrag. TV-Produktionen, die mithilfe von Zwangsgebühren ins Leben finden, darf man auf ihren inhaltlichen Nährwert hin betrachten: die vorhersehbaren Storys, die seichten Dialoge, die Tränendrüsen-Drücker, die Echauffierer – was soll uns das alles bringen? Entspricht eine solche Produktion dem offiziellen Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens? Folgen da nur die Schauspieler dem Drehbuch oder auch die Zuschauer?

Serien, die ohne stattliche Bezuschussung über Jahrzehnte laufen, beherbergen möglicherweise Weltsichten, die direkt oder indirekt der gefühlten Wahrheit einer großen Anzahl von Zuschauern entsprechen. Vor diesem Hintergrund betrachte ich die STAR TREK Begeisterung. Millionen von Zuschauern verfolgen gespannt die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise und seiner Vorgänger oder Nachfolger. Spielfilme und Serien mit unzähligen Staffeln zeugen davon, dass dieses moderne Märchen viele Menschen berührt.

Kirk und Spok waren mir als Kind aus der Flimmerkiste bekannt. Ich habe wohl den einen oder anderen Kinofilm gesehen, konnte aber keinen rechten Gefallen an technikverliebtem Sience Fiction finden. Mit meinem Mann hielt vor ein paar Jahren das STAR TREK Universum Einzug in mein Wohnzimmer. Und nun begann ich, die (Ge-)Schichten hinter den Weltraumabenteuern zu entdecken. Mir ist früh aufgefallen, dass menschliche Eigenschaften auf andere Spezies übertragen und dort übertrieben dargestellt worden sind. Wie Karikaturen des facettenreichen Menschseins wirken auf mich die gefühlsunterdrückten Vulkanier, die profitgierigen Ferengees, die bis zur Paranoia misstrauischen Andorrianer, die gewaltverherrlichenden und dabei auf ihre Ehre pochenden Klingonen und die nach Perfektion strebenden Borg – eine Mischung aus Mensch und Maschine.

Mich erinnert das taktische Auslagern von Eigenschaften an Strategien aus der Psychotherapie. Bei der Reinkarnationstherapie beispielsweise können Patienten mit ein paar Jahrhunderten Abstand ihre weniger geschätzten Eigenschaften besser erkennen und leichter annehmen. Dadurch sind sie in der Lage, bewusst zu entscheiden, ob sie so bleiben oder sich verändern wollen. Vielleicht können wir Menschen unsere weniger geschätzten Eigenschaften besser erkennen und leichter annehmen, wenn wir sie an fremden Spezies vorgeführt bekommen.

Ich erlebe STAR TREK wie eine Ego-State-Aufstellung: Menschliche Eigenschaften werden getrennt voneinander betrachtet und miteinander in Interaktion gebracht – so wie wenn man verschiedene Seelenanteile aufstellt und zueinander in Bezug setzt. Innere Konflikte als Ursachen von Hindernissen werden dadurch sichtbar und Lösungen gefunden, die für alle Anteile akzeptabel sind.

Der Anteil, welcher den Gesamtorganismus in Bedrängnis bringt, hat dafür meist einen guten Grund, der gewürdigt werden will. Andernfalls wird er zum Saboteur aller Lösungsversuche. Ist seine Absicht hingegen bösartig und lebensfeindlich, braucht es ein entschlossenes und tatkräftiges Abgrenzen gegen den Feind.

Die lebensfeindliche Bösartigkeit wird in der Serie durch die Borg verkörpert. Sie überfallen fremde Spezies, um deren Technologie und Wissen zu erbeuten. Dafür fügen sie die Individuen gewaltsam in ihr Kollektiv ein. Sie „verbessern“ die Körper der „assimilierten“ Wesen mithilfe technischer Implantate. Als nummerierte Drohnen ist sodann ihr oberster Lebenszweck, dem Kollektiv zu dienen. Die einstigen Opfer werden zu Tätern und assimilieren ihrerseits fortan fremde Spezies.

Die Borg verlieren ihre Individualität, solange sie dem Gruppenbewusstsein angehören. Werden sie vom Kollektiv getrennt, erwacht ihre Erinnerung an ihre Einzigartigkeit wieder, was zu großer Verwirrung führen kann oder zur Entschlossenheit, wieder ein Individuum zu sein. Je jünger eine Drohne war als sie in das Kollektiv eingefügt wurde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ohne die Anbindung an das Kollektiv in Panik gerät. Ohne die tausend Stimmen der Gruppe fühlt sie sich einsam und hat Angst. Aus dem kindlichen Bedürfnis nach Schutz wird sie die Versuche ihrer Mit-Drohnen notfalls mit Gewalt untergraben, selbstständige Individuen zu werden.

Na, kommt Ihnen da eine Parallele in den Sinn?

Aus psychologischer Sicht beschreibt die Folge 224 aus der Serie „Voyager“ die Auswirkungen einer nicht erfolgten Individualisierung auf das Unabhängigkeitsbestreben des Umfelds – und die vollkommen andere Vorgehensweise bei fortgeschrittenem Mentalisierungsprozess. Die Moral von der Geschicht:

Solange ich selbst panische Angst davor habe, unabhängig zu werden, unterminiere ich das Unabhängigkeitsbestreben meiner Mitmenschen. Habe ich entdeckt, was es bedeutet, ein Individuum mit eigenen Werten und Vorstellungen zu sein, das seine Einzigartigkeit weiterentwickelt und als solches in der Gruppe Rückhalt und Akzeptanz findet, kann ich vom Kollektivismus und seiner Gleichmacherei ablassen.

In der Folge trifft die ehemalige Drohne SEVEN OF NINE die Entscheidung, dass es besser ist, ein kurzes Leben als Individuum zu führen als den Rest seiner Tage in einem Kollektiv gefangen zu sein. Vielleicht ist Widerstand gegen den Kollektivierungs-Wahn ja doch nicht ganz zwecklos….

Mir geht es keinesfalls drum, eine aufrührerische Streitschrift zu verfassen, die womöglich wieder in eine Ideologie verführt. Neulich las ich einen Aufruf: „Steht endlich alle auf!“ Solche Aussagen halte ich für hochgradig übergriffig. Sie zeugen außerdem von einem beschränkten Bewusstseinsniveau. Jeder wird sich an seinem Punkt der Entwicklung weiter wandeln oder auch nicht. Das ist jedem einzelnen überlassen. Wir können uns gegenseitig bei Bedarf und auf Wunsch unterstützen. Nicht mehr und nicht weniger.

Eine Weltsicht, die das Mitmachen aller erfordert, um ein Ziel zu erreichen, ist eine Ideologie. Ideologien leben von der Ab- und Ausgrenzung. Sie brauchen immer Außenstehende, die daran schuld sind, dass ihre Visionen der Zukunft sich nicht realisieren lassen. Denn an den Visionen selbst kann es nicht liegen. Sie werden nicht infrage gestellt. Ideologien haben insofern etwas Narzisstisches.

Gegenüber Ideologien bin ich besonders wachsam. Warum? Weil aus Ideologien Fanatismus entsteht, und zwar vor allem bei denjenigen, die dringend ein Kollektiv brauchen, weil sie noch nicht so weit sind, alleine zu stehen. Sie werden notfalls mit Gewalt die egal wie absurden Ideen Ihrer Gemeinschaft durchzusetzen suchen. Geht die Idee den Bach runter, verlieren sie ihre Ersatz-Identität und stehen plötzlich schutzlos da.

Das ist der Punkt, an dem der Einzelne Hilfe brauchen kann. Aber nicht wieder im kollektivistischen Sinne: „Du kannst nichts dafür, dass Du mitgemacht hast. Du warst ja im Kollektiv gefangen.“ Sondern in voller Verantwortung für jede Tat und für jede Unterlassung.

Weshalb ist das so wichtig, keine Schwamm-Drüber-Mentalität zu kultivieren?

Die Seele verlangt immer nach Ausgleich. Wenn ich mich schuldig gemacht habe, muss ich es wieder gut machen oder eine Strafe erhalten oder mich in Selbstvergebung üben. So funktioniert die menschliche Psyche. Andernfalls sühne ich unbewusst für meine Sünden. Dann entwickle ich psychosomatische Erkrankungen oder seelisch-geistige Störungen, die erstaunlich therapieresistent sein können. Das Bedürfnis zu sühnen wird wie die Nachwirkung eines Trauma über Generationen hinweg vererbt.

Falls Sie die Versuchung verlockend finden, sich im warmen Schoß eines Kollektivs einfach aufzulösen, keine eigene Identität und vielleicht sogar kein Geschlecht mehr zu haben, dann schauen Sie sich einfach mal ein paar alte Folgen STAR TREK an. Oh, natürlich ist das Science Fiction. Aber das Wesentliche der Botschaft wird Sie auf einer tiefenpsychologischen Ebene erreichen.

Prüfen Sie einmal, wie viel Borg, Klingone, Andorrianer, Ferengee oder Vulkanier in Ihnen steckt. Und hinterfragen Sie das Bild, welches die Menschen von ihrer eigenen Spezies in den Folgen und Teilen zeichnen.

Welche Werte sollen uns hier vermittelt werden? Und wie werden diese umgesetzt?

Was bedeutet Individualität in einer Gruppe, die ihre Mitglieder uniformiert, in der Privatsphäre nicht existiert und jeder nach Vorschrift und Hierarchie zu funktionieren hat?

Wie viel Doppelmoral verträgt eine Gesellschaft? Wollen wir so leben?

Text: Petra Weiß
Bild: Bernd Deschauer / PIXELIO

Danke schön

Mein Anliegen ist es, mit meinen Beiträgen an der Entwicklung der Menschheit in Richtung Aufrichtigkeit mitzuwirken. Das Schreiben liegt mir und ich habe etwas zu sagen, das gerade jetzt sehr gebraucht wird. Daher teile ich mein psychologisches Wissen, meine Praxis-Erfahrungen und meine Überlegungen mit Ihnen.

Ich freue mich über jeden Leser, der mich selbst gefunden hat oder über eine Empfehlung auf meiner Weltnetzseite landet. Danke fürs Weiterleiten meiner Beiträge! Und danke auch für Ihre wertschätzenden Kommentare.

Mit großem Vertrauen bin ich zuversichtlich, dass all das Gute, welches ich in die Welt gebe, auf irgendwelchen Wegen zu mir zurückfinden wird. Manchmal sogar in Euro. Herzlichen Dank an alle, die meine freiberufliche Tätigkeit durch einen Energieausgleich würdigen.

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen. Ihr neues Buch PERLENTAUCHER DER REDEKUNST wird voraussichtlich im Herbst 2022 geboren.

Seit Sommer 2020 gibt sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

 

Verfälschte Geschichte – kollektiv und individuell

Entstand das Universum aus einem Urknall? Stammt der Mensch vom Affen ab? Sind die alten Göttersagen reine Phantasie?

Im Moment beschäftigen sich viele Menschen damit, die offizielle Geschichtsschreibung und die derzeit gültigen Paradigmen der Wissenschaft zu hinterfragen. Die Anziehungskraft dieser Themen scheint groß zu sein. Das Phänomen beobachte ich mit wachsendem Interesse aus psychologischer Sicht. Natürlich bin ich keine Historikerin oder Geschichtsforscherin und kann inhaltlich nichts zu solchen Fragen sagen. Aber in meiner Sprechstunde begegnen mir immer wieder Menschen, die herausgefunden haben, dass mit ihre Lebensgeschichte etwas Gravierendes nicht stimmt. Daher sind mir die tiefgreifenden Veränderungen bewusst, die solche Entdeckungen auslösen können.

Warum sollte es uns interessieren, woher die Menschheit kommt und wie sie die vergangenen 2.000 Jahre wirklich verbracht hat?

Vergangenheit als Teil der Identität

Vielleicht gewinnen Sie einen persönlichen Eindruck über die Bedeutung historischer Fakten mit Blick auf Ihre eigenen Ahnen. Es hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Heute, was wir über die Vergangenheit denken. Sie ist ein Teil unserer Identität. Durch sie wurde unsere Weltsicht geprägt, sie stellt gewissermaßen einen Filter dar, durch den wir unsere Erlebnisse wahrnehmen. Als Ergebnis entsteht aus unseren tatsächlichen Erlebnissen und dem Wahrnehmungsfilter in Verbindung mit unseren inneren Überzeugungen und Bewertungen unsere individuelle Wirklichkeit, also das Welt- und Menschenbild, das in unserem Leben wirkt.

Diese subjektive Wirklichkeit kann mit der Realität mehr oder weniger zu tun haben. Im Extremfall geraten wir in einen Wahn, der durch vernünftige Überlegungen und tatsächliche Beobachtungen nicht korrigierbar ist. So ein Wahn wird durch konsequent dem falschen Narrativ folgende Bewertungen von neuen Informationen mit viel Energie aufrecht erhalten.

Welchen Unterschied macht es in Ihrem Erleben, ob Ihr Opa ein Soldat im Ersten oder im Zweiten Weltkrieg gewesen ist und/oder ob er im Widerstand aktiv war? Welche Bewertung fließt ein, wenn Ihr Großvater auf der Deutschen oder auf der Französischen Seite gekämpft hat? Und wie ändert sich Ihr Empfinden, wenn Sie annehmen, dass er unter Todesdrohung gezwungen war, zur Waffe zu greifen, dass er nur sein Land verteidigen und seine Kinder beschützen wollte oder dass er der Propaganda auf den Leim gegangen ist und mit Begeisterung an die Front zog?

Natürlich haben wir keine Verantwortung für das Tun und Nicht-Tun unserer Vorfahren. Aber das Wissen darum macht etwas mit dem inneren Bild von unserer Familie. Wir identifizieren uns mit den Menschen, deren Gene wir in jeder Zelle unseres Körpers beheimaten, von denen das Leben zu uns geflossen ist, deren Erlebnisse ihr Verhalten gegenüber ihren Kindern geprägt hat, die diese Erfahrungen ihrerseits an die nächste Generation weitergereicht haben und so weiter.

Späte Auswirkungen

Als systemische Familientherapeutin und Traumatherapeutin kann ich Ihnen versichern, dass traumatische Erfahrungen das Potential haben, sich über mehrere Generationen auszuwirken. Oft sind wir uns der Traumatisierungen gar nicht bewusst, weil sie sehr früh stattgefunden haben.

Wenn sie schwerwiegend genug waren, schützt das Unterbewusstsein die Patienten manchmal durch Vergessen. Dann haben sie kurze „Absencen“: Stunden oder Tage im totalen Blackout, an die sie sich einfach nicht erinnern. Oder sie entwickeln eine teilweise oder vollständige Amnesie, die sich über den Zeitraum mehrerer Jahre erstrecken kann.

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einer Hypnose im Sinne eines programmierten Gedächtnisverlusts. Halten Sie das für absurd? In Anbetracht von schätzungsweise einer Million Menschen in Deutschland, die als Kind sexuell missbraucht wurden, ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht so gering, dass Sie jemanden kennen, der mit einem derartigen Schicksal belastet ist.

Die Gedächtnislücken sind für den Verstand kaum ertragbar. Daher werden sie irgendwie gefüllt. Man denkt sich etwas aus, das man womöglich selbst für wahr hält. Oder man bekommt ein Narrativ angeboten, das man annehmen kann. Leider kommt das Märchen häufig vom Täter und erzählt logischerweise nicht die wahre Tat, sondern irgendeinen Unsinn, der schlimmstenfalls das Opfer noch zusätzlich quält, weil er ihm Schuld zuschiebt und absichtlich Schamgefühle auslöst.

Wenn wir also ein schweres Trauma erlebt haben, besteht die Möglichkeit, dass wir über unsere Vergangenheit etwas Falsches denken, – und auch über uns. Schlimmstenfalls glauben wir, was uns der Täter eingeredet hat. In dem verschobenen Selbst- und Weltbild durch die falsche Geschichte liegt das eigentliche Problem.

Wir halten uns dann für schwach, dumm, schuldig, böse oder sonstwie verachtenswert. Deshalb ist es so wichtig herauszufinden, was wirklich geschehen ist. Erst wenn wir unsere eigene Geschichte richtigstellen, können wir falsche Schlüsse, die wir aus falschen Informationen gezogen haben, korrigieren. Ein solcher Prozess hat Risiken und Nebenwirkungen. Dadurch kann unser ganzes Glaubensgebilde ins Wanken geraten. Die Verunsicherung kann enorm sein und bedrohlich wirken. Aber die Chance auf eine bessere, weil selbst-bewusstere Zukunft, besteht.

Wenn das einstige Opfer zum Täter wird…

Schwierig wird es, wenn aus dem Opfer selbst ein Täter geworden ist. Das passiert leider, wenn die Abspaltungen in eine gefühllose Verantwortungslosigkeit geführt haben. Sich dieser Wahrheit zu öffnen, ist viel verlangt. Häufig erleben die Betroffenen eine Opfer-Täter-Umkehr und fühlen sich von ihrem Opfer bedroht wie damals von ihrem Peiniger. Sie glauben, wie wären im Recht. Nicht selten kommen noch Wahnideen hinzu, durch die Tat in irgendeiner Weise die Welt zu retten. Durch die Gewalt und Machtausübung ihrer Tat entlasten sie sich von den unverarbeiteten Ohnmachtsgefühlen und lenken sich gleichzeitig von den Spuren ihrer eigenen Traumata ab. Die Abspaltung von ihren Empfindungen kann man als Bewältigungsversuch werten. Sie spüren sich selbst nicht mehr und haben dadurch auch kein Mitgefühl mit denen, die sie quälen.

Durch die Tat ist der zuvor bereits traumatisierte Täter übrigens noch einmal traumatisiert. Je schwerer seine Psyche vorher geschädigt worden war, desto grausamer kann er später sein. Hat er Menschenleben auf dem Gewissen, wird er sich dem kaum stellen können und wenn, dann besteht die Gefahr einer Selbsttötung. Eine gesunde Selbstachtung wiederzufinden, ist unter den Schuldgefühlen nur schwerlich möglich.

Seien Sie sich dessen bewusst, dass Menschen, die andere umbringen, dem kaum ins Auge blicken können, ohne dass ihr Leben auf die eine oder andere Art endet. Zumindest die Freude am Leben ist bis auf weiteres dahin. Ermessen Sie daran der Grad der Verzweiflung, mit dem ein (mehrfacher oder Massen-)Mörder seine falsche Geschichte aufrecht erhalten muss.

Schutzbefohlene als Opfer

Genug zu den Tätern abgeschweift, kümmern wir uns wieder um die Opfer. Wenn die Tat in frühen Jahren passiert ist, sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Eltern in irgendeiner Weise darin verwickelt. Zumindest haben sie ihre Schutzfunktion nicht wahrgenommen. Manchmal haben sie weggesehen oder die Tat sogar billigend in Kauf genommen. Und erschreckend häufig, sind Mutter oder Vater oder beide (Mit-)Täter, wenn es um Gewalt an Kindern geht.

In diesem Fall ist eine innere Spaltung des Kindes die logische Folge. Sie können nicht gleichzeitig die Eltern, von denen sie existenziell abhängig sind, lieben und sie als grausame Täter anerkennen. Die Spaltung rettet sie vor dem Dilemma. Ein Teil der Psyche bleibt intakt und unterstützt bei Bedarf die Erkenntnisfindung. Ein anderer ist von der Realität völlig überfordert und blendet sie weg. Und ein dritter Anteil dient dem Überleben, indem er eine Pseudo-Realität erschafft.

Aus solchen Lebensgeschichten entsteht eine gefährliche „Täterblindheit“. Die als Baby, Kleinkind oder Kind Geschädigten erkennen später nicht, ob es jemand gut mit ihnen meint oder ihnen im Gegenteil Schaden zufügt. Sie sind offen für die absurdesten Narrative, um die Wahrheit nicht erkennen zu müssen, wenn jemand sie in eine Falle lockt. Insbesondere, wenn dieser jemand eigentlich eine Schutzfunktion ihnen gegenüber hätte. Ja, sie lassen sich sogar Schuldgefühle einreden, wenn sie nicht seinen – für jeden Außenstehenden offenkundig böswilligen – Anweisungen folgen.

Wer bin ich? Und was will ich wirklich?

Identitätsprobleme und Willensschwäche sind weitere Folgen frühkindlicher Traumatisierungen. Die Betroffenen wissen oft als Erwachsene nicht, wer sie sind und was sie wollen. Dadurch werden sie zusätzlich leichte Beute für weitere Täter, welche sie instinktiv aufspüren wie eine Raubkatze treffsicher und schnell ein verwundetes Beutetier in einer Herde ausmacht.

Aus dieser Anfälligkeit heraus führt nur der Erkenntnisprozess. Wir müssen wissen, was uns so geprägt hat, dass wir uns heute noch (unbewusst) als Opfer anbieten, damit die Qual endlich aufhört. Wir müssen vor allem herausfinden, wer wir sind, sonst kann uns jeder Verbrecher irgendetwas erzählen, wer wir angeblich wären. Wir brauchen Kontakt zu unserem eigenen Willen, damit wir nicht den Willen anderer erfüllen, ohne es zu bemerken. Dazu ist es notwendig, den eigenen Körper zu spüren. Seine Signale sind Hinweise, die zu unserem Selbst führen. Durch das Körperempfinden lernen wir, unsere Gefühle zuzuordnen und gewinnen neue Klarheit in unserem Denken.

Sich selbst ein guter Freund sein

Ein bewusstes Selbst findet ein ebensolches Gegenüber. Das heißt, dass wir auf diesem Weg auf lange Sicht beziehungsfähig werden. Zunächst ist es ein guter Schritt, uns selbst die Gesellschaft zu sein, wie wir uns wünschen. Wollen Sie einen Partner oder eine Gemeinschaft, die integer ist? Dann entwickeln Sie sich zu einem aufrichtigen Menschen. Prüfen Sie, welche Versprechungen Sie sich gegeben haben und erneuern Sie die Zusagen bewusst oder lösen Sie sich ausdrücklich davon. Und dann fangen Sie an, Ihre Versprechen einzulösen. Eins nach dem anderen.

Wenn die erlebten Traumata im Dunklen bleiben, werden wir nie verstehen, warum wir in bestimmten Situationen irrational, überschießend oder gar nicht reagieren. Wir kennen uns selbst nicht – Wie sollten wir dann die Welt begreifen wollen?

Das weit verbreitete Ansinnen, sich kritisch mit der Geschichte der Menschheit auseinandersetzen zu wollen, deute ich als kollektives Bedürfnis nach Befreiung von kollektiven Traumata. Ich kann mir vorstellen, dass wir als Menschheitsfamilie schwere Verletzungen erfahren haben, an die wir uns nur langsam und zögerlich erinnern. Möglicherweise gab es einen Kataklysmus, also eine weltumspannende Katastrophe, ob von Menschenhand absichtlich oder aus Versehen geschaffen oder als Naturereignis oder durch kosmische Einflüsse – wer weiß das schon?! Ich nicht.

Verdächtige Lücken

Mir erscheinen nur einige Geschichten gänzlich unplausibel. Und ich wundere mich, warum manches verdreht dargestellt und anderes verschwiegen wird. Das Verschweigen macht mich besonders hellhörig. Ich kenne solche Lücken in der Erzählung aus gruseligen Biografien. Bevor die Wahrheit ans Licht kommt, zeigt sich häufig erst einmal die Lüge. Beispielsweise in Form von (schlecht gefüllten) Lücken in der Story. Und dann kann es Jahre dauern, bis alles zutage tritt. Oder es geht ganz rasch. Mein Eindruck ist, dass die Offenbarungen sich in dem Tempo zeigen, wie es die jeweilige Seele verkraften kann. Manches bleibt auch für immer im Nebel.

Ich kann gut verstehen, warum die Leute sich eigene Erklärungen suchen, wenn sie die offiziellen einfach nicht (mehr) glauben können. Und ganz ehrlich: Da gibt es Lücken in Format des Grand Canyon. Warum wir diese früher nicht gesehen haben, mag mit der veränderten Zeitqualität zusammenhängen. Vielleicht sind wir jetzt an dem Punkt der Bewusstseinsentwicklung, an dem diese Entdeckungen eben fällig sind.

Wenn Sie den kollektiven Prozess unterstützen wollen, können Sie sich mit verborgenen Geheimnissen der Weltgeschichte befassen. Das birgt eine gewisse Faszination. Vielleicht haben Sie einen intuitiven Zugang zu solchen Themen. Wirklich wissen werden wir nie, was mit uns geschehen ist. Selbst wenn wir einen Zeitreisenden träfen, der Videos dabei hat, was eher unwahrscheinlich ist 🙂 könnten die Dokumente gefälscht sein.

Wir wissen nur verlässlich, was uns selbst widerfahren ist.

Jede Erzählung ist letztlich nur eine Geschichte, auch jeder schriftliche Bericht kann frei erfunden sein – damals, heute und in der ganzen Zwischenzeit. Damit Sie mit beiden Füßen auf der Erde bleiben, empfehle ich Ihnen ganz warm, dass Sie bei all den spannenden Geschichten Ihren eigenen Realitätsbezug pflegen und schulen.

Fangen Sie bei sich an.

Ergründen Sie IHRE Geschichte. Was ist wahr? Was ist fraglich? Und was eher unwahrscheinlich? Wie könnte es stattdessen auch (gewesen) sein?

Lernen Sie zu unterscheiden, was Ihre tatsächliche Wahrnehmung ist und was Interpretation. Differenzieren Sie ganz präzise nach Körperempfindungen, Emotionen und Gedanken. Starten Sie im Jetzt bevor Sie sich früheren Ereignissen zuwenden.

Wie geht es Ihnen im Moment? Welche Körperempfindungen sind wahrnehmbar? Welche Emotionen fühlen Sie? Was für Gedanken kommen in Ihren Kopf?

Achten Sie auf Ihren Sprachgebrauch. Das ist wichtig, damit Sie Ihrer Wahrnehmung vertrauen (lernen). Zur Veranschaulichung habe ich Ihnen ein praktisches Beispiel mitgebracht:

Wenn Sie meinen „Ich fühle mich bedroht“ sei eine Emotion, bringt das Verwicklungen mit sich. Wenn Sie tatsächlich nicht bedroht SIND, werden Sie an „der Richtigkeit“ Ihrer Wahrnehmung zweifeln. Tatsächlich ist die Emotion möglicherweise „Angst“ oder „Wut“. Diese Wahrnehmungen sind zwar subjektiv, aber in jedem Fall richtig, egal ob die Angst oder Wut begründet ist oder nicht. Der Gedanke „Ich fühle mich bedroht“ ist genau das: ein Gedanke. Aus der Erfahrung empfehle ich zu ergänzen „Ich fühle mich WIE bedroht“ oder „…ALS WÄRE ICH GERADE bedroht“. Damit kann das Unterbewusstsein registrieren, dass Ihre Empfindung und die Zuordnung zu früheren Bedrohungen gewürdigt ist und dass jetzt keine reale Gefahr bestehen muss, um sich so zu fühlen.

Der Bullshit-Detektor

Mit solchen Übungen kommen Sie Ihrer eigenen Geschichte auf die Spur. Wir Menschen haben einen inneren Radar für Lügen und Halbwahrheiten. Sie können Ihre Wahrnehmung schulen und forschen, welche der Narrative in Ihrer persönlichen Geschichte Störgefühle erzeugen. Vielleicht lohnt es sich, einen genaueren Blick auf solche Erzählungen zu werfen.

Seien Sie insbesondere skeptisch, wenn eine Geschichte Ihnen offensichtlich Angst machen oder Sie in Empörung bringen soll. Auch die Grundbotschaft “Selber schuld” mit den damit verbundenen Gefühlen von Schuld und Scham darf Ihren Alarm auslösen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Sie gerade manipuliert werden sollen. Je besser Sie über derartige Manöver Bescheid wissen, desto leichter erkennen Sie den Versuch schon im Ansatz – in Ihrer eigenen Biografie, in den aktuellen Berichten und in den historischen Aufzeichnungen.

Text: Petra Weiß
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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen. Ihr neues Buch PERLENTAUCHER DER REDEKUNST wird voraussichtlich im Herbst 2022 geboren.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

 

Vom Glück keine falsche Anerkennung zu ernten

Unter Menschen ist es normal, dass wir uns gegenseitig Anerkennung spenden. Die Anerkennung drückt sich in wertschätzenden Worten aus, in Lob und Komplimenten, in Dankbarkeit und manchmal auch in symbolischen Auszeichnungen wie Orden, Prädikaten oder Titeln.

In dem Wort Anerkennung ist das „Erkennen“ enthalten. Wir können nur etwas oder jemanden anerkennen, das oder den wir erkannt haben. Was mag das sein? Bestenfalls erkennen wir den anderen in seiner Einzigartigkeit und wertschätzen diese. Das ist die Version für „Erleuchtete“. Im Alltag reicht es, wenn wir bestimmte Eigenschaften am anderen ausmachen.

Loben für Fortgeschrittene heißt nicht „Sie sind eine tolle Mitarbeiterin“, sondern „Sie haben die Quartalszahlen wieder sehr präzise und gleichzeitig übersichtlich dargestellt. Ich schätze Ihre Zuverlässigkeit, Ihre strukturierte Vorgehensweise und Ihren Blick fürs Wesentliche.“

Häufig erhalten wir aber Anerkennung für eine Leistung oder eine Tat. Und viele denken, dass das so sein müsste. Das ist ein Trugschluss, der uns sehr in die Irre führen kann und viele sinnlose Bemühungen nach sich zieht. Kaum etwas ist so aussichtslos und kräftezehrend wie der ständige Huzzle um Anerkennung für das Tun. Stattdessen sollten wir uns wünschen, für unser So-Sein wertgeschätzt zu werden. Sonst kann man uns durch Lob und Tadel beliebig lenken und für Zwecke einspannen, die wir sonst gar nicht unterstützen würden.

Das Thema begegnet mir immer wieder in der Sprechstunde. Daher will ich hier mit eine paar weit verbreiteten Missverständnissen aufräumen. Das Schwierigste zuerst: Wir haben keinen Anspruch auf Anerkennung. Wie sollten wir auch? Manche Menschen liegen auf einer derart abweichenden Wellenlänge zu der eigenen, dass wir nicht erwarten können, sie mögen uns erkennen geschweige denn anerkennen. Das hat viel mit der Unterschiedlichkeit von Eigenschaften und Fähigkeiten zu tun, aber auch mit verschiedenen Erfahrungen, Glaubensätzen und Wertesystemen.

Mit einem ausführlichen Beispiel aus meiner eigenen Biografie will ich Ihnen verdeutlichen, wie viel Leid falsche Vorstellungen von Anerkennung hervorbringen und welche andere Haltung hilfreich sein kann.

Autobiografisches Fallbeispiel

Als junge Frau war ich nach meiner kaufmännischen Ausbildung in einem großen Konzern als Sekretärin des Vertriebsleiters gelandet. Was nach einem perfekten Einstieg ins Berufsleben für eine 21-Jährige klang, entpuppte sich als Einöde. Ich langweilte mich zu Tode. Der Chef war selten da. Außer ein paar routinemäßigen Statistiken, die ich für ihn auswertete, und dem Sammeln von Telefonnotizen hatte ich kaum etwas zu tun.

Den anderen Damen auf der Geschäftsleitungsetage schien die Ereignislosigkeit ihres Arbeitstags nichts auszumachen. Die meiste Zeit gingen sie ihren Hobbys oder Zweitberufen nach, hielten Schwätzchen und lackierten sich die Nägel. Ihre Haupttätigkeit war das Buchen, Stornieren und Umorganisieren der zahlreichen Dienstreisen ihrer Vorgesetzten sowie das Sortieren von Korrespondenz und Ablage. Wenn der Boss dann doch einmal vor Ort war, schwangen sie emsig den Telefonhörer und zitierten Abteilungsleiter und Stabsstellen-Chefs herbei. Mit ihrer (Un-)Tätigkeit verdienten sie aus meiner damaligen Sicht ein Vermögen. Dieser “Traumjob” war nichts für mich. Ich war jung und energiegeladen und brannte darauf, meinen Tag mit einer sinnvollen Beschäftigung auszufüllen.

Meine Zeit füllte ich mit einer berufsbegleitenden Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und hielt die Augen nach einer Wechselmöglichkeit offen. Nach einem Jahr fand ich eine Stelle als Direktionsassistentin in einem aufstrebenden Großunternehmen der IT-Branche mit internationalen Verbindungen. Der Chef war mir sympathisch, die Aufgaben waren wesentlich breiter gefächert und das Umfeld mit einem jungen engagierten Team wirkte deutlich lebendiger. Die Produktpalette bestand aus Homecomputern zum Discount-Preis. Unser gemeinsames Ziel war es, den technischen Fortschritt der 1990er Jahre für jedermann zugänglich zu machen. Damals schien uns das eine gute Idee zu sein. Gleichzeitig machte ich einen Gehaltssprung von 30 % und weiteren 10 % nach der Probezeit. Ich hatte allen Grund zu frohlocken.

Als ich meine überschäumende Freude mit meiner Familie teilen wollte, erlebte ich eine Überraschung: Statt mir begeistert zu dem Karriereschritt zu gratulieren, bekam ich mit entrüstetem Tonfall zu hören „Das hat es in unserer Familie noch nie gegeben, dass jemand den sicheren Arbeitsplatz in einem Konzern aufgibt!“ Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Anerkennung und Mitgefühl hätte ich mir gewünscht. Unverständnis und Verurteilung habe ich geerntet.

Zwar habe ich zwischenzeitlich verstanden, auf welchen Werten und Erfahrungen dieser Kommentar beruhte. Ich ziehe sogar in Betracht, dass eine gute Absicht vorhanden war. Verletzt hat der Ausspruch mich damals als junge Frau trotzdem und war lange prägend für meine eigene Bewertung meines beruflichen Tuns. Stets befand ich mich in einem Zwiespalt zwischen meinen eigenen Bedürfnissen und den (ausgesprochenen und unterschwelligen) Erwartungen aus dem Elternhaus.

Falsche Erwartungen werden enttäuscht

Die Erzählung ist wie eine Miniatur dessen, was Menschen allenthalben erleben, wenn sie mit der Erwartung von Anerkennung auf andere zugehen: Sie werden enttäuscht. Natürlich nicht immer. Es hängt von der gemeinsamen Wellenlänge, dem daraus entstehenden Verständnis und dem Maß an Mitgefühl ab, das jemand zu entwickeln in der Lage ist.

Die Enttäuschung ist zwangsläufig, wenn der andere uns nicht (er-)kennt , wenn er sich für unsere Sichtweise nicht interessiert oder für unseren Blickwinkel nicht offen ist, wenn er sein Weltbild und Wertesystem für das einzig richtige hält und wenn er außerdem kein Mitgefühl für unser Freude empfindet – das geht nämlich auch unabhängig vom Verständnis für die abweichende Position.

Mein berufliches Bestreben zielte nicht auf Sicherheit und möglichst lange Betriebszugehörigkeit, sondern auf Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung. Das hätte ich seinerzeit noch nicht so klar ausdrücken können. Ich merkte nur, dass ich in den unpassenden Situationen einfach nicht verweilen konnte. Ich wusste, dass ich noch etwas anderes wollte, auch wenn ich gar nicht genau sagen konnte, was das sein würde.

Auch der Folgejob hat mich nur kurz erfüllt. Rasch war ich darüber hinaus gewachsen und brauchte neue Tätigkeitsfelder, die ich zunächst als Personalreferentin, später als Projektmanagerin und letztlich in der Selbstständigkeit fand, wo sich meine Arbeit und mein Bewusstseinsstand parallel weiterentwickeln konnten. Die Entwicklung an sich ist für mich entscheidend. Umfelder, die mein inneres Wachstum behindern, dienen mir nicht. Und mehr als das: Ich halte sie nicht aus, ohne krank zu werden.

Dieses So-sein wurde nicht wahrgenommen. Dafür kann ich niemanden anklagen. Wenn jemand eine Rot-Grün-Schwäche hat, sieht er diese Farben einfach nicht. Lebenskonzepte sind wie Schwingungsmuster, für die der eine ein waches Auge hat und der andere gar keinen Blick. Oder er missdeutet sie.

Was also hätte jemand anerkennen können?

Im Idealfall hätte er mich als einzigartiges Wesen gesehen, das einen ganz eigenen Weg einschlagen wird, bei dem es sich individuell entwickeln darf. Das ist natürlich viel verlangt.

Weil der Schritt für mich mit Angst verbunden war, die ich überwunden habe, hätte ich mir gewünscht, dass jemand meinen Mut bewundert, aus der sicheren Position heraus freiwillig ins kalte Wasser einer neuen Stelle zu springen – mit all den Unsicherheiten, die ein solcher Schritt mit sich bringt. Aus einem hierarchischen Weltbild heraus hätte er stolz sein können, dass ausgerechnet ich unter den vielen Kandidatinnen ausgewählt wurde, um diese wichtige Funktion für den Vorstandsvorsitzenden auszufüllen. Er hätte sich aus seinem Wertesystem heraus an meinem Fleiß erfreuen können, der es mir unmöglich machte, in dem lauen Job weiterhin vor mich hinzudümpeln.

Stattdessen hielt er mich in meinem jugendlichen Leichtsinn für unfähig, die Chance zu erkennen, die mir das Leben bot. Für vermessen zu denken, ich könne noch etwas Besseres haben oder sein. Und für undankbar. Das war das Schlimmste.

Seine Sichtweise scheint auf den ersten Blick etwas Wohlwollendes und vielleicht sogar Beschützendes haben zu können. Auf den zweiten scheint es mir an meinem eigentlichen Sosein vollkommen vorbei gesehen. Ja, mein Sosein wurde sogar um 180 Grad verdreht. Gerade WEIL ich die Chance erkannte, die mir das Leben bot, ergriff ich diese Gelegenheit. Dort machte ich viele wertvolle Erfahrungen, von denen ich heute noch gerne erzähle. Die Zeit hat mich menschlich und fachlich sehr bereichert. Und dafür bin ich dankbar. Seither habe ich mich immer weiterentwickelt. Dadurch waren meine beruflichen Aufgaben und Umfelder auch im steten Wandel. Mir geht es nicht darum, etwas Besseres zu haben oder zu sein, sondern den für mich passende Platz im (Berufs-)Leben zu finden. Und da bin ich jetzt.

Hätte ich mit aller Konsequenz um die Anerkennung dieser Person gerungen, hätte ich Physik studiert und mich beim Max-Planck-Institut für Kernforschung beworben. Was dann wohl aus mir geworden wäre? Eine mittelmäßige Wissenschaftlerin in einem frustrierenden Job. Wir werden nicht gut in dem, was uns nicht entspricht. Nur wenn wir unser Selbst in die Welt bringen, entfalten sich unsere einzigartigen Gaben und Talente zu etwas ganz besonderem.

Angenommen, die Qualität, mit der ich diese Position ausfülle, wäre dem Erwartungsanträger egal: Wie wäre es mir mit seinem Lob, seinem Stolz und seiner Wertschätzung wohl ergangen?

Wir stellen uns die Anerkennung immer so labend vor wie einen Zaubertrunk, ein Elixier, nach dem wir so lange gedürstet haben. Vermutlich wären die meisten von uns sehr enttäuscht von dem Resultat der Bemühungen in einem Fall wie oben beschrieben. Anerkennung für das, was uns nicht entspricht, berührt uns nicht, weil sie uns als Mensch gar nicht meint, sondern nur etwas, das wir vorgeben zu sein.

Das ist also auch keine Lösung.

Ein hoffnungsfroher Weg, wahrhaftige Wertschätzung zu erfahren, liegt darin, unser wahres Wesen zu leben. Wer uns darin anerkennt und erkennt, kennt uns wirklich. Seine Resonanz erquickt unser Herz, weil sie aufrichtig ist. Ja, wir sind gemeint, nicht irgendetwas, das wir getan haben, sondern unsere ureigene Art.

Ein guter erster Schritt ist es, dass wir uns selbst erkennen, unser wahres Wesen hinter all den Persönlichkeitsmerkmalen suchen, dessen Kern sich wie ein ganz bestimmter Unterton, eine Art definiertes Grundrauschen durch unsere komplette Existenz zieht. Daraus erfolgt die Anerkennung.

Ironischerweise ist die Kernforschung genau mein Metier geworden, aber anders als gedacht: Ich forsche nach dem Wesenskern von Menschen, zuvorderst natürlich nach meinem eigenen. Und genau das empfehle ich Ihnen auch.

Praktische Tipps

Sie dürfen mit einer leichten Aufgabe einsteigen: Finden Sie heraus, welche Ihrer starken Eigenarten Sie mögen und schreiben Sie sie auf. Spenden Sie sich selbst Anerkennung. Schicken Sie den kleinen Richter in Urlaub, den Sie in Ihrem Rucksack umhertragen, wenn er Ihnen mit dem Aufzählen von Ausnahmen auf den Zeiger geht und Ihnen vorwerfen will, dass Sie nicht perfekt sind. Schreiben Sie auf Ihre Anerkennungsliste, wenn Sie wollen: „Ich bin seit 52 Jahren nicht vollkommen und komme damit klar.“ Das nimmt den Druck raus.

Den inneren Perfektionisten können wir manchmal mit einer Skala überlisten. Statt sich zu fragen „Bin ich eher aufgeschlossen oder eher verbohrt?“ Könnten wir fragen „Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie aufgeschlossen bin ich?“ Die Welt ist nicht nur schwarz-weiß.

Das Anerkennen des eigenen Selbst strahlt in die Welt und hat gleich eine ganze Reihe erfreulicher Folgen:

    • Wenn wir uns selbst anerkennen, verbiegen wir uns nicht mehr so sehr, um anderen zu gefallen, deren Anerkennung für das Ergebnis des Verbiegens uns ohnehin nicht dient.
    • Durch das Mehr an Authentizität geben wir uns Gelegenheit, Anerkennung von jenen, zu erhalten, die unser eigentliches So-Sein wertschätzen.
    • Niemand fühlt sich mehr unter Druck, uns Anerkennung zollen zu müssen, weil wir uns dieses Bedürfnis ja selbst erfüllen. Folglich erhalten wir nur noch aufrichtige Komplimente und echte Wertschätzung.
    • Wenn wir unser Wesen wahrhaftig in die Welt stellen, spart uns das viel Energie fürs Verbiegen. Unsere Aufmerksamkeit können wir anderen Dingen zuwenden.
    • Unser Blick für den Wesenskern wird geschärft, so dass wir auch bei anderen besser erkennen, wie sie im Grunde sind.
    • Ohne Stress können wir Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen uns und anderen bemerken und uns an ihnen erfreuen. Der ewige Konkurrenzkampf hört auf.

Verabschieden Sie sich ganz bewusst von dem Anspruch, es allen recht machen zu wollen. Lassen Sie ihr kindliches Bemühen los, Liebe durch Leistung erzwingen zu müssen. Die traurige Wahrheit ist: Solche “Liebe” ist keine. Diese Einsicht bedeutet den Verzicht auf Anerkennung.

Unterstützende Bewusstseinsübungen

Sprechen Sie den Satz für sich im stillen Kämmerlein, aber im Geiste an eine bestimmte Gruppe oder Person gerichtet aus „Ich verzichte bewusst auf Eure/Deine Anerkennung“. Üben Sie diesen Satz täglich bis er in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Bei Bedarf unterstützen Sie den Prozess durch ein Loslass-Ritual, eine Familienaufstellung oder ein naturheilkundliches Medikament. Die Bachblüte Larch beispielsweise stärkt das Selbstvertrauen. Man kann auch nach einem homöopathischen Konstitutionsmittel Ausschau halten. Und bestimmt gibt es noch viele andere Unterstützungen, die Sie für sich finden können.

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie schon bald die befreiende Wirkung Ihres neuen Umgangs mit Ihrem Bedürfnis nach Anerkennung spüren werden.

Text: Petra Weiß
Foto: Patti1902 / PIXELIO

Danke schön

Herzlichen Dank an alle Leser, die meine freiberufliche Tätigkeit durch einen Energieausgleich würdigen. Ich liebe die Arbeit an Texten. Mir macht es Freude, mein psychologisches Wissen, meine Praxis-Erfahrungen und meine Überlegungen mit Ihnen zu teilen. Gleichzeitig habe auch ich alltägliche Bedürfnisse wie ein Dach über dem Kopf und etwas Sojasahne im Kühlschrank. Daher bitte ich Sie, freiwillig einen angemessenen Energieausgleich zu leisten:

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

Warum wir (keine) Insekten essen sollten.

Immer wieder liest man in der Presse, dass Menschen künftig ihren Eiweißbedarf aus dem Essen von Insekten decken sollen. Vielleicht möchten Sie einen Moment lang in sich hineinspüren, welche spontane Reaktion dieser Gedanke bei Ihnen auslöst.

In äußerster Not oder unter akuter Lebensgefahr würden die meisten von uns Krabbeltiere verspeisen. Kaum jemand spaziert aber durch den Wald, bückt sich kurz und vertilgt dann einen köstlichen Käfer, der gerade seinen Weg gekreuzt hat. Zumindest in Mitteleuropa und vielen anderen westlichen Ländern empfinden die Menschen Ekel, Abscheu oder Mitleid, wenn sie jemanden beobachten, der sich von Insekten ernährt. Diese Reaktionen scheinen tief in unserer Kultur verankert zu sein. Das hat natürlich Gründe.

Nun finden wir überall Berichte, die den Verzehr von Heuschrecken & Co. anpreisen. Diese Kostform soll den Welthunger und die Klimakatastrophe auf einmal lösen und gleichzeitig unserer Tierliebe Vorschub leisten, damit Säugetiere nicht unter Bedingungen gehalten werden müssen, die nicht artgerecht sind. Klingt doch erst mal gut und vernünftig, nicht wahr?

Wenn Sie immer noch glauben, was Ihnen die Spin Doctors, PR-Manager und Weltenraddreher als großen Vorteil für die Menschheit verkaufen wollen, haben Sie meine Serie „Manipulative Muster erkennen“ noch nicht gelesen. Sie können das nachholen. Oder Sie klicken einfach weiter zu einem anderen Blogbeitrag. Das Internet ist groß und bietet auch für Ihren Bewusstseinsstand das Passende. Alles Gute für Sie!

Eine 180-Grad-Lüge?

Sie sind noch da. Schön. Dann interessiert es Sie vielleicht, in welchen übergeordneten Zusammenhängen man diesen merkwürdigen Einfall betrachten kann.

Mir gibt es zu denken, dass man ausgerechnet Heuschrecken zur seligmachenden Patentlösung für all unsere Ernährungsprobleme hochstilisieren will. Welche Assoziationen haben Sie mit diesen Tieren? Sind Heuschrecken dafür bekannt, dass sie irgendetwas mit Hungersnöten zu tun haben? Wie ist der Zusammenhang aus Ihrer Erinnerung?

Im kollektiven Gedächtnis der Menschheit sind die Ereignisse aus der Vergangenheit noch immer lebendig. Sie werden gemäß dem theoretischen Modell von Morphogenetischen Feldern, das auf den Erkenntnissen des Harvard-Forschers Prof. Rupert Sheldrake beruht, in ein Informationsfeld eingespeist und bleiben dort abrufbar. Ob wir dort wohl die Verbindung „Heuschrecke“ und „genährt sein“ häufiger finden als „Heuschrecke“ und „Hungersnot“? Was meinen Sie? Und ganz nebenbei erwähnt: Woher stammt der „-schreck-“liche Anteil des Wortes vermutlich?

Ich glaube wir werden hier wie allenthalben in großem Stile verarscht. Ob jemand einmal wieder ungeheuerlichen Profit aus unserem guten Glauben schlagen will, ob die Elite aus Industrie, Finanz und Politik ihre Verachtung für das gemeine Volk zum Ausdruck bringt oder ob irgendeine apokalyptische Sekte die Weltherrschaft anstrebt, ist mir offen gesprochen egal. Was mich interessiert, ist das geistige Prinzip, was hinter der Idee steht.

Facettenreiche Blickwinkel

Um mir Anregungen für solche Betrachtungen zu holen, schaue ich gerne in meine Homöopathiebücher. Vielleicht haben Sie schon erfahren, dass man Symptome mit bestimmten Mitteln behandeln kann, die aus metallischen/mineralischen, pflanzlichen oder tierischen Ursprungssubstanzen hergestellt worden sind. So gibt es auch Mittel aus Insekten. Diese kommen zum Einsatz, wenn der Patient entsprechende Beschwerden hat. Wir werden weiter unten noch näher darauf eingehen. Zunächst will ich verdeutlichen, dass das Ableiten von geistigen Prinzipien zur Arzneimittelwahl gar nicht ungewöhnlich ist.

Auch andere Verfahren aus der Erfahrungsheilkunde bedienen sich solcher Betrachtungen. Sie nennen es nur anders.

In der Pflanzenheilkunde versteht man unter dem Begriff Signaturenlehre das Beobachten von Lebewesen, um aus der äußeren Erscheinung und dem Verhalten Erkenntnisse über ihre Einsatzmöglichkeiten in der Medizin zu gewinnen. Für pflanzliche Arzneien ist dieses Vorgehen in der Phytotherapie üblich. Werfen wir einen solchen Muster-Erkennungs-Blick auf die fragliche „Delikatesse“:

Insekten zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Körper eine deutliche Trennung verschiedener Bereiche aufweist: Der Kopf, der Brustbereich und oft auch das Hinterteil sind durch Einschnürungen klar voneinander abgegrenzt. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Das Denken, das Fühlen und das Handeln haben keine Verbindung.

Die anthroposophisch erweiterte Medizin hat eine Dreigliederung im Menschenbild verankert. Dort ersetzt man den Begriff des Handelns mit dem Wollen. Es ist im Bauchraum, dem sogenannten Stoffwechselpol, verortet und führt per Definition ins Handeln. Neudeutsch ausgedrückt sprechen wir von Integrität, wenn die drei Wesensglieder in Harmonie miteinander sind.

Bei philosophischen Betrachtungen stehen die drei Entscheidungszentren Kopf, Herz und Bauch für das Schöne, Wahre und Gute. Was sich für den Bauch gut anfühlt, erleben wir als angenehm (schön), was wahr ist, offenbar sich durch den Verstand, und das Herz bringt beide Instanzen zusammen, so dass im individuellen Sinne Gutes daraus hervorgehen kann.

In der Homöopathie wird Ähnliches mit Ähnlichem behandelt. Das ist das Grundprinzip dieser Heilkunst. Daher wundert es nicht, für welche Zustände ein Insekten-Mittel angezeigt ist: Das Fühlen und Denken des Patienten sind nicht in Einklang und seine Sexualität ist von beidem entkoppelt. Von Liebe spricht er nicht. Die Paarbeziehung dient seinen praktischen, materiellen oder sexuellen Bedürfnissen.

Aus psychologischer Sicht würde man die Entkopplung von Denken, Fühlen und/oder Körperempfinden als Dissoziation beschreiben. Der Patient hat Teile seines Erlebens voneinander abgespalten. Ein solcher Zustand kann chronisch werden und ist durchaus behandlungswürdig. Mitunter ist die Abspaltung eine Folge von Trauma. Die Betroffenen funktionieren häufig verblüffend gut im Alltag, sind möglicherweise sogar glasklar im Denken, aber nicht „bei sich“. Ein sinnvolles Behandlungsziel ist dann eine Re-Integration der dissoziierten Anteile.

Im Krankheitsbild von Psychopathen ist die Abspaltung von Emotionen dauerhaft. Das ist ein wichtiges Merkmal zur Diagnose. Sie haben von Geburt an kaum Zugriff auf ihre Gefühlswelt und können daher auch kein Mitgefühl für andere entwickeln. Mit Eiseskälte gehen sie über Leichen, ohne mit der Wimper zu zucken, lügen und betrügen, dass sich die Balken biegen, und entwickeln nicht das geringste schlechte Gewissen.

Aus einen spirituellen Blickwinkel betrachtet fehlt ihnen die Verbindung zu ihrem höheren Selbst, falls sie so etwas tatsächlich haben. Kein innerer Kompass sagt ihnen deutlich, was gut und was schlecht ist. Sie kennen keine Ethik, die aus den eigenen Werten erwächst, nur eine aufgesetzte Moral. Und diese biegt sich erfahrungsgemäß innerhalb der Grenzen des Nützlichen nach allen modischen Richtungen.

Laut Statistik soll es etwa 1 % Psychopathen in der Menschheit geben. Je länger ich darüber nachdenke, desto unwahrscheinlicher erscheint mir diese Aussage. Wie will man die Zahl denn ermittelt haben? Kaum jemand kommt in die Praxis und sagt „Hallo, ich bin ein Psychopath.“ Die Betroffenen wissen davon meist gar nichts und falls sie es ahnen, versuchen sie diese Tatsache zu verschleiern. Dass sie sich überhaupt in psychiatrische Therapie begeben, ist selten. Sie haben ja keinen Leidensdruck. Das ist verständlich. Vermutlich machen sie schon früh die Erfahrung, dass ihre Herzlosigkeit nicht gut ankommt. Daher verstellen sie sich und imitieren den Ausdruck emotionaler Regungen, den sie bei anderen studiert haben.

Kehren wir noch einmal zurück zur Signaturenlehre. Schauen wir uns das Verhalten von Insekten an, fällt noch ein Gesichtspunkt ins Auge: der Mangel an Individualität. Schwarmtiere erfüllen ihre Funktion in der Gruppe. Es gibt keinen persönlichen Gestaltungsspielraum und wenig Platz für das, was wir als Individualbeziehung oder gar als Liebe bezeichnen würden. Schlimmstenfalls wird der Sexualpartner nach der Paarung verspeist.

Will man die Empfehlung, breite Teile der Bevölkerung künftig mit Insekten zu ernähren, mit einem breiten Blick bewerten, braucht es noch ein kleines, aber bedeutsames Fizzelchen Information.

Homöopathische Mittel sind dafür bekannt, dass sie beim Gesunden genau diejenigen Beschwerden auslösen, die sie beim Kranken zu heilen vermögen. Und das gilt nicht nur für ihre arzneilich aufbereitete Form, sondern auch für die Ursubstanzen. So mancher hat sich schon durch den übermäßigen Konsum von Kamillentee Symptome zugezogen, die man im Homöopathiebuch unter Chamomilla nachlesen kann.

Völkerkundlich kann man festhalten, dass über viele Jahrhunderte hinweg in einigen Kulturen die Auffassung galt, dass man sich die Eigenschaften von Lebewesen aneignen kann, indem man sie isst. Indigene Völker glaubten, sich den Mut einer Wildkatze zueigen machen zu können, indem sie ein Löwenherz verzehrten. Noch heute zeugen asiatische Potenzmittel aus tierischen Geschlechtsteilen von solchem Glauben. Das ist nicht immer gut für die entsprechenden Tierarten. Und ich möchte ausdrücklich nicht dazu raten. Wenn ich mir aber die Erfahrungen von unfreiwilligen Arzneimittelprüfungen wie oben beschrieben vergegenwärtige, frage ich mich schon, was es mit uns macht, wenn wir Insekten essen.

Ernährungswissenschaftlich ist längst bekannt, dass Essen und Trinken weit mehr ist als die Zufuhr von Kalorien und Vitalstoffen. Wir nehmen Energie in unseren Körper auf. Der Forscher Prof. Pop hat schon vor Jahrzehnten nachgewiesen, dass Lebensmittel Biophotonen enthalten, und die Frage ist berechtigt, ob sie es sind, wovon wir satt werden und Protein, Kohlenhydrate oder Fett ihnen nur als Träger dienen.

Mir steht es nicht zu, Ihnen sagen zu wollen, wie Sie sich ernähren sollen. Es gibt schon viel zu viel Bevormundung in diesem Thema. Meine Absicht ist es, Ihr Bewusstsein dafür zu wecken, welche Beweggründe man Ihnen für Ihre Entscheidungen unterjubeln will. Ich möchte Ihr Augenmerk darauf lenken, dass es noch andere Sichtweisen gibt.

Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen machen, erst gar nicht von Leuten, die selbst keines haben. Ihre Verantwortung liegt nur in Ihrem Wirkungsbereich. Und der ist realistisch betrachtet recht begrenzt. An den großen Rädern drehen andere schon sehr lange in die falsche Richtung.

Daran sind Sie nicht schuld. Das müssen Sie sich nicht einreden lassen, um dann dank emotionaler Erpressung irgendwelchen Steuerungen auf den Leim gehen, die uns als Menschheit in unseren individuellen Entwicklungen und kollektiven Bewusstseinsprozessen ganz bestimmt nicht weiterbringen wollen.

Bleiben Sie mit sich verbunden. Sie spüren, was Ihnen dient und wo man Sie wortgewandt manipulieren will. Pflegen Sie bewusst die Verbindung zwischen Ihrem Denken, Fühlen und Handeln. Üben Sie sich in ihrer individuellen Integrität. Folgen Sie Ihren eigenen Werten und Überzeugungen mit dafür geeigneten Mitteln. Nicht nach unseren Instinkten reflexhaft zu reagieren, sondern aus dem Bewusstsein heraus zu agieren, macht uns als Menschen aus.

Text: Petra Weiß
Foto:  Marion / PIXELIO

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

Das Leben lieben!

Im Rahmen meiner Videosprechstunde treffe ich regelmäßig einen Patienten, der seit Jahren unter wiederkehrenden Depressionen leidet. Nun hat er mich zum dritten Mal mit den Worten begrüßt: „Frau Weiß, Sie strahlen immer so.“ Und in der Tat, wenn ich mein Bild auf dem Video sehe, strahle ich wie der Broadway bei Nacht.

Warum ist das so?

Verkenne ich die Situation, die für den Patienten wirklich ernst ist? Nein, mir ist sehr bewusst, was er gerade durchmacht. Ich bin voller Mitgefühl und Verständnis. Das Wesen einer Depression ist mir durchaus vertraut. Auch ich habe solche Zeiten in meinem Leben gehabt.

Bin ich aus therapeutischer Überheblichkeit in Vorfreude auf den Triumph, weil ich diejenige sein werde, die dank meiner außergewöhnlichen Fähigkeiten diesen Menschen retten wird? Keineswegs. Die Fragilität der Situation ist mir klar. Wir arbeiten seit mehreren Jahren zusammen, die Hintergründe sind komplex, einfache Lösungen nicht zu erwarten.

Wie komme ich also dazu, mit strahlenden Augen in die Kamera zu lächeln?

Das hängt zum einen damit zusammen, dass ich meine Arbeit liebe, erleichtert bin, dass ich mit der Technik unerwartet gut zurecht komme, und dass ich den Mann auf der Herzebene von Mensch zu Mensch wirklich mag.

Zum anderen ist diese Lebensfreude einfach in mir. Sie war immer da. Auch und gerade in besonders anspruchsvollen Lebensphasen bin ich tanzen gegangen – lange nachdem ich dem Disko-Alter eigentlich entwachsen war. Die einstudierten Schrittfolgen lagen mir nicht. Lieber zappelte ich stundenlang im „Freestyle“ über die Tanzfläche. Mein Körper bewegte sich ganz von allein zu den fetzigen Rhythmen und beschwingten Melodien.

Ich wurde gefragt, wo ich diesen Tanzstil erlernt hätte. Gar nicht. Ich habe ihn entwickelt. Oder besser: Er hat sich aus mir heraus von selbst entwickelt. Genauer: Aus meinem Selbst heraus hat er sich entwickelt. Diese Art des Tanzens ist also eine kreative Form des Selbst-Ausdrucks.

Im Auto lag immer ein Handtuch bereit, damit ich mich nicht verkühle, wenn ich schweißüberströmt und glücklich die Rückfahrt antrat. An diese Erinnerungen kann ich heute anknüpfen, wenn ich Gefahr laufe, dass mir die Lebensfreude abhanden kommt.

Der Beitrag des Einzelnen

Auch ich nehme wahr, dass die Welt sich in einem katastrophalen Zustand befindet. Wird sie dadurch besser, dass ich in einem Depressionsloch verschwinde? Glauben Sie mir: Meine Gemütsverfassung ist den dunklen Mächten in Politik, Wirtschaft und Hochfinanz herzlich egal. Dabei liegt in ihr ein kostbares Potenzial.

Im Sinne einer Schwingungserhöhung ist es eher dienlich, wenn ich gut für mich sorge. Wir speisen alle unsere Stimmungen und Gedanken in das Morphische Feld der Erde ein. Über das kollektive Bewusstsein wirkt jeder daran mit, wie sich die Menschheit entwickelt. Setzen wir den lebensfeindlichen Bestrebungen skrupelloser Geschäftemacher und Machtmenschen etwas entgegen: unsere Liebe zum Leben. Und verleihen wir ihr Ausdruck. Was wir dann versprühen ist Lebensfreude. Sie ist ansteckend.

Selbstausdruck ist immer individuell

Finden Sie einen Ausdruck, der Ihnen entspricht. Tanzen ist nicht jedermanns Sache. Wobei es nützlich sein kann, den lebendigen Leib zu spüren, um wieder mit der Lebensfreude in Kontakt zu kommen. Gerade bei depressiven Verstimmungen ist dieser Zusammenhang bekannt und gut belegt.

Weniger bewegungsfreudige Menschen spüren sich beim sinnlichen Genuss. Das kann ein Stück Kuchen sein oder ein heißes Bad, die Berührung eines lieben Menschen oder das Hören einer erbaulichen Musik.

Den Genuss genießen

Hören wir endlich auf, unsere schönsten Momente durch konventionelle Bewertungen zu zerstören. Solange Sie sich über die Kalorien oder den Fettanteil Gedanken machen, während Sie eine Donauwelle kosten, wird das nichts. Kaum hat man sich versehen, ist der Bissen am Gaumen vorbei, ohne dass man ihn wirklich bemerkt hat.

Lenken Sie stattdessen Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf den Geschmack, auf das Verändern der Beschaffenheit des Häppchens in Ihrem Mund, während Sie kauen. Kauen Sie ausgiebig bevor Sie schlucken. Freuen Sie sich an der Handwerkskunst des Bäckers, an der Tradition des Rezepts, an der Schönheit der Gestaltung, oder was auch immer für Sie ein wichtiger Wert ist, den der Kuchen erfüllt.

Lassen Sie sich das Erlebnis eines Wannenbads nicht vermiesen, indem Sie sich damit grämen, wie viele Liter Wasser Sie gerade „verschwenden“. Auf das SCH können Sie getrost verzichten. Kein Tropfen ist verschwendet, wenn Sie das Bad genießen und es Ihrem Wohlgefühl dient. Wir sind viel zu sehr in schlechtem Gewissen gebadet durch all die Ideologien, mit denen man uns Schuldgefühle einflößt von früh bis spät.

Ein neue Haltung einnehmen

Gebieten Sie solche Gedanken Einhalt, z.B. mit einem großen roten STOP-Schild vor Ihrem geistigen Auge. Eine abwehrende Handgeste kann die Wirkung unterstützen.

Machen Sie sich die Konditionierung bewusst, die Sie durchlaufen haben: Wehe, wenn wir einfach nur etwas für unser Wohlbefinden tun, statt nützlich zu sein! „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Mit solchen selbstschädigenden Glaubenssätzen sind die meisten von uns aufgewachsen. Dabei liegt im baren Sein ohne nutzbringende Absicht ein großer Schatz.

Die grundlegenden Einfälle zu wichtigen Erfindungen kamen den Forschern nicht im Labor oder in der Werkstatt, sondern unter der Dusche oder in der Hängematte. Manchmal auch bei gedankenverlorenen Alltagstätigkeiten, z.B. beim Bügeln oder bei der Gartenarbeit.

In diesen Augenblicken bricht das Selbst sich Bahn und dringt mit seiner Schöpferkraft in unser Bewusstsein vor. Was dann als Erfindung in die Welt findet, entstammt den Tiefen unseres Seins.

Ergänzen Sie das STOP-Schild und die Handgeste um einen neuen Glaubenssatz, durch den Sie den alten ersetzen. Allgemein: „Wohlbefinden ist mein Geburtsrecht.“ oder „Auch im großen Schweren kann ich etwas kleines Leichtes finden.“ Oder konkret: „Ich übe mich in der Kunst des Nichtstuns.“

Darf ich das?

In der Psychotherapie hat es sich bewährt, wenn Menschen eine Erlaubnis erhalten, gut für sich zu sorgen. Im fortgeschrittenen Zustand erteilen sie sich die Erlaubnis selbst.

Sie können sich zu diesem Zweck eine Urkunde ausstellen, z.B. mit dem Text „Ich, (Name), erlaube mir hiermit feierlich, mich auszuruhen, wann immer mein Körper, meine Seele oder mein Geist eine Pause benötigt. Und auch wenn es gar nicht nötig ist, sondern einfach nur mein Wunsch, darf ich ruhen.“

Malen sie ein amtliches Siegel auf das Papier, spannen Sie es in einen schönen Rahmen und hängen Sie es auf – ganz praktisch oder als Visualisierungsübung.

Knifflige Probleme löse ich – ohne angestrengt darüber nachzudenken – häufig beim Spazierengehen bzw. auf dem Laufband. Verborgene Zusammenhänge werden mir beim Hören von Audio- und Videobeiträgen bewusst, die ich mir „faul im Bett oder auf der Couch liegend“ zu Gemüte führe.

Und woher stammt mein Strahlen während der Sprechstunde?

Das Geheimnis will ich hier gerne lüften: Ich habe mir angewöhnt, bei Bedarf ein paar Minuten fetzige Musik aufzulegen, bevor ich mich mit ganzem Herzen und aller Aufmerksamkeit dem nächsten Patienten widme. Und manchmal zapple ich dabei durch die Praxis – so wie es meinem ganz persönlichen Ausdruck der Lebensfreude entspricht.

Text: Petra Weiß
Foto: knipseline / PIXELIO

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

 

Nach dem Betrug

Viele von uns haben dienstlich oder privat schon einmal einen Betrug miterlebt: Menschen gehen manchmal fremd, 10 % der eingetragenen Vaterschaften entsprechen nicht den Tatsachen, Steuern werden hinterzogen, Versicherungsbetrug ist ein Volkssport, Gebrauchtwagen und Häuser werden unter falschen Vorzeichen verkauft und so weiter.

Häufig bleibt die Tat unentdeckt. Wenn sie aber ans Tageslicht kommt, ist das Vertrauen gebrochen. Es braucht Zeit und anderes, um die Beziehung zu retten. Manchmal ist das auch nicht möglich. Schauen wir uns an, wie es nach dem Betrug weitergehen kann.

Warum Betrug unsichtbar bleibt

Betrug entsteht nur durch ein getarntes Verbrechen. Durch Lügen und Verschleierung der wahren Umstände wird die Tat vor Entdeckung abgeschirmt. Der Betrogene wurde also erfolgreich hinters Licht geführt, sonst kommt es gar nicht erst zum Betrug.

Wenn also ein Betrug enden soll, muss entweder der Täter den Vorgang aufdecken oder das Opfer muss sich der Tat bewusst werden. Selten wird der Täter freiwillig damit herausrücken, was er verbrochen hat. Das leuchtet ein. Warum aber sehen wir als Betroffene einen Betrug einfach nicht, während er unbeteiligten Beobachtern direkt ins Gesicht springt?

In unserem Unterbewusstsein haben wir eine ganze Reihe von Schutzvorrichtungen, die das verhindern. Allen voran das Ego, welches bei allen von uns mit unterschiedlicher Gewichtung auch narzisstische Anteile aufweist. Sie sorgen dafür, dass unser Selbstbild nicht unter der Last einer unliebsamen Erkenntnis über die eigene Unzulänglichkeit zusammenbricht.

Müssen wir uns eingestehen, betrogen worden zu sein, kommen zu dem entstandenen Schaden durch das Verbrechen noch die Verletzung durch die Lüge und die Scham, das Treiben nicht (früher) durchschaut zu haben. Und manchmal schlimmer noch: die eigenen Bedenken oder die Hinweise von wohlmeinenden Dritten in den Wind geschlagen zu haben. Ja, möglicherweise hat man die Hinweisgeber sogar beschimpft oder verhöhnt und sich dadurch genau an denen schuldig gemacht, die es gut gemeint haben. Solches Unrecht lastet schwer auf dem Gewissen.

Aus diesen Gründen ist das Eingeständnis eines Betrugs für das Opfer harter Tobak. Die Profis unter den Tätern wissen das genau und auch Hobby-Betrüger spüren instinktiv, dass sie dadurch geschützt sind. Sie surfen gewissermaßen im Windschatten von unbewussten Psychodynamiken und seelischen Bewältigungsstrategien. Psychologisches Wissen gegen die Menschen zu benutzen, ist zwar verwerflich, aber effektiv.

Gnädig sein und kühlen Kopf bewahren

Kommt der Betrug endlich auf den Tisch, ist es dringend geboten, Gnade walten zu lassen – zunächst mit sich selbst:

Als ehrenwerter Bürger sind Sie einem professionellen Trickbetrüger einfach nicht gewachsen. Genauso wenig durchblicken Sie als aufrechter Mensch die Nebel eines notorischen Lügners. Und hat Sie jemand nur ausnahmsweise angeschwindelt, muss sein Leidensdruck so groß gewesen sein, dass er reichlich Motivation hatte, sein Geheimnis sorgsam zu bewahren. All dem stand nichts entgegen außer Ihre Gutgläubigkeit. Darüber müssen Sie sich nicht grämen. Das spricht für Sie und Ihr bisher scheinbar recht betrugsfrei verlaufenes Leben. Glückwunsch! In Zukunft können Sie vorsichtiger sein.

Aus therapeutischer Sicht ist es wertvoll, sich vor Augen zu führen, an welcher Stelle es Hinweise gegeben hat, auch dann und gerade wenn Sie sie nicht weiter beachtet haben. Hinweise gab es fast immer. Vielleicht erinnern Sie sich an die konkrete Situation. Wie ist es Ihnen damals ergangen? Wie haben Sie sich gefühlt? Welche Gedanken und Vermutungen kamen in Ihnen hoch? Wie haben Sie sich beruhigt? Blieb dennoch ein Störgefühl bestehen? Spüren Sie jetzt eine körperliche Reaktion, während Sie über diese Fragen nachdenken? Nehmen Sie diese als Marker.

Im nächsten Schritt werden Sie sich darüber klar, warum Sie die inneren Einwände oder Warnungen von außen vom Tisch gewischt haben. Hier liegt ein Schatz für Ihre Persönlichkeitsentwicklung verborgen. Statt sich in Selbstmitleid zu wälzen oder in Schuldgefühlen zu vergehen, können Sie an dieser Stelle etwas Sinnvolles für Ihren Bewusstseinsprozess tun. Wenn Sie das Warum verstanden haben, sind Sie für künftige Honigtöpfe dieser Art nicht so empfänglich.

Indem Sie Ihren Anteil am Geschehen sehen, kommen Sie aus der passiven Opferhaltung heraus. „Ja, ich habe mich verführen lassen, weil….“ ist kraftvoller als das Mimimi: „So etwas passiert immer nur mir.“

Belastete Beziehungen kitten – zu sich und zu anderen

Außerdem können Sie sich mit den Früchten Ihrer Selbsterkenntnis den verprellten Helfern erklären, um die Beziehung zu retten, falls das Ihr Wunsch ist. Haben Sie keine Angst: Menschen haben mehr Verständnis und Mitgefühl als man denkt – sogar für diejenigen, die weniger davon haben. Trauen Sie sich, den ersten Schritt zu machen. Was haben Sie schon zu verlieren?!

Ihre Erkenntnisse dürfen Zeit brauchen. Setzen Sie sich bitte nicht unter Druck. Die Situation ist für Sie schon schwer genug. Ihr Selbstbild ist in Gefahr. Machen Sie sich bewusst, dass nur die Illusion, die Sie von sich hatten, zerbricht, nicht aber Ihr wahres Selbst. Dieses ist „unkaputtbar“, Ihr Wesenskern bleibt in seiner Reinheit unberührt von all den Höhen und Tiefen Ihrer Erlebnisse in der 3D-Welt. Sie werden diese Krise überstehen, so wie Sie schon viele andere heikle Situationen überlebt haben. Und bestenfalls werden Sie gestärkt daraus hervorgehen.

Wenn später bei einem neuen Verdacht, Ihr frisch eingerichteter Betrugsalarm anspringt, fragen Sie sich, was die Übereinstimmungen mit der vorherigen Situation sind und was die Unterschiede. Prüfen Sie vor allem, ob jemand mit einem altbekannten Lockmittel winkt. Je besser Sie Ihre üblichen Verführungen erkennen, desto leichter können Sie ihnen widerstehen. Und auch dann wird es noch anstrengend, sich abzugrenzen.

Verlockungen erkennen und widerstehen

Meist lockt man uns mit einem emotionalen Versprechen, das von dem angebotenen Umstand oder Ding ohnehin nicht erfüllt werden kann. Finden Sie heraus, welche Ihre unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte sind. Fangen Sie damit an, sich Ihre berechtigten Bedürfnisse selbst zu erfüllen oder gezielt nach der Erfüllung echter Bedürfnisse zu suchen, nicht nach einem billigen Ersatz.

Kompensation mündet immer in Gier, weil das eigentliche Begehren ja nicht gestillt wird. Wenn man nicht einsieht, dass der Weg falsch ist, will man immer mehr und mehr und mehr – und wird nicht satt. Machen Sie sich das bewusst. Es kann schmerzhaft sein, den Verlust anzuerkennen, wenn wir etwas Wichtiges entbehren müssen, das uns als Menschen eigentlich zusteht, z.B. Freundschaft oder Fülle.

Das kann eine gute Gelegenheit sein, unsere Vorstellungen über die Quellen unserer Bedürfniserfüllung richtig zu rücken. Ein beliebtes Beispiel ist unser Bedürfnis nach Sicherheit. Wir versuchen es uns mit allerlei Materiellem zu stillen. Gelingt das? Wenn wir kein Dach über dem Kopf haben, kann ein bisschen Wohlstand tatsächlich ein Mehr an Sicherheit mit sich bringen. Ab einem bestimmten Grad der Finanzkraft dient uns noch mehr allerdings gar nicht, um unser Sicherheitsgefühl weiter zu stärken.

Die Lösung liegt wie so oft nicht im Außen, sondern in uns. Sicherheit und Stabilität erleben wir, wenn wir uns auf uns selbst verlassen können, wenn wir nach unseren eigenen Werten leben, nach unseren Worten handeln und die Versprechen, die wir uns selbst gegeben haben, nicht bei aufkommendem Sturm gleich über Bord werfen. Gelebte Integrität erhöht zudem unsere Selbstachtung und diese wiederum unterstützt uns dabei, uns weiterhin treu zu bleiben. Das ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf.

Und wenn Sie in der Rolle des Helfers waren..

Die abgelehnten Helfer können übrigens im Rahmen der Betrugserkenntnis ihrer Freunde eine wichtige Einsicht gewinnen: Niemandem dient es, dass sie Recht gehabt haben. Bemerkungen wie „Das habe ich Dir doch gleich gesagt!“ oder „Warum hast Du nicht früher auf mich gehört?“ sind jetzt vollkommen entbehrlich. Verzichten Sie auf den Triumph. Er ist hier nicht angebracht. Werten Sie sich nicht auf, indem Sie den anderen abwerten. Er hat genug Kummer zu verkraften. Wenn Sie ihn ohne Vorwurf oder Schadenfreude fragen, was er jetzt von Ihnen braucht, beweisen Sie wahre Größe.

Später einmal können Sie ihm sagen, wie es Ihnen damit gegangen ist, nicht ernst genommen zu werden oder hilflos mit ansehen zu müssen, wie er in sein Unglück rennt. Das gehört zur Aufarbeitung der Verletzungen. Darauf haben Sie einen berechtigten Anspruch, wenn die Zeit gekommen ist und der andere wieder Energie frei hat.

Falls Ihnen das schwerfällt, betrachten Sie zunächst Ihre eigenen Schwächen bitte mit etwas mehr Verständnis und Mitgefühl. Auch die (vermeintlichen und tatsächlichen) Fehler, die Sie als jüngerer Mensch einmal hatten, brauchen vielleicht ein wenig Gnade bevor Sie gnädiger mit anderen umgehen können. Selbstvergebung ist oft ein guter Weg. Das ist ein ganz eigenes Kapitel, zu dem wir in einem späteren Beitrag noch kommen.

Wir alle werden, nachdem die Wahrheit ans Licht gefunden hat, viel zu verzeihen haben: uns selbst und den anderen. Um der Dynamik von Schuld und Sühne zu entkommen, müssen wir uns der Verantwortung stellen. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger als eine Antwort zu haben auf die Frage, warum wir uns so und nicht anders verhalten haben. Wir tun gut daran, unseren eigenen Werten zu folgen. Dann fällt es leichter, sich für sein Tun und Lassen zu rechtfertigen. Nicht vor der Welt, sondern vor uns selbst.

Text: Petra Weiß
Foto: S. Hofschlaeger / PIXELIO

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Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr neues Buch SO BIN ICH ECHT ist im Februar 2022 im Hardcover erschienen.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.

 

 

 

 

Die 180-Grad-Lüge

Beim Lügen gibt es wie bei allen anderen Kunstformen Hobby-Akrobaten und Voll-Profis. Eine Schwindelei in die Welt zu setzen, ist gar nicht so schwer. Man muss einfach nur die Unwahrheit sagen. Weitaus kniffliger ist es, eine Lüge dauerhaft am Leben zu erhalten. Sich immer wieder an den falschen Inhalt zu erinnern, vielleicht noch nach vielen Jahren, ist anstrengend und riskant.

Während wir tatsächlich Erlebtes unter Hypnose noch nach Jahrzehnten aus dem Unterbewusstsein detailgenau hervorholen können, verschwimmen die Einzelheiten einer erdachten Geschichte mit der Zeit. Dann sind es die klitzekleinen Ungereimtheiten, die den aufmerksamen Beobachter aufhorchen lassen. Wenn wir nicht wollen, dass der ganze Schwindel früher oder später auffliegt, gibt es zwei grundverschiedene Vorgehensweisen, die ich in diesem Beitrag für Sie beleuchten will:

Befassen wir uns zuerst mit dem Münchhausen-Trick für Einsteiger: Immer so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben. Warum diese Taktik gut funktioniert, liegt auf der Hand. Wenn wir eine Lüge in eine ansonsten wahre Geschichte verpacken, sind zahlreiche Tatsachen in der Erzählung konkret und nachprüfbar. Das ist für den Lügner entspannt und für den Belogenen vertrauenerweckend.

Nehmen wir an, Sie wollten Ihren Lebenspartner betrügen. (Das machen Sie natürlich nicht, es ist ja nur ein Beispiel zu Veranschaulichung!) Sie wollten sich mit Ihrer Liebschaft treffen, ohne dass Ihr Ausflug bemerkt wird. Reisen Sie bei Nacht und Nebel an einen unbekannten Ort und behaupten, dass Sie die ganze Zeit über zu Hause gewesen sind? Nein, das wäre viel zu gefährlich.

Jemand könnte bemerkt haben, dass Ihre Reisetasche fehlt, ein Bahnticket finden, einen Blick auf Ihre Kreditkartenabrechnung erhaschen, unterwegs oder vor Ort könnten Sie Menschen treffen, die sich später an Sie erinnern. Man glaubt nicht, welch schrägen Humor der Zufall manchmal hat. Mir ist am Flughafen in Ägypten schon einmal eine frühere Arbeitskollegin unverhofft begegnet. Solche Ereignisse sind unwahrscheinlich – aber nicht unmöglich. Schlimmstenfalls könnten Sie unterwegs mit dem Auto liegenbleiben und müssten den Abschleppdienst rufen – dabei wollten Sie selbst gerade jemanden abschleppen. Ironie des Schicksals.

Aus all diesen Gründen bleibt der ungeübte Märchenerzähler nah am Tatsächlichen. Er wird offen zugeben, wohin er fährt. Die komplette Reise kann ihm damit nicht mehr zum Fallstrick werden. Am besten, er hat für seine Abwesenheit einen unverfänglichen Anlass: ein sportliches Ereignis, eine dienstliche Besprechung, das Treffen mit alten Freunden oder irgendeine Erledigung, die dort vor Ort passieren muss. Und danach schleicht er sich auf leisen Sohlen in die Liebeslaube.

Bei seiner Rückkehr hat er allerhand zu berichten. Er kann abendfüllend über seine Erlebnisse reden und muss nur einen Teil davon auslassen. Heikel sind lediglich die zeitlichen Übergänge. An diesen Punkten bleibt er unkonkret, man könnte sagen, er verwendet einen Weichzeichner an der Schnittstelle zwischen Wahrheit und Lüge. Genau dort kommen Merkwürdigkeiten ins Spiel.

Ich bin den wenigen Männern dankbar, die mir Gelegenheit gaben, ihre Mogeleien aus der Nähe zu studieren. Diese kurzen Beziehungen waren sehr lehrreich für mich. Wenn ich jetzt aus dem Nähkästchen plaudere, treffe ich meine Aussagen naturgemäß aus meinem weiblichen Blickwinkel. Das soll aber niemanden diskriminieren. Mit Gewissheit kann ich sagen, dass Frauen ebenso liebestoll werden können wie die Herren der Schöpfung.

Eine beeindruckende Schnittstellen-Lüge erlebte ich einmal mit einem notorischen Fremdgänger, der mich vom Hotelflur aus anrief – angeblich auf dem Weg in sein eigenes Quartier. Heute kann ich darüber lachen, welch unverfrorene Offenkundigkeit sein Betrug hatte. Fast so als hätte er es geradezu darauf angelegt, entdeckt zu werden. Darüber könnte man jetzt beliebig psychologisieren. Ich widerstehe der Versuchung, dem Seitenstrang der Erzählung zu folgen.

Solche Seitenstränge finden wir zuhauf in den Berichten von Lügenbaronen. Sie sollen die Aufmerksamkeit auf weniger glitschige Wegstrecken der Story leiten. Der Anteil der Lüge an der Gesamtgeschichte soll möglichst klein gehalten werden, deshalb wird der Rest größtmöglich aufgeblasen. Die Falschaussage wird dabei gewissermaßen verwässert. In 97 % Wahrheit gehen 3 % Lüge mit etwas Glück einfach unter.

An dieser Stelle will ich einen Einwurf machen: Bitte unterstellen Sie Ihrem Liebsten nicht, dass er sich anderweitig vergnügt, nur weil er gerne ausschweifend erzählt. Mir geht es nicht darum, dass Sie zum paranoiden Lügen-Sucher werden. Ein gesundes Vertrauen ist eine wichtige Grundlage für das Miteinander in einer Liebesbeziehung. Aber lassen Sie sich auch nicht schwindelig schwätzen, wenn Ihr Bullshit-Detektor auf Rot steht und alle Warnssirenen in Ihrem Kopf heulen, während sich Ihr Magen zusammenkrampft.

Von Natur aus haben Menschen ein Gespür dafür, ob sie belogen werden. Es ist Teil unserer angeborenen Freund-Feind-Erkennung. Feine Nuancen in der Mimik, Gestik, Stimmlage etc. nehmen wir unbewusst wahr. Wenn das Gesprochene von der Wirklichkeit des Sprechers absichtlich abweicht, steht er unter Stress (es sei denn, er ist ein Psychopath). Diesen Zustand verrät er auf mannigfaltige Weise. Der Stress kann aber auch von ganz anderen Zusammenhängen herrühren. Das wissen wir nicht. Wir können nur beobachten und interpretieren.

Der schlaue Lügner verpackt seine Halbwahrheit in einen emotionalen Inhalt. Er weiß, dass er beim Aussprechen der Lüge, sehr aufgeregt sein wird. Also fügt er diesen Teil der Erzählung in einen Handlungsstrang, der mit einer nachvollziehbaren Erregung verbunden ist.

Mein frisch verliebter Don Juan plauderte einst beim Abendessen mit leuchtenden Augen von seiner neuen Flamme. Damit seine offensichtliche Begeisterung meinen Argwohn nicht erregt, strahlte er vor Freude über die geschäftlichen Vorteile, die sein Kontakt mit der Frau noch mit sich bringen würden. Vorteilhaft war vor allem die vom Ehemann getrennt geführte Dienstwohnung, wo man sich treffen konnte.

Ob ich die Flöhe husten hörte? Das kann man sich zu Recht fragen. Und leider bleibt die Frage oft unbeantwortet im Raum stehen. Selten ergibt sich eine Aufklärung wie in diesem Fall: Mit dem Begehr, mein Einverständnis für sein Techtelmechtel zu erhalten, endete kurz darauf unsere Liaison.

Bei der Analyse des Gesprächsverlaufs fiel mir später auf, dass er von vier neuen Geschäftspartnern sprach und ausgerechnet bei der Frau den Vornamen weggelassen hatte. Als ich ihn danach fragte, wurde er ärgerlich und fing an, völlig unnötig über etwas Nebensächliches herumzustreiten.

Wenn wohl überlegte Fragen den Lügner in Bedrängnis bringen, ist es sehr praktisch, den Ärger über die Unzulänglichkeit der Story auf den Belogenen abzuwälzen. Gerade Frauen – zumindest in meiner Generation – neigen allzu schnell dazu, der Wut ihres Partners aus dem Weg gehen zu wollen und sind dann lieber still.

Sie sehen: Schwindeln für Einsteiger hat Risiken und Nebenwirkungen. Schauen wir doch mal, wie die Spitzenkräfte in dieser Disziplin das machen. Sie lügen nicht nur ab und zu, sondern ständig. Daher brauchen sie eine ganz andere Taktik. Das Aussprechen der Unwahrheit entwickelt einen reflexhaften Zug.

Mit großer Verblüffung habe ich so etwas einmal bei einer Kollegin in Echtzeit miterlebt. Sie hat völlig ohne Not einen Kunden angelogen. Der Sachverhalt war eindeutig, und ich selbst war Zeuge der wahren Begebenheit gewesen. Also sprach ich sie darauf an, als wir wieder alleine waren. Sie gab unumwunden zu, dass sie gelogen hatten, konnte aber gar nicht sagen, warum. Später habe ich von ihr erfahren, dass sie sich in einem privaten Zusammenhang seit Jahren gezwungen sah, die Wahrheit in ihrem engsten Umfeld zu verbiegen. Ich habe daraus den Schluss gezogen, dass sie es einfach gewohnt war, den Menschen direkt ins Gesicht zu lügen. Sie tat es nicht mit einer bestimmten Absicht, sondern aus Reflex.

Mit der Zeit kann man sich mitunter sogar selbst einreden, die „alternative Wirklichkeit“ sei objektive Wahrheit. Nach einigen Jahrzehnten mit einer Lebenslüge übertüncht dieses Märchen sozusagen die Realität. Und doch bleibt untergründig immer ein leises Störgefühl, wie ein Instrument, das nur ganz leicht verstimmt ist. Knapp daneben eingestimmt, stört es die Harmonie des Klangs.

Ganz anders wirkt die hohe Kunst der Unaufrichtigkeit: Ich nenne es „die 180-Grad-Lüge“. In einem Comic über den professionellen Umgang mit der Unwahrheit heißt es sinngemäß, man solle nicht ein bisschen schwindeln, das fällt eher auf. Nein, man solle dem anderen so richtig „die Hucke voll lügen“.

Klingt das widersinnig für Sie und deshalb riskant? Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass es exakt widersinnig ist, geht die Lüge durch wie ein warmes Messer durch weiche Butter. Wie kann das sein?

Unser Gehirn erkennt Sachverhalte eher als richtig, wenn sie um 180 Grad verdreht sind, als wenn man nur knapp an der Wahrheit vorbei gezielt hat. Ich vermute, das hängt mit unseren Sehgewohnheiten zusammen. Vielleicht haben Sie aus dem Biologie-Unterricht in Erinnerung, dass der Sehvorgang im Auge die Außenwelt auf dem Kopf stehend abbildet. Erst im Gehirn wird das Bild automatisch korrigiert.

Ähnlich ist es mit dem Blick in den Spiegel. Wir sehen uns alltäglich seitenverkehrt. Daran sind wir so gewöhnt, dass wir mit der Webcam üben müssen, um die Haarsträhne nicht versehentlich aus der falschen Seite der Stirn streichen zu wollen.

Die genaue Umkehr macht eine Lüge praktisch unsichtbar und setzt unseren angeborenen Instinkt außer Kraft. Deshalb kann unser Unterbewusstsein das pure Gegenteil durchwinken als sei es die ganze Wahrheit.

Dazu habe ich noch ein Beispiel aus dem echten Leben:

Ein Westentaschen-Casanova gab mir einen ungewöhnlichen Kosenamen – eine Abkürzung, die dafür stand, dass es außer mir keine Frau in seinem Leben gab. Im Nachhinein betrachtet war die geschmackloseste 180-Grad-Lüge, die mir je begegnet ist. Niemand zu vor oder später hat mir so demonstrativ die (nicht vorhandene) Exklusivität unserer Paarbeziehung aufs Auge gedrückt. Ich bekam sogar eine Kaffeetasse mit dem Es-kann-nur-eine-geben-Aufdruck geschenkt.

Was mir bei allen Fremdgängern aufgefallen ist, war ihre übertriebene Eifersucht. Der eine konnte nicht ertragen, dass ich regelmäßig in meine Heimatstadt fuhr, der andere wollte mir Kleidungsstücke verbieten, die meine Figur betonten (ich bin ein klassischer Stiltyp und neige ohnehin nicht zum Catsuit), der dritte war nach mehr als 10 Jahren noch tödlich beleidigt, dass seine Frau ihn betrogen hatte – mit meinem Wissen von heute würde ich sagen, sie hat sich möglicherweise revanchiert.

Woher kam der unangebrachte Argwohn mir gegenüber? Nun ja, die Herren wussten aus eigenem Erleben, dass Betrug alltäglich sein kann. Kein Wunder, fürchteten sie sich davor, eines Tages selbst hintergangen zu werden. Je nach Weltbild könnte man das als ausgleichende Gerechtigkeit empfinden oder als Entlastung für ihre Taten werten.

Gleichzeitig kann es sich um Projektion, man könnte auch sagen, um eine 180-Grad-Unterstellung handeln: Ich gehe fremd und unterstelle stattdessen dir das Fremdgehen. In der Psychologensprache nennt man das eine Opfer-Täter-Umkehr. Dieser Trick ist sehr beliebt, vor allem bei Menschen, die sich ihren eigenen Schattenanteilen nicht stellen wollen.

Kommen wir noch mal auf die Vorzüge der 180-Grad-Lügen zu sprechen: Während man sich bei kleinen Vergehen an die Schnittstellen zwischen Wahrheit und Lüge präzise erinnern muss, ist beim Hucke-voll-Lügen alles erlaubt, je absurder desto besser.

Ohne diese Person als Vorbild nehmen zu wollen, geschweige denn mit seinen politischen Zielen in irgendeiner Weise übereinzustimmen, zitiere ich hier den Propagandisten Joseph Goebbels: „Je größer die Lüge desto mehr laufen hinterher.“

Nehmen wir an, Sie wollten jemanden vergiften. Würden Sie sagen: „Liebling, das ist Arsen, aber ich habe Dir eine unbedenkliche Menge zusammengerührt.“ Oder: „Mit diesem Gewürz wird Dein Mittagsessen verfeinert?“ Nein, das würden Sie nicht.

Stattdessen würden Sie eine 180-Grad-Wende hinlegen mit der Behauptung: „Das ist ein sicheres und gut verträgliches Magenmittel, davon gehen Deine Verdauungsbeschwerden weg.“ Und falls mit den ersten Dosen Übelkeit, Brechreiz und Durchfall auftreten? Dann sprechen Sie einfach von einer Heilkrise oder von einer Erstverschlimmerung. Oder Sie behaupten rotzfrech „Daran merkt man, dass es wirkt. Du brauchst noch mehr davon.“

Haben Sie den Trick verstanden?

Die Geschichte ist voll von 180-Grad-Lügen. „Niemand hat die Absicht…“ ist ein Paradebeispiel aus der deutschen Historie. „Unsere Renten sind sicher“, „Es wird keine Kürzungen der Sozialleistungen geben“, und so weiter und so fort.

Sie müssen nicht lange suchen, um jederzeit und überall solche Kehrtwenden aufzuspüren. Spricht man sie an, wird sich ohrenbetäubendes Getöse erheben, ob der Unverfrorenheit, jemanden an sein Versprechen zu erinnern. Wie können Sie es wagen?!

Meine Beobachtung der letzten Monate führt mich zu der Annahme, dass es in vielen Fällen wahrscheinlicher ist, von einer 180-Grad-Lüge auszugehen als von einer ehrlichen Aussage.

Prüfen Sie im Zweifel den Wahrheitsgehalt von gesprochenen Worten anhand ihrer praktischen Umsetzung. Einige Behauptungen haben eine erstaunlich kurze Halbwertszeit.

Wir fallen zuweilen unsanft aus dem Spiegeluniversum zurück in die Realität, nachdem jemand bekommen hat, was er von uns wollte. Das kann eine Einwilligung sein, ein Vertragsabschluss, ein Ehering oder das Kreuz auf einem Wahlzettel.

Seien Sie sich dessen bewusst, dass Ihr brillanter Verstand an den dreistesten Lügen vorbei schielt und sie im 180-Grad-Winkel automatisch korrigiert. Finden Sie die leisen Misstöne zwischen all den Geschichten, die man Ihnen auftischt, und hören Sie auf Ihren Bauch, wenn Ihr hauseigener Alarm Warnsignale gibt.

Text: Petra Weiß
Foto: knipseline / PIXELIO

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Zur Autorin

Schreibkunst Redakteur PR-Text
Petra Weiß ist Heilpraktikerin, psychologische Beraterin und Therapeutin. Ihre Liebe zur Sprache begleitet sie schon ihr Leben lang. Als Fachjournalistin für das Ressort Medizin und Gesundheit mit den Schwerpunkten Naturheilkunde und Psychologie hat sie zahlreiche Beiträge in Print und Online veröffentlicht.

An mehreren Sachbüchern hat sie als Lektorin und Co-Autorin mitgewirkt. Ihr erstes eigenes Buch SO BIN ICH ECHT erscheint im ersten Quartal 2022 im Hardcover.

Seit Sommer 2020 gibt Sie die Zeitschrift “Weißheiten: vom Ich zum Selbst” heraus. Mit psychologisch fundierten Essays, praktischen Tipps und Denkanstößen begleitet sie Menschen, die sich weiterentwickeln wollen, auf ihrer spannenden Reise zu sich selbst.